Nach Tod von Mahsa Amini

17 Menschen sterben bei schweren Unruhen im Iran

17 Menschen sterben bei schweren Unruhen im Iran

17 Menschen sterben bei schweren Unruhen im Iran

dpa
Istanbul
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Demonstranten in der Innenstadt von Teheran skandieren Parolen gegen den Tod der 22-jährigen Iranerin Mahsa Amini. Foto: Uncredited/AP/dpa

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Im Iran gehen in Dutzenden Städten Menschen auf die Straßen, um gegen den Tod einer jungen Frau zu demonstrieren. Die Unruhen erreichen ein neues Ausmaß. Prominente Iraner im Exil solidarisieren sich.

Bei Protesten und Unruhen in Dutzenden Städten des Irans sind mindestens 17 Menschen ums Leben gekommen. Unter den Opfern seien sowohl Sicherheitskräfte als auch Demonstranten, berichtete das Staatsfernsehen am Donnerstag. Nähere Details wurden nicht genannt.

Auslöser der Proteste ist der Tod der 22 Jahre alten Iranerin Mahsa Amini. Sie wurde vor gut einer Woche von der Sittenpolizei wegen eines Verstoßes gegen die strenge islamische Kleiderordnung festgenommen. Was genau mit Amini nach ihrer Festnahme geschah, ist unklar. Jedenfalls fiel sie ins Koma und starb am Freitag in einem Krankenhaus. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe zurück. Seitdem demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs der Regierung.

Internet massiv eingeschränkt

In zahlreichen Städten lieferten sich Demonstranten in der Nacht zum Donnerstag erneut Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, die laut Augenzeugen nach einer massiven Einschränkung des Internets mit Härte vorgingen. Auf Videos, die nicht verifiziert werden konnten, wird von Schüssen mit scharfer Munition berichtet.

Irans Justizchef Gholam-Hussein Mohseni-Edschehi ordnete ein hartes Durchgreifen von Polizei und Justiz bei den landesweiten Protesten an. Demnach soll es keine Kompromisse im Umgang mit «professionellen Krawallmachern» und Anführern der Unruhen geben, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna am Donnerstagabend. Nach Darstellung des Justizchefs soll so die Sicherheit der Bürger garantiert werden.

Inzwischen solidarisierten sich Prominente Iraner im Exil mit der Protestbewegung. Auch im Iran wurden Stimmen laut, die sich ungewöhnlich scharf gegen den Kurs der Regierung stemmten. Der Fußballstar Ali Karimi etwa stellte sich auf die Seite der Demonstranten. Der Ex-Profi erhielt dafür Zuspruch vieler Iranerinnen und Iraner. «Hab keine Angst vor starken Frauen. Vielleicht kommt der Tag, an dem sie deine einzige Armee sind», schrieb der Ex-Profi, der in der Vergangenheit auch in der Bundesliga spielte, auf Twitter.

Das Internet ist massiv eingeschränkt und insbesondere mobile Netzwerke sind weitgehend abgeschaltet. Auch Instagram als eines der letzten freien sozialen Netzwerke wurde gesperrt. Einige reichweitenstarke iranische Nachrichtenportale, die über die Proteste berichtet hatten, waren im Ausland nicht mehr erreichbar. Auf den Webseiten der staatlichen Medien wurden die Demonstrationen wenig thematisiert. Die Regierung ihrerseits rief zu Gegendemonstrationen nach dem Freitagsgebet auf.

USA verhängen Sanktionen

Die US-Regierung verhängte Sanktionen gegen die Moralpolizei und hochrangige Sicherheitsbeamte. Nach Angaben des Finanzministeriums sind davon auch hochrangige Führungskräfte verschiedener Sicherheitsorganisationen des Landes betroffen - etwa der Leiter der Moralpolizei. Als Folge der Sanktionen wird etwaiger Besitz der Betroffenen in den USA eingefroren, US-Staatsbürgern werden Geschäfte mit ihnen untersagt.

Deutschland will den Fall Amini vor den UN-Menschenrechtsrat bringen. Das kündigte Außenministerin Annalena Baerbock in New York an. Wenn Frauen nicht sicher seien, dann sei keine Gesellschaft auf dieser Welt sicher, sagte die Grünen-Politikerin.

Seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979 gelten im Iran strenge Kleidungsvorschriften. Insbesondere in den Metropolen sehen viele Frauen die Regeln inzwischen aber eher locker und tragen beispielsweise ihr Kopftuch nur auf dem Hinterkopf - zum Ärger erzkonservativer Politiker. Religiöse Hardliner im Parlament versuchen seit Monaten, die islamischen Gesetze strenger anwenden zu lassen.

Vorfall in New York

Christiane Amanpour, langjährige Korrespondentin des US-Senders CNN berichtete, dass sie ein Interview mit Irans Präsidenten Ebrahim Raisi am Rande der UN-Vollversammlung in New York geplant hatte. Raisi sei aber nicht zum vereinbarten Termin erschienen.

Stattdessen sei ein Mitarbeiter Raisis 40 Minuten später gekommen und habe gesagt, der Präsident schlage vor, dass sie (Amanpour) ein Kopftuch trage. Sie habe dies abgelehnt, twitterte Amanpour. Kein iranischer Präsident zuvor habe das Tragen eines Kopftuches verlangt, wenn er außerhalb des Irans interviewt worden sei. Der Mitarbeiter Raisis habe erklärt, das Kopftuch sei eine Frage des Respekts und habe auf die Lage im Iran hingewiesen.

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