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Im Husumer Herrenhaus am Markt wird Stadtgeschichte erlebbar

Im Husumer Herrenhaus am Markt wird Stadtgeschichte erlebbar

Im Husumer Herrenhaus am Markt wird Stadtgeschichte erlebbar

Stefan Petersen/shz.de
Husum
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Gesche und Bernd Biermann in der neu eingerichteten Ausstellung im Obergeschoss des Herrenhauses. Foto: Stefan Petersen

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Neue Ausstellung: Das Herrenhaus hat eine bewegte Vergangenheit und die am besten erhaltene Stuckdecke in Europa.

Die Museen haben wieder geöffnet – und damit auch die Adresse „Markt No. 1“ in der Storm-Stadt, unter der das altehrwürdige Herrenhaus von Bernd und Gesche Biermann firmiert. Und ergänzt wurde das private Museum gleich noch durch die neue Ausstellung „Einblicke in die Husumer Stadtgeschichte“ im Obergeschoss des erstmalig 1441 erwähnten Hauses, was es zu einem der ältesten Gebäude der Stadt macht.

Kostbarkeit unter 14 Farbschichten

Und einem der interessantesten, wenn man sich die restaurierte Stuckdecke von 1625 im ersten Stock ansieht: „Bei der Restauration von 2013 bis 2017 wurden 14 Farbschíchten abgenommen – die Decke war dick zugekleistert“, erzählt Bernd Biermann. Zum Vorschein kam eine Kostbarkeit, die nach Ansicht der Renaissance-Expertin Barbara Rinn-Kupka diejenige Stuckdecke ist, die europaweit am besten erhalten sei.

Erschaffen lassen hatte sie Herzogin Augusta von Dänemark (1580-1639), deren Husumer Stadtresidenz das Herrenhaus von 1624 bis 1639 war. Die Tochter des dänischen Königs Friedrich II. lag als Ehefrau von Johann Adolf von Schleswig-Holstein-Gottorf in ständigem religiösen Zwist mit ihrem Mann. „So gibt es neben der reinen Schmuck-Funktion auch eine rätselhafte weitere Ebene der Decke mit ihrem Phoenix aus der Asche im Zentrum“, erzählt Biermann. Die könnte versteckte religiöse Andeutungen haben – oder auch ganz andere.

Bernd Biermann zeigt auf die Stuckdecke im Herrenhaus mit dem Phoenix. Foto: Stefan Petersen

Eine Etage höher sollen die „Einblicke in die Husumer Stadtgeschichte“ Gäste und Einheimische mit der jüngeren Historie der Storm-Stadt vertraut machen. Neben einem Modell des Schlosses vor Husum zeigt eine Wand alte Fotografien, vornehmlich aus den vergangenen rund 100 Jahren. „Insbesondere die Fotos aus den 1950ern und 1960ern haben für ältere Bürger einen hohen Wiedererkennungswert“, sagt Biermann.

Geburtsstätte eines hohen NSDAP-Funktionärs

Doch auch die 1930er und 1940er werden veranschaulicht. Tafeln, Bilder und Dokumente etwa zeichnen den Weg von Ernst Lüttgens nach, der 1896 im Herrenhaus als Sohn eines Uhrmachermeisters geboren wurde. In der NSDAP stieg Lüttgens zum Ortsgruppenleiter auf und wurde stellvertretender Bürgermeister von Husum, wenige Tage vor Kriegsende dann Bürgermeister. Von den britischen Truppen, die Husum besetzten, wurde er verhaftet und blieb bis Anfang 1948 als wichtiger Funktionär der NSDAP in verschiedenen Lagern inhaftiert.

Ebenfalls untrennbar mit der Geschichte des Herrenhauses verbunden ist der hier in der Münze von Herzog Friedrich I. geprägte Husumer Taler von 1522, mit nur noch elf existierenden Exemplaren heute eine der seltensten und wertvollsten Münzen der Welt. 75.000 Euro brachte ein Exemplar bei einer Versteigerung 2020. Wer es preiswerter möchte, kann sich den Taler im Maßstab 1:1,3 im Museum selbst prägen oder kaufen.

Nicht ganz so bekannte Husumer

Auch die zeitgenössische Kunst aus Husum kommt nicht zu kurz: Aktuell sind Skulpturen von Jarvis Helwig als „Fensterbank-Schau“ zu sehen. Ein Überblick über Husumer, die nicht so bekannt geworden sind wie Theodor Storm, wie etwa den Langstreckenschwimmer Otto Kemmerich oder Max Gottschalk, der als erster Weißer die Beringstraße mit einem Hundeschlitten durchquerte, runden die neue Ausstellung ab.

Gesche Biermann präsentiert das Warenangebot im Herrenhaus. Foto: Stefan Petersen

Und dann ist da noch Gesche Biermanns „Laden der schönen Dinge“ unter der kostbaren Stuckdecke, mit allerlei Gefäßen, Gewürzen, Taschen und Kissen und vielem mehr sowie einer Weinecke mit edlen Tropfen direkt von einer Winzergenossenschaft. „Ende September 2020 eröffnet und dann schnell in den Lockdown hineingerutscht“, sagt sie lachend. Aber jetzt ist das Museum ja wieder offen. Interessierte können es von Donnerstag bis Sonnabend jeweils von 10 bis 18 Uhr besuchen. Und gleich noch ein bisschen einkaufen. 

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