DIGITALER PARTEITAG

SPD gibt Serpil Midyatli ordentlich Rückenwind

SPD gibt Serpil Midyatli ordentlich Rückenwind

SPD gibt Serpil Midyatli ordentlich Rückenwind

Kay Müller/shz.de
Kiel
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Serpil Midyatli
Versucht auf dem ersten digitalen Parteitag der SPD, die Mitglieder auf den Wahlkampf einzuschwören: Serpil Midyatli. Foto: Markus Dewanger

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Die Sozialdemokraten bestätigen die Parteivorsitzende im Amt, die mehr Investitionen in die Bildung fordert.

Das ist dann am Ende deutlich. Mit 89 Prozent stimmen die 210 Delegierten des SPD-Parteitages in einem Online-Votum für die Wiederwahl ihrer Vorsitzenden Serpil Midyatli. Offiziell ist das Votum allerdings erst, wenn es durch eine Urnenwahl im ganzen Land bestätigt wird, denn die Sozialdemokraten müssen ihren Parteitag wegen der Corona-Pandemie digital abhalten. „Das ist schon besonders“, sagt die Vorsitzende, die vor zwei Jahren die Führung des Landesverbands von Ralf Stegner übernommen hat. Damals erhielt sie 90,1 Prozent der Stimmen. Die Delegierten bestätigen online auch Midyatlis Stellvertreter Sophia Schiebe (67,6 Prozent) und Sönke Rix (78,2) sowie Schatzmeister Stefan Bolln (95,1) im Amt. Gegenkandidaturen gibt es nicht. 

Serpil Midyatli
Ist seit Dezember 2019 auch stellvertretende Bundesvorsitzende ihrer Partei: Serpil Midyatli. Foto: Malte Ossowski/ SVEN SIMON via www.imago-images.de

In einer engagierten Rede versucht die Vorsitzende es menscheln zu lassen, auch wenn das digital schwierig ist. Midyatli liest einen Brief vor, den sie von einer Schülerin bekommen hat, die drahtloses Internet in ihrer Schule fordert. „Wenn wir in die Regierung kommen, werden wir in den ersten sechs Monaten Wlan in jede Schule bringen“, sagt die SPD-Chefin.

 

Sie wiederholt ihre Rücktrittsforderung an Bildungsministerin Karin Prien (CDU), deren Arbeit katastrophal sei: „Wir brauchen da einen personellen Neuanfang.“ Die SPD werde dafür sorgen, dass mehr Geld in die Bildung fließe – und Midyatli verspricht eine Ausbildungsgarantie für alle: „Kein Abschluss ohne Anschluss.“

 

Ich könnte meinen Job nicht machen, wenn mein Mann nicht zu Hause wäre. 

Serpil MIdyatli, wiedergewählte Parteichefin

Die Parteivorsitzende verlangt bezahlbare Mieten und dass es auch Normalverdienern wieder möglich gemacht werden muss, ein Eigenheim zu erwerben. Sie erneuert ihre Forderung nach einer 30-Stunden-Woche und gibt sich ganz als Familienpolitikerin. „Ich will, dass Kinder und Beruf endlich kein Gegensatz mehr sind“, sagt die 45-Jährige. Und es wird eben wieder für jeden verständlich wenn die zweifache Mutter sagt: „Ich könnte meinen Job nicht machen, wenn mein Mann nicht zu Hause wäre.“

SPD will Landtagswahl gewinnen

Midyatli wird in den kommenden Monaten noch mehr zu tun bekommen, wenn sie neben dem stellvertretenden Bundesvorsitz auch die Führung der Landtagsfraktion übernimmt. Midyatli macht klar, wo sie hinwill. In Schleswig-Holstein müsse es eine Regierung ohne die Union geben. „Ich gehe in die Landtagswahl, um sie mit Euch zu gewinnen.“ Die SPD werde das beste Personal haben, sagt Midyatli. Ob sie als Spitzenkandidatin dabei sein wird – dazu sagt sie wieder nichts.

 

Kanzlerkandidat Olaf Scholz
Per Video zum Parteitag dazugeschaltet: Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Foto: Matthias Balk

Erstmal gelte es ohnehin, dem SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz bei der Bundestagswahl zum Erfolg zu verhelfen. „Serpil ist eine, die den neuen Kurs der Sozialdemokraten lebt“, sagt der Finanzminister in seiner Videobotschaft. Die zeigt dann, wo die Grenzen eines digitalen Parteitags liegen. Scholz steht starr da, spricht in sein Mikrofon, der Ton kommt etwas später bei den Zuhörern an als das Bild. Scholz gestikuliert nicht, seine Mimik bleibt begrenzt – das reißt wohl keinen der digital zugeschalteten Delegierten von den heimischen Sitzen. Scholz kann keinen Applaus hören, nicht auf die Parteibasis eingehen. Wenn der Kanzlerkandidat Sätze sagt wie „Wir wollen die Zukunft gestalten“ würde er auf einem normalen Parteitag wohl viel Beifall bekommen, könnte nochmal nachlegen und die Parteibasis für den Bundestagswahlkampf motivieren. So bleibt sein zehnminütiges Grußwort im wahrsten Sinne des Wortes etwas technisch. So richtig kann er jedenfalls nicht deutlich machen, wie er die SPD aus dem Umfragetief herausholen will. 

Wir wollen die Zukunft gestalten. 

Olaf Scholz

Das übernimmt dann die frisch gewählte schleswig-holsteinische Landesvorsitzende. Serpil Midyatli sagt: „Die Union hat nach 16 Jahren Merkel fertig. Die Union ist nicht regierungsfähig.“ Und in den nächsten Monaten gehe es darum, mit den Themen Bildung, Klimaschutz und Zukunft der Arbeit weiter Punkte zu sammeln. „Wir werden Prozentpunkt für Prozentpunkt aufholen“, glaubt Midyatli.

Das dürfte allerdings schwieriger werden als als Landesvorsitzende wiedergewählt zu werden.

 

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