Kosten der Corona-Pandemie

Zusatzbeiträge der Krankenkassen steigen

Zusatzbeiträge der Krankenkassen steigen

Zusatzbeiträge der Krankenkassen steigen

Eckard Gehm/shz.de
Kiel
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Doris Pfeiffer
Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) hat die Politik aufgefordert, in den Gesundheitsfonds nachzuschießen. Foto: Michael Kappeler

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Für über 17.000 Versicherte in Schleswig-Holstein ist die Krankenkasse bereits zum 1. Juli teurer geworden. Eine Kasse nimmt weit mehr als es der durchschnittliche Zusatzbeitrag vorsieht.

Wegen der Kosten der Corona-Pandemie haben die ersten Krankenkassen bereits zum 1. Juli ihre Zusatzbeiträge erhöht. In Schleswig-Holstein sind davon rund 17.200 Versicherte betroffen.

Eine Obergrenze gibt es nicht

Die Betriebskrankenkasse Verkehrsbau Union (BKK VBU) aus Berlin schreibt ihren Kunden: Allein die Ausgaben, die wir für die Krankenhausbehandlungen von besonders schwer an Covid-19 Erkrankten aufgewendet haben, belaufen sich bisher auf mehr als 50 Millionen Euro. Die Betriebskrankenkasse erhöht ihren Zusatzbeitrag von 1,3 auf 1,6 Prozent – und langt damit noch kräftiger zu als es der sogenannte durchschnittliche Zusatzbeitrag vorsieht, den das Bundesgesundheitsministerium für dieses Jahr auf 1,3 Prozent festgelegt hat. Das Überschießen ist erlaubt, da jede Kasse die Höhe selbst festlegt, eine Obergrenze gibt es nicht.

 

Die zweite Krankenkasse, die seit Anfang des Monats mehr abbucht, ist die BKK firmus mit Sitz in Bremen. Sie erhöht den Zusatzbeitrag von 0,44 auf 0,84 Prozent. „Damit liegen wir aber immer noch deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt“, betont Sprecher Bastian Burghardt.

„Erhebliche finanzielle Anstrengungen“

Wiebke Kottenkamp, Sprecherin der BKK VBU, begründet die Steigerung mit „erheblichen finanziellen Anstrengungen im Zuge der Corona-Pandemie.“ Und wie bei allen anderen Kassen sind die Rücklagen der BKK VBU geschmolzen. Allein für dieses Jahr seien der Solidargemeinschaft der VBU-Versicherten 15,6 Millionen entzogen worden, die an den Gesundheitsfonds gegangen seien.

Pandemie hat den Gesundheitsfonds schwer gebeutelt

Der Fonds soll für Gerechtigkeit zwischen den Krankenkassen sorgen. So erhalten Kassen mit älteren und oft kränkeren Versicherten mehr Mittel daraus als Krankenkassen mit überwiegend jungen Mitgliedern. Allerdings hat die Pandemie den Gesundheitsfonds schwer gebeutelt, es besteht ein zusätzlicher Finanzbedarf von bis zu 16,6 Milliarden Euro. Mit acht Milliarden Euro soll ein Großteil davon aus den Rücklagen der Krankenkassen bezahlt werden. Der Bund hat neben seinem regulären Zuschuss weitere sieben Milliarden Euro zugesagt. Den Rest sollen die Kassenmitglieder über höhere Zusatzbeiträge zahlen.

Verdoppelung der Zusatzbeiträge ist möglich

Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse, erwartet deshalb eine Verdoppelung der Zusatzbeiträge für 2022, sollte der Staat nicht noch einmal nachlegen. Und der AOK-Bundesverband fürchtet „ohne Gegensteuern“ des Bundes einen Anstieg von 1,3 Prozent auf 2,5 Prozent.

Allerdings sind die Corona-Kosten, etwa für Schutzausrüstungen, Tests, den Ausbau von Intensivbetten, Ausgleichszahlungen für Belegungsrückgänge sowie fürs Impfen nicht allein der Grund für das Defizit.

Der Sprecher der BKK firmus verweist auf finanzielle Folgen durch beschlossene Reformen im Gesundheitswesen, die Sprecherin der BKK VBU auf „viele teure Gesetze“.

Teure Gesetze fallen den gesetzlich Versicherten vor die Füße

Das bestätigt auch Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Den größten Anteil an der Misere hätten die kostenträchtige Reformen der vergangenen acht Jahre, von denen weniger die Versicherten profitierten als Ärzte, Kliniken und Apotheken. „Das fällt uns allen jetzt auf die Füße“, sagte sie.

Pfeiffer hat die Bundesregierung deshalb aufgefordert, beim Gesundheitsfonds nachzulegen, sobald Ende August die Lücke genau bestimmt werden kann. „Sonst ist das von der Politik ausgegebene Ziel, die Sozialbeiträge unter 40 Prozent zu deckeln, nicht mehr zu halten.“

 

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