Verteidigungsbündnis

Baerbock: Nato-Beitritt von Finnland und Schweden in Kürze

Baerbock: Nato-Beitritt von Finnland und Schweden in Kürze

Baerbock: Nato-Beitritt von Finnland und Schweden in Kürze

dpa
Brüssel/Berlin
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Werden Schweden und Finnland Mitglieder der Nato? Die nationalen Parlamente debattieren heute. Foto: Jussi Nukari/Lehtikuva/dpa

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«Mehr als Nato-kompatibel»: Außenministerin Baerbock glaubt an eine rasche Aufnahme der skandinavischen Länder in das Bündnis. Luxemburg hält Erdogan in den Verhandlungen eine «Basar-Mentalität» vor.

Außenministerin Annalena Baerbock rechnet trotz anhaltender türkischer Bedenken mit einer raschen Nato-Aufnahme von Finnland und Schweden.

«Ich bin sehr zuversichtlich, dass es zu einem schnellen Beitritt von Finnland und Schweden kommen wird, weil allen sehr bewusst ist: Das ist ein entscheidender Moment. Das ist ein historischer Moment, aber in einer hochdramatischen Lage», sagte die Grünen-Politikerin bei einem Treffen mit ihrem dänischen Amtskollegen Jeppe Kofod in Berlin.

Zur Frage möglicher Sicherheitsgarantien für Finnland und Schweden gegenüber Russland während des Aufnahmeprozesses sagte Baerbock, die Bundesregierung und viele andere Nato-Länder planten einen schnellen Ratifizierungsprozess. Damit werde die Zeit der Übergangsphase minimiert. «Wenn es diese Phase dann doch etwas länger geben sollte, weil es nicht nur ein Tag sicherlich sein wird, dann werden wir alle dafür auch entsprechende Sicherheiten geben», betonte die Ministerin.

«In diesem Moment müssen wir als Europäer (...) ihnen beistehen»

Man habe «zur Kenntnis genommen, dass von türkischer Seite einige Dinge noch im Raum stehen. Darüber wird jetzt gesprochen», sagte Baerbock. Finnland und Schweden seien von Russland in die Nato gedrängt worden.

«In diesem Moment müssen wir als Europäer, müssen wir als Demokraten ihnen beistehen. Und zugleich stärkt es unsere eigene Sicherheit.» Angesichts eines solchen gemeinsamen Verständnisses «bin ich sehr zuversichtlich, dass der Beitritt schnell erfolgen wird».

Schweden und Finnland würden weitere Verteidigungsfähigkeiten einbringen und die Nato stärker machen, sagte Baerbock. «Wir sind ja bereits in vielen Missionen gemeinsam unterwegs und ihre Standards sind mehr als Nato-kompatibel.» Deswegen sei ein Beitritt im eigenen Interesse des Bündnisses. Von deutscher Seite stehe die Tür mehr als offen, die Bundesregierung werde ein sehr schnelles Ratifizierungsverfahren auf den Weg bringen.

Das finnische Parlament stimmte am Dienstag einem Antrag auf eine Nato-Mitgliedschaft des Landes zu. Die Abgeordneten beendeten eine zweitägige Debatte. Am Dienstag unterzeichnete zudem Schwedens Außenministerin Ann Linde den Nato-Mitgliedsantrag ihres Landes. «Unsere Nato-Bewerbung ist nun offiziell unterschrieben», schrieb Linde auf Twitter. Diese werde nun Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg übermittelt, sobald auch Finnland einen Antrag unterzeichnet habe.

Der Ratifizierungsprozess wird nach dem Abschluss des Nato-internen Prozesses für die Aufnahme der beiden nordischen Länder erfolgen. In Deutschland ist für die Ratifizierung eine Zustimmung des Bundestags notwendig. Baerbock hatte am Wochenende gesagt, die Bundesregierung habe dazu bereits mit allen demokratischen Parteien im Parlament gesprochen.

Asselborn wirft Erdogan «Basar-Mentalität» vor

Zuvor hatte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wegen dessen Haltung zum möglichen Nato-Beitritt von Finnland und Schweden eine «Basar-Mentalität» vorgeworfen. Man wisse, wie Basare in der Türkei funktionierten, sagte Asselborn im ZDF-«Morgenmagazin». «Und manchmal ist die Mentalität, vor allem von Erdogan, auch davon geprägt.»

Erdogan hatte signalisiert, dass die Türkei eine solche Aufnahme kritisch sieht. Er warf beiden Ländern Unterstützung von «Terrororganisationen» wie der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vor.

Asselborn ist hingegen der Überzeugung, dass es der Türkei gar nicht um die Kurdenfrage, sondern um die Lieferung von Kampfflugzeugen vom Typ F16 geht. «Ich glaube, Erdogan will den Preis steigern und will damit Druck machen, dass das geschieht.» Dies sei ein gefährliches Spiel.

Lambrecht erwartet Zustimmung der Türkei

Auch die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht rechnet nicht mit einer dauerhaften Blockade des Nato-Beitritts von Schweden und Finnland durch die Türkei. «Am Ende ist es eine Bereicherung für die Nato, wenn zwei so starke EU-Staaten wie Finnland und Schweden der Nato beitreten», sagte die SPD-Politikerin am Rande eines Treffen der EU-Verteidigungsminister in Brüssel. «Und ich bin fest davon überzeugt, dass auch die Türkei sich davon überzeugen lässt.»

Zugleich sprach sich Lambrecht dafür aus, die Bedenken und Argumente der Türkei ernst zu nehmen. Auf Nachfrage ließ sie offen, ob dies auch deutsche Zugeständnisse bedeuten könnte. So kritisiert Ankara, dass die vorige Bundesregierung nach dem Einmarsch der Türkei in Nordsyrien 2019 Rüstungsexporte teilweise gestoppt hatte.

Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte dazu auf, die Forderungen Ankaras ernst zu nehmen. «Die Türkei ist ein geschätzter Bündnispartner und alle Sicherheitsbedenken müssen angegangen werden», teilte Stoltenberg nach einem Gespräch mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu mit. «In diesem historischen Augenblick müssen wir zusammenstehen.»

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