Inselgeschichte

Das Statussymbol der Föhrer Hausfrau

Das Statussymbol der Föhrer Hausfrau

Das Statussymbol der Föhrer Hausfrau

Karin de la Roi-Frey/shz.de
Föhr
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Die Wykerin Anna Holm (1896-1976) auf Puschen und mit Schürze beim Straßefegen. Foto: Karin de la Roi-Frey

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Frauen mit Schürze gehörten noch vor wenigen Jahrzehnten zum Wyker Stadtbild.

Einst gehörten sie zum Wyker Stadtbild. Es war natürlich, dass Frauen Schürzen trugen. Sie zeigten ihr Selbstverständnis und ihren Status als Hausfrau. Und mancher Wykerin mag es so gegangen sein wie vielen, die sich ohne Schürze gar nicht wohlfühlten: „Man hat das Gefühl gehabt, man sei nicht ganz angezogen.“ Ja, manchmal kam die Schürze einem neuen Kleid gleich: „Da hat man sich schon was eingebildet, wenn man eine neue Schürze hatte“.

Und die wurde nicht gekauft, sondern selbst hergestellt. Schon in der Wyker Schule lernten die Mädchen, ihre Schürzen, die sie dort bereits trugen, selbst zu nähen. Eines war klar: Wer nicht nähen konnte, war auch nicht fähig, einen Haushalt zu führen. Und so wurden besonders schöne Stoffe ausgesucht, Verzierungen wie Borten angebracht, die Taschen besonders aufgesetzt und feine Stiche vorgenommen.

Da hat man sich schon was eingebildet, wenn man eine neue Schürze hatte.

Wykerin

So konnte frau sich in der Öffentlichkeit sehen lassen, und das tat sie auch. Die Wege zu den einst in Wyk ansässigen Lebensmittelgeschäften wie Brunkhorst, Ecker, Bohde, Kröger, Schade, Stammer oder Paulsen waren nicht weit. Und für manchen kleinen Einkauf gab es die Schürzentaschen oder die ganze Schürze wurde zur Tasche. Mit dem Henkelmann zum Schiff im Hafen, wo der Ehemann oder Sohn auf das Essen wartete, ging es auch schnell. Wozu also erst die Schürze ablegen? Das galt ebenso für das Fegen der Straße, das Schneeschippen und den Gang zur Nachbarin auf einen Klönschnack.

Schürzen voller Symbolik

Und wenn die neuen Sommergäste ihr Logis bezogen, signalisierte ihnen die Schürze der Hausfrau einen sauberen, gut geführten Haushalt.  Auch Elena, die Mitbegründerin und „flinke Chefin“ des „Kaufhaus Knudtsen“, soll bei besonders eiligen Angelegenheiten mit Schürze und schnellem Tritt auf dem Fahrrad unterwegs gewesen sein.

Die Hausfrauen auf Puschen, mit Schürze, Wolljacke und Kopftuch auf dem Fahrrad, an dessen Lenker Einkaufstaschen baumelten, waren einst ein vertrautes Bild in Wyk. Und bei entsprechender Wetterlage hielten sie zur Krönung auch noch einen Schirm über sich. Vor allzu Neugierigen versteckte die Schürze alte, abgetragene Kleidung, aber auch überflüssige Pfunde oder gar eine Schwangerschaft. So manche Schürze war über Jahrzehnte eine treue Begleiterin und erfuhr die eine oder andere Ausbesserung mit Teilen eines morschen Bettlakens oder einer Gartentischdecke, Knöpfen einer ausrangierten Bluse oder mit einer „neuen“ Tasche einer nun wirklich nicht mehr tragbaren Schürze.

Man hat das Gefühl gehabt, man sei nicht ganz angezogen.

Wykerin

Abgelegt wurde die Schürze meist nur, wenn es offiziell wurde, so beim Arztbesuch und anderen Auswärtsterminen von höherem Stellenwert. Beim Besuch des Bürgermeisters zum 95. Geburtstag einer Wykerin blieb sie am Haken in der Küche. Aber ein Jahr später, als „nur“ die Verwandtschaft zum Gratulieren kam, wurde die Schürze selbstverständlich angelegt, so wie auch die feine Tischdecke dem Wachstischtuch Platz machen musste.

Es wird berichtet, dass Frauen und Mädchen in Kriegszeiten beim Abschied der Soldaten in ihre Schürzen weinten, sie später abbanden und ihnen mit der Schürze nachwinkten. Vielleicht fuhr da auch so mancher Schürzenjäger mit dem Schiff ab, aber das ist eine andere Geschichte.

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