Nahverkehr in Schleswig-Flenbsurg

Michael Rose kommt nicht zum Arzt – Bus hält nicht mehr

Michael Rose kommt nicht zum Arzt – Bus hält nicht mehr

Michael Rose kommt nicht zum Arzt – Bus hält nicht mehr

Doris Ambrosius/shz.de
Scheggerott
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Der alte Fahrplan hängt noch, aber der Bus fährt nicht mehr. Michael Rose kommt deshalb nicht mehr zum Arzt. Foto: Doris Ambrosius

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Mit Einführung der neuen Busfahrpläne fahren mehr Busse durch den östlichen Kreis – aber nicht überall. Scheggerott wird, wenn keine Schule ist, gar nicht mehr angefahren.

Die Freude über neue Buspläne, die unter anderem auch kleinere Gemeinden besser anbinden, wird getrübt durch den kompletten Wegfall von Bushaltestellen oder neuen Fahrplänen, die beispielsweise dazu führen, dass Scheggerott nur noch an Schultagen bedient wird. 

 

Ich kann auch nicht ständig anderen Leuten zumuten, mich mitzunehmen und auf mich zu warten.

Michael Rose, ist auf den Bus angewiesen

 

 

 

 

Michael Rose lebt seit 17 Jahren in Scheggerott, ihn trifft es ganz besonders hart. Der 63-Jährige ist schwer krebskrank und als Frührentner auf „Aufstockung“ angewiesen. „Da kann ich mir auf keinen Fall ein Auto leisten“, erläutert er. Mehr als fünf Jahre lang habe er alle Wege mit dem Bus erledigen können.

Und das sind viele, denn er muss wöchentlich sehr regelmäßig zu Ärzten in Süderbrarup, Flensburg oder Kiel. „Jetzt nach meiner zweiten Chemo muss ich zusätzlich noch einmal in der Woche zur Blutplättchenkontrolle“, sagt er und stellt klar, wie unangenehm es ihm ist, in eine derart hilflose Lage versetzt worden zu sein, die ihn zu einem ständigen Bittsteller mache. Für die nächsten beiden Termine habe er noch keine Lösung gefunden. „Ich kann auch nicht ständig anderen Leuten zumuten, mich mitzunehmen und auf mich zu warten“, sagt Rose. 

 

Auf die Hilfe von Nachbarn angewiesen 

Auch Einkäufe oder Besuche von Freunden, die selbst auch kein Auto haben, sind seit Beginn der sechs Wochen langen Ferien nicht mehr möglich. „Ich lebe im Moment tatsächlich von meinen Vorräten oder von der Hilfe einer Nachbarin, die mir auch schon was mitgebracht hat.“ Michael Rose berichtet von einem weiteren betroffenen Mann aus der Nachbarschaft, der plötzlich nicht mehr wie gewohnt mit dem Bus zur Arbeit komme. 

Alte Fahrplan hängt noch 

Der alte Busfahrplan hängt immer noch in Scheggerott – „aber da kann man sich die Beine in den Bauch stehen“, so Rose. „Da kommt kein Bus mehr.“ Er hatte davon gehört, dass der Busfahrplan sich ändern würde ab Juli. „Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass gar keiner mehr fährt.“ 

 

Längere Wege für die Kinder in Ellenberg 

Überraschend kam auch der plötzliche Abbau der Bushaltestelle Schwimmbad in Kappeln-Ellenberg. Dort sind vor allem viele Kinder und Jugendliche betroffen, die nun zum Markt laufen müssen. „Das mag im Sommer nicht so furchtbar schlimm sein, aber bei Regen kommen die Kinder total durchnässt zur Schule, an den dunklen Winter mag ich gar nicht denken“, sagt Janine Jürgensen mit Blick auf ihre zwei Kindern (8 und 14) und spricht damit auch ihren Nachbarfamilien Szillat, Fiedler und Borgert aus der Seele. „Letztlich läuft es doch wieder darauf hinaus, dass alle Kinder in der Umgebung mit dem Auto gefahren werden. Das kann es doch nicht sein, oder?“, meint die 43-Jährige. Eigentlich sei man froh gewesen, dass die Kinder wieder mit dem Bus fahren können. 

Bushaltestelle vorübergehend außer Betrieb 

 

Heiko Hecht, beim Kreis zuständig für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), bestätigt beide Änderungen, bedauert allerdings, dass die Betroffenen sich nicht direkt an ihn gewendet haben. „Wir sind ja offen für Änderungswünsche“, sagt er. „Von daher hätte ein direkter Anruf genügt.“ Das gelte allerdings nicht für die Haltestelle Schwimmbad in Kappeln-Ellenberg. „Die Bushaltestelle musste wegen der Großbaustelle Schleiterrassen abgebaut werden, denn der Bus kann dort nicht mehr wie gewohnt durchfahren oder wenden.“ Die Haltestelle werde zwar wieder eingerichtet, aber erst dann, wenn auch der geplante Kreisel gebaut sei. Eine Zeitangabe könne er nicht machen. 

 

Kreis verspricht zu helfen 

Den Einwohnern von Scheggerott macht Hecht aber Hoffnung. „Der Fahrplan wurde aufgrund des neuen Rufbusses, der ab Juli fahren sollte, für Ferienzeiten komplett ausgesetzt.“ Dessen Start sei aber verschoben worden. „Wir werden zusehen, so zeitnah wie möglich die Streichung rückgängig zu machen und Scheggerott wieder anzufahren“, verspricht Hecht. 

 

Rufbus startet mit Verspätung 

Das Smart-City-Team aus Süderbrarup bestätigt die Verschiebung des Rufbusstarts. Leider sei die ursprünglich angedachte kurzfristige Inbetriebnahme gescheitert, bedauert Projektleiterin Malin Harrsen. „Nun müssen der gesamte Betrieb ganz neu ausgeschrieben und entsprechende Fristen eingehalten werden“, erklärt sie. „Wir hoffen nun, im November an den Start gehen zu können.“

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