Polizeigewalt

Myanmar trauert um seine Toten - Proteste gehen weiter

Myanmar trauert um seine Toten - Proteste gehen weiter

Myanmar trauert um seine Toten - Proteste gehen weiter

dpa
Rangun
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Demonstranten tragen in einer Wolke von Tränengas Schutzhelme, um sich gegen die Gewalt zu schützen. Foto: Aung Kyaw Htet/SOPA Images via ZUMA Wire/dpa

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Trotz Appellen aus aller Welt schlägt das Militär in Myanmar die Proteste weiter brutal nieder. Das Land trauert derweil um seine Toten. Die Demokratiebewegung will trotz aller Gefahren weitermachen.

Die bisher schlimmste Eskalation der Polizeigewalt mit Dutzenden Toten in Myanmar hat weltweit Entsetzen ausgelöst.

Während zahlreiche Menschen im Land um die größtenteils jungen Opfer trauerten, gingen die Proteste gegen die Militärjunta auch am Donnerstag weiter.

Dabei hätten Sicherheitskräfte erneut versucht, Demonstrationen gewaltsam unter anderem mit Tränengas und Gummigeschossen aufzulösen, berichteten lokale Medien und Teilnehmer. Es soll auch wieder Verletzte gegeben haben. Über mögliche Todesopfer gab es zunächst keine Informationen.

Nach Angaben der Vereinten Nationen waren allein am Mittwoch mindestens 38 Menschen ums Leben gekommen, als die Polizei mit scharfer Munition auf Demonstranten schoss. Die Zahl könnte aber weiter steigen, weil viele Menschen teils schwer verwundet wurden.

«Wir müssen jetzt unsere Einheit zeigen und friedlich weiter für Gerechtigkeit kämpfen», sagte eine 22-jährige Studentin, die an einer Demonstration in der früheren Hauptstadt Rangun teilnahm, der Deutschen Presse-Agentur. «Sie haben heute wieder versucht, mit ihren Waffen gegen unbewaffnete Zivilisten vorzugehen. Sie sollten sich schämen.»

Das Militär hatte sich vor rund einem Monat zurück an die Macht geputscht und die faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi unter Hausarrest gestellt. Als Grund nannten die Generäle Unregelmäßigkeiten bei der Parlamentswahl vom November, die Suu Kyi mit klarem Vorsprung gewonnen hatte. Die Demonstranten fordern die Wiedereinsetzung der 75-Jährigen, die im Land sehr beliebt ist. Schon während der fast 50 Jahre dauernden Militärdiktatur im früheren Birma hatte die Junta jeden Widerstand brutal unterdrückt.

Das Militär müsse endlich aufhören, Demonstranten zu ermorden und zu inhaftieren, forderte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet. Es sei «absolut verabscheuungswürdig», dass Sicherheitskräfte scharfe Munition gegen friedliche Demonstranten einsetzten. Erschüttert sei sie auch über die dokumentierten Angriffe auf Krankenwagen und Rettungskräfte, die versuchten, Verletzte zu versorgen, so Bachelet.

Auch Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) verurteilte in einer Bundestagsdebatte zur Lage in Myanmar die Brutalität des Militärs und würdigte den Mut und die Kreativität der Demonstranten. «Protestierende kann man wegsperren, aber nie ein ganzes Volk», betonte er.

«Trotz all dieses brutalen Schießens und der Tötungen werden wir weitermachen, ohne auch nur einen Tag Pause zu machen. Wir sehen uns morgen!», schrieb Maung Saungkha, einer der Anführer der Proteste, auf Facebook. Im ganzen Land gedachten derweil Menschen der Opfer mit Blumen und Liedern für die Demokratie, wie auf Videos und Bildern in sozialen Netzwerken zu sehen war.

Eine der Toten ist die erst 19-jährige Kyal Sin, die mit Spitznamen «Angel» (Engel) hieß. Sie wurde am Donnerstag unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in der nördlichen Stadt Mandalay beigesetzt. Die junge Frau, die gerne Taekwondo machte und begeisterte Tänzerin war, hatte am Mittwoch an einer friedlichen Kundgebung teilgenommen, als sie von einem Kopfschuss niedergestreckt wurde. «Jetzt bist Du wirklich ein Engel. Bitte wache über uns», schrieb ein User auf Facebook.

Der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, sprach vor Journalisten von «schockierenden Bildern» und «fürchterlicher Gewalt» des Militärs. «Wir rufen alle Länder auf, mit einer Stimme zu sprechen und die brutale Gewalt des myanmarischen Militärs gegen ihr eigenes Volk zu verurteilen.» Die Deutsche Botschaft in Rangun und mehrere weitere westliche Botschaften posteten als Zeichen der Trauer auf Facebook schwarze Profilbilder.

Auch der britische Premierminister Boris Johnson kritisierte das Vorgehen des Militärs. «Ich bin entsetzt über die Eskalation der Gewalt in Myanmar und die Ermordung demokratiefreundlicher Demonstranten», twitterte er. «Wir stehen an der Seite der Menschen in Myanmar und fordern ein sofortiges Ende der militärischen Repression, die Freilassung von Aung San Suu Kyi und anderen sowie die Wiederherstellung der Demokratie.»

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