Laschet-Vorschlag

Bundesregierung für «kurzen einheitlichen Lockdown»

Bundesregierung für «kurzen einheitlichen Lockdown»

Bundesregierung für «kurzen einheitlichen Lockdown»

dpa
Berlin
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CSU-Chef Markus Söder gefällt der Vorstoß von Armin Laschet zum Lockdown. Foto: Peter Kneffel/dpa/Pool/dpa

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Die dritte Corona-Welle brechen - das wollen alle Politiker. Wie sich das erreichen lässt - darüber gehen die Ansichten auseinander. Die Variante eines bundesweiten Blitz-Lockdowns gewinnt Anhänger.

Der Ruf nach einem kurzen, konsequenten und bundesweit einheitlichen Lockdown zum Brechen der dritten Corona-Welle wird lauter. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) befürwortet einen solchen Schritt, wie Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch in Berlin deutlich machte.

Ein Vorziehen der für den kommenden Montag geplanten nächsten Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) wird jedoch immer unwahrscheinlicher. «Für eine vorgezogene MPK gibt es erkennbar keine Mehrheit», sagte Demmer. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ging nach einer Sitzung seines Kabinetts davon aus, dass die Bund-Länder-Runde nicht vorgezogen wird.

Auf die Frage, wie die Kanzlerin den Vorstoß des CDU-Vorsitzenden und NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet für einen Brücken-Lockdown findet, antwortete die stellvertretende Regierungssprecherin, es gebe im Moment bei den Corona-Neuinfektionen keine gute Datenbasis. Die Zahl der belegten Intensivbetten spreche aber eine sehr deutliche Sprache. «Deswegen ist auch jede Forderung nach einem kurzen einheitlichen Lockdown richtig.»

FDP-Chef Christian Lindner reagierte darauf mit scharfer Kritik: «Wieder soll auch nach der Bundeskanzlerin nur ein pauschaler Lockdown die Antwort auf die Pandemie sein. Das CDU-geführte Kanzleramt hat keine innovativere Alternative entwickelt», sagte Lindner in Berlin und warnte: «Die sozialen Folgen sind immens. Die Grundrechtseingriffe sind immer weniger verhältnismäßig.»

Söder sagte in München, derzeit sehe es leider nicht nach der Einheitlichkeit aus, die für den härteren Kurs in der Pandemie notwendig sei. «Ich halte die Idee für sinnvoll», betonte der CSU-Chef, aber im Moment gebe es dafür von den SPD-Ländern keine und auch unter den CDU-Ländern keine «große Unterstützung». Ein «genereller Lockdown» könne aber nur einheitlich von Bund und Ländern beschlossen werden, ansonsten drohe ein erneuter Flickenteppich.

Über Ostern hatten die Gesundheitsämter dem Robert Koch-Institut (RKI) weniger Corona-Neuinfektionen gemeldet als in den Wochen zuvor. Allerdings geht das RKI davon aus, dass an den Feiertagen weniger Menschen zum Arzt gehen, Praxen teils geschlossen sind und die Gesundheitsämter Daten unter Umständen verspätet melden. Am Mittwoch meldete das RKI 9677 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages. Zudem wurden innerhalb von 24 Stunden 298 neue Todesfälle verzeichnet. Laut RKI wird derzeit aufgrund von Urlauben und geschlossenen Praxen möglicherweise etwas weniger getestet als vor den Ferien.

Laschet verteidigte seinen Vorschlag für einen Brücken-Lockdown und forderte Kritiker wie Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und die SPD-Ministerpräsidenten auf, ihre eigenen Ideen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vorzulegen. Der CDU-Vorsitzende forderte innovative Ideen wie temporäre Drive-In-Zentren zur Beschleunigung der Impfungen. Bis das Impfen mehr Fahrt aufnehme, gelte es, «in den letzten Wochen der Pandemie» so viele Leben wie möglich zu schützen. «Alle sollten sich jetzt noch einmal schnell, hart und klar zusammenraufen», sagte Laschet.

Am Mittwoch wollte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit seinen Länderkollegen auch über die Zweitimpfungen für junge Leute beraten, die mit dem Wirkstoff von Astrazeneca geimpft wurden. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte empfohlen, Menschen unter 60 Jahre sollten bei der zweiten Impfung einen anderen Wirkstoff bekommen. Die EU-Arzneimittelbehörde EMA empfahl hingegen am Mittwoch trotz sehr seltener Fälle von Hirnthrombosen uneingeschränkt die Anwendung dieses Impfstoffes. Dessen Nutzen sei höher zu bewerten als die Risiken, erklärte die EMA in Amsterdam. Die britische Impfkommission änderte dagegen ihre Empfehlung: Das Präparat soll künftig möglichst nur noch über 30-Jährigen verabreicht werden.

Unklarheit herrscht kurz vor dem Ende der Osterferien vielerorts auch in den Schulen. Für einen Präsenzunterricht müssten strenge Vorgaben gelten, forderte der Deutsche Lehrerverband. Kommunen, Gesundheitsämter und Schulträger sollten am besten selbst entscheiden, ob sie den Fernunterricht beenden oder nicht.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Laschet hatte an Ostern flächendeckende Tests für Schüler an allen Schulen und notfalls eine Testpflicht gefordert. Allerdings wurde am Mittwoch bekannt, dass sich die Auslieferung der Corona-Selbsttests an die Schulen in NRW verzögert.

Die Kultusminister der Länder wollen an diesem Donnerstag über das weitere Vorgehen beraten. In 9 der 16 Bundesländer gehen am Sonntag die Osterferien zu Ende. In einigen Ländern ist schon wieder Unterricht, Hamburg hatte keine Osterferien, und in Hessen und Schleswig-Holstein dauern sie noch bis Ende kommender Woche.

Kinder- und Jugendärzte plädieren dafür, Schulen und Kindergärten so lange wie möglich offen zu halten. «Schulschließungen sollten wirklich die letzte Option sein», sagte die Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Ingeborg Krägeloh-Mann, der Deutschen Presse-Agentur.

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