Demonstrationen gegen Junta

Nach Militärputsch in Myanmar: Schon mehr als 220 Tote

Nach Militärputsch in Myanmar: Schon mehr als 220 Tote

Nach Militärputsch in Myanmar: Schon mehr als 220 Tote

dpa
Yangon
Zuletzt aktualisiert um:
Myanmars Regierungschefin Aung San Suu Kyi. Foto: Aung Shine Oo/AP/dpa

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Mit aller Gewalt will das Militär in Myanmar den Widerstand brechen. Immer mehr politische Gegner und Journalisten werden verschleppt. Und die Zahl getöteter Demonstranten steigt.

Die neue Junta in Myanmar geht weiter mit brutaler Gewalt und Inhaftierungen gegen politische Gegner, Demonstranten und Journalisten vor.

In der Nacht zum Freitag wurde ein weiteres prominentes Mitglied von Aung San Suu Kyis Regierungspartei Nationale Liga für Demokratie (NLD) festgenommen. Es handele sich um den Parteisprecher Kyi Toe, der seit dem Putsch die Medien im Land über die NLD und die Entwicklungen informiert hatte, teilte Phyo Zayar Thaw, ein weiteres bekanntes Mitglied der Partei, auf Facebook mit.

Beobachtern zufolge wird befürchtet, dass Kyi Toe gefoltert werden könnte. In den vergangenen Wochen waren bereits zwei NLD-Mitglieder kurz nach ihrer Inhaftierung gestorben. Suu Kyi selbst und Präsident Win Myint wurden im Zuge des Putsches Anfang Februar festgesetzt und sollen sich im Hausarrest befinden.

UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte die von der Militär-Junta ausgeübte Gewalt erneut scharf. «Das Töten von friedlichen Demonstranten und willkürliche Festnahmen, auch von Journalisten, sind völlig inakzeptabel», sagte Guterres am Freitag in New York laut seinem Sprecher - und rief dringend zu einer «starken, gemeinsamen internationalen Antwort» auf.

Am Freitag wurde auch bekannt, dass ein Journalist verschleppt wurde, der für den britischen Sender BBC im früheren Birma tätig ist. Aung Thura sei am Vormittag in der Hauptstadt Naypyidaw zusammen mit einem Journalisten des myanmarischen Medienunternehmens Mizzima von offenbar zivil gekleideten Männern mitgenommen worden. Die BBC habe bisher keinen Kontakt zu dem Mitarbeiter aufnehmen können, es sei auch unklar, wo der Reporter hingebracht worden sei, hieß es. «Wir fordern die Behörden auf, ihn zu lokalisieren und zu bestätigen, dass er in Sicherheit ist», so die BBC.

Seit dem Umsturz vor fast sieben Wochen wurden nach Angaben der Gefangenenhilfsorganisation AAPP bereits mehr als 2200 Menschen festgenommen, darunter Politiker, Aktivisten, einfache Bürger, aber auch viele Journalisten. Mindestens 224 Menschen wurden getötet (Stand 18. März). Kundgebungen, bei denen Demonstranten die Freilassung Suu Kyis und die Wiedereinsetzung ihrer zivilen Regierung fordern, werden regelmäßig mit Waffengewalt beendet.

Die landesweiten Proteste gegen die Generäle gingen derweil auch am Freitag weiter, jedoch wegen der zunehmenden Brutalität des Militärs in kleinerem Rahmen. Lokale Medien im Shan-Staat berichteten von massiver Gewalt. Mindestens acht Demonstranten seien in der Stadt Aungban getötet worden, als Einsatzkräfte das Feuer auf eine Gruppe Demonstranten eröffneten, schrieb das Portal Myanmar Now.

Auch in der größten Stadt Yangon (früher: Rangun) verbreiteten Soldaten und Polizisten weiter Angst und Schrecken, zündeten Schutzbarrikaden der Demonstranten an und zerstörten Fahrzeuge, wie Augenzeugen erzählten. «Wir konnten letzte Nacht nicht schlafen, sie sind durch die Straßen gelaufen und haben die Menschen beschimpft und alles kaputt gemacht, was sie auf der Straße gesehen haben», sagte ein 24 Jahre alter Anwohner im Viertel Thingangyun, dessen Auto von Soldaten zerstört wurde. «Wir sind nirgendwo sicher, sie greifen die Leute einfach an.»

Die Delegation der Europäischen Union in Myanmar verurteilte die Gewalt in einem Statement als «unmoralisch und nicht zu rechtfertigen». «Internet-Blackouts und die Unterdrückung der Medien werden es nicht schaffen, die abscheulichen Taten des Militärs nicht verbergen», hieß es.

Der indonesische Präsident Joko Widodo forderte am Freitag ebenfalls ein sofortiges Ende der Gewalt und rief die Regierungen der Region zu einem Gipfeltreffen der Vereinigung Südostasiatischer Staaten (Asean) auf. Anfang März gab es bereits ein Online-Treffen der Außenminister der zehn Asean-Staaten zu der Gewalteskalation in Myanmar.

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