Ausstellung

Auf der Suche nach Adora

Auf der Suche nach Adora

Auf der Suche nach Adora

Joachim Pohl/shz.de
Schleswig
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Fotograf Jan Banning an seinem Portrait der amerikanischen Obdachlosen Adora in der Schleswiger Ausstellung. Foto: Stephan Meyer-Dirks

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Der niederländische Fotograf Jan Banning startet in Schleswig die Suche nach der von ihm fotografierten Frau Adora.

Jan Banning erinnert sich noch gut an dieses außergewöhnliche Foto-Shooting – damals in Columbia/South Carolina, als er dort „artist in residence“ war. Rund 100 obdachlose Menschen hatte er damals fotografiert, Menschen aus den USA unterschiedlicher Hautfarbe und mit ganz unterschiedlichen Biografien. Es waren überwiegend Männer, die bereit waren, sich in einem mobilen Fotostudio mit professionellem Licht ohne jegliches Honorar ablichten zu lassen. Aber auch eine Frau war dabei, Adora, und sie begrüßt die Besucher der Jan-Banning-Ausstellung im Stadtmuseum im kurzen Flur des Stallgebäudes mit einem Blick, der einen fast erstarren lässt.

Wir gehen auf die Suche nach Adora!

Jan Banning, Fotograf

In Schleswig beginnt der niederländische Fotograf Jan Banning ein besonderes Langzeitprojekt. Begleitet wird er von der Kamerafrau Katinka, die das Projekt filmisch dokumentiert. „Wir gehen auf die Suche nach Adora“, sagt er bei einem Kurzbesuch in der Ausstellung. Entspannt sitzt er auf der Armlehne des roten Sofas unten im Teddybärhaus, in der Hand einen Cappuccino, die FFP2-Maske hängt lässig am rechten Ohr.

Die Ausstellung wurde auch in den USA gezeigt

In hervorragendem Deutsch erläutert der Niederländer die Hintergründe dieses Projekts. „Ich hatte schon lange die Idee, einige der damals fotografierten Personen aufzuspüren, um zu schauen, wie es ihnen heute geht.“ Die Fotoserie „Down and Out in the South“ mit Portraits obdachloser Menschen aus den Südstaaten war seinerzeit auch in den USA gezeigt worden und fand gute Verbreitung in den Medien, unter anderem bei CNN, aber auch bei Spiegel-Online.

Rudy Flores, Texas Ranger, an seinem Schreibtisch. Foto aus dem Jahr 2007. Foto: Jan Banning

„Anfangs wollte ich das mit David machen, aber das ist mir nicht gelungen.“ David ist Alkoholiker – und so wurde nichts aus dem Wiedersehen mit dem blauäugigen Mann, der wie ein echter Ire aussieht und auch in der Schleswiger Ausstellung zu bewundern ist.

Also Adora! „Wir wissen, dass sie zwei Schwestern in Iowa hat und zwei Söhne in den Südstaaten, in Georgia“, hat Banning herausgefunden. Sie ist jetzt 60 Jahre alt und lebt wohl immer noch in Atlanta, wo er sie 2011 fotografiert hatte. Sobald die Reisebeschränkungen gelockert werden, will er mit Katinka zunächst nach Iowa fliegen, um die Schwestern zu treffen; auch das soll dokumentiert werden. Dann hofft er, mit Adora in Kontakt treten zu können, um sie sodann in Atlanta oder anderswo zu treffen. Mit Hilfe der sozialen Netzwerke kann er die Schwestern und die Söhne ausfindig machen.

Die ausgesprochen eindrucksvollen Portraits hat Jan Banning analog im großen Mittelformat fotografiert. Dann wurden von dem Original sehr hoch auflösende Scans – rund 500 MB pro Foto – gefertigt, die wiederum als Grundlage für die hochwertigen Drucke dienten, von denen jetzt einige in Schleswig zu sehen sind. Er hatte damals den Portraitierten jeweils Kopien der Fotos zukommen lassen, von denen jedoch jedes zweite zurückgekommen sei – es seien eben Menschen ohne festen Wohnsitz. Neben den Portraits gehört die Serie „Law and Order“ mit Fotos aus Gefängnissen in den verschiedenen Staaten sowie von Staatsbediensteten an ihren Schreibtischen zu der Ausstellung.

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