Neue Wanderausstellung

27 schwarze Menschen erzählen ihre Geschichte

27 schwarze Menschen erzählen ihre Geschichte

27 schwarze Menschen erzählen ihre Geschichte

Antje Walther/shz.de
Flensburg
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Vor allem in den Schaufenstern der Norderstraße, wie hier im Cafe Isa, sind die Beiträge der Ausstellung Homestory Flensburg zu sehen. Foto: Gunnar Dommasch

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Die Wanderausstellung ist in Schaufenstern in der Norderstraße in Flensburg zu sehen. Die Vernissage lief über Zoom.

George Floyd, Racial Profiling, der Anschlag von Hanau: Die Redner der online-Vernissage am Donnerstagabend müssen nicht weit in die Vergangenheit blicken, um die Aktualität der angekommenen Wanderausstellung zu unterstreichen. Sie heißt „Homestory Flensburg“ und ist zum ersten Mal und bis zum 19. März in Flensburg, vor allem in Schaufenstern der Norderstraße, zu Hause. 27 Fotografien und Biografien erzählen von Schwarzen Menschen in Deutschland im Verlauf von drei Jahrhunderten.

„Schwarze Menschen“ sichtbar machen

Da ist die Verlegerin, die in Haale an der Saale geboren wurde und sich eine Schwarze als Nachfolgerin wünscht, der Künstler und Autor, der aus Togo stammt und noch bei Joseph Beuys studierte, die Musikerin und Geografin, die nicht auf R‘n‘B reduziert werden möchte, nur weil sie in Nairobi zur Welt kam.

Von „Schwarzen Menschen“ sprechen übrigens die Initiatoren der Wanderausstellung und spricht auch die „zusammengewürfelte Arbeitsgruppe“ der Initiative Homestory Flensburg, die schwarze Menschen sichtbar machen wollen. Sie meinen es besonders gut und reden sogar von „Gästinnen“ ihrer Auftaktveranstaltung.

Wir sind ein Teil von Deutschland.

Kollektiv Afrodeutscher Frauen aus Kiel

Sichtbar sein nicht nur im Black History Month (Februar) und auch den Diskurs über (all)täglichen Rassismus neu entfachen, das wünscht sich Lara im Namen des Kollektivs Afrodeutscher Frauen aus Kiel, die ein paar Worte an das Publikum in dieser Zoom-Vernissage richtet. Denn, so sagt sie: „Wir sind ein Teil von Deutschland.“ Die Portraitierten können Vorbilder sein und Identifikationsfiguren, regt eine junge Frau namens Laurel an von der Gruppe „Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt“.

Zur gewürfelten Arbeitsgruppe zählen wohl auch Sona und Charlotte, die charmant moderieren, die Beiträge mit ein paar hörbaren Klicks einblenden und bei technischen Überraschungen schon mal „huch“ sagen.

Kunst im Schaufenster: In der Naturbutik Momo in der Norderstraße erzählt die Musikerin Onejiru ihre Geschichte. Foto: Gunnar Dommasch

Unter denjenigen, die Wort ergreifen, sind auch Aminata Touré, die Vizepräsidentin des Landtags in Kiel, und Simone Lange. Die Flensburger Oberbürgermeisterin findet, dass eine solche Ausstellung nach Flensburg gehört.

Ein junger Mann unter dem Namen Traymont Wilhelmi vertritt die lokale Black Lives Matter-Bewegung und erinnert daran, dass rassistische Strukturen durchaus auch im bunten Flensburg und der Stadt, die dich liebt, existieren. Mit Blick auf das Schifffahrtsmuseum, das die Schirmherrschaft habe für die Ausstellung, erinnert er an die Stadtgeschichte und das „romantische Wunschbild tapferer Entdecker und mutiger Kaufleute“.

„Enorme kulturelle Vielfalt“ des Kontinents mit 54 Ländern

Am tiefsten in den Kontinent taucht Opayi Mudimu ein. Der promovierte Biotechnologe und Uni-Dozent bezieht die Begriffe Biodiversität und Vielfalt auf Afrika. Sein Heimatland, der Kongo in Westafrika, ist eines von 54 auf dem Kontinent. Es ist sechsmal so groß wie Deutschland, sagt Mudimu, habe aber etwas weniger Einwohner. 400 Dialekte gebe es, 400! Das allein bedeute eine „enorme kulturelle Vielfalt“.

Im kongolesischen Regenwald - so groß wie die Bundesrepublik - gingen ihm vor Artenvielfalt selbst die Augen über. Er betont und weist nach, dass und wie heterogen die Menschen Afrikas sind. Und will Vorurteile abbauen.

Die Poesie der Künstlerin „SchwarzRund“ bringt das auf den Punkt:

Was uns in der Vergangenheit zerfraß, darf nicht mehr das Normal von morgen sein.

SchwarzRund

Vortrag, Konzert, Kurzfilmkino: Reichhaltiges Begleitprogramm

Hinter die Gesichter und Geschichten zu blicken, einfach mehr Facetten kennenzulernen und Verbindungen zum Alltag in Deutschland zu knüpfen, dazu dient auch das reichhaltige Begleitprogramm von Homestory Flensburg. Am 25. Februar geht es los mit einem Vortrag und Austausch zu „Der rechte Rand: Rechtsextremismus im Norden Schleswig-Holsteins“ mit dem Regionalen Beratungsteam. Zwei Tage später folgt ein Konzert per Livestream mit Yustus Malick & Jiyan.

Anfang März folgen Workshops, darunter zum Weißsein, afrodeutsches Kurzfilmkino und ein postkolonialer Stadtrundgang. Bei vielen Veranstaltungen sind die Orte noch nicht bekannt - wegen der bekannten Unwägbarkeiten. Sollte Präsenz nicht möglich sein, verlagern die Veranstalter die Events ins Netz und geben auf der Homepage des Schifffahrtsmuseums Flensburg und bei Facebook die Links bekannt.

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