Fahrrad-Infrastruktur

Radweg-Sprüherinnen beim Bürgermeister

Radweg-Sprüherinnen beim Bürgermeister

Radweg-Sprüherinnen beim Bürgermeister

Joachim Pohl/shz.de
Schleswig
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Die lange Mängelliste: Berichte aus über 30 Jahren auf dem Fußboden des Ständesaals. Foto: Privat

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Stadt und Aktivistinnen Marlies Jensen-Leier und Dorothee Tams fanden bei einem Gespräch nur bedingt zueinander. Kripo hat Ermittlungen gestartet.

Der Fall erregte Ende November letzten Jahres einiges Aufsehen – und das war wohl auch Ziel der nächtlichen Sprühaktion zweier Schleswiger Frauen, die sich seit Jahren für Umweltbelange einsetzen und dabei einen Schwerpunkt auf die Verbesserung der Fahrrad-Infrastruktur setzen. Marlies Jensen-Leier und Dorothee Tams – letztere Mitglied der Grünen-Ratsfraktion – waren nächtens losgezogen und hatten an mehreren Stellen in der Innenstadt neue Markierungen für Radwege auf Bürgersteig und Straße gesprüht. Dafür bekamen sie Zustimmung von Umweltschützern und Radfahrern, aber deutliche Kritik aus der Ratsversammlung (wir berichteten).

Mittlerweile haben sie in dieser Sache auch Post von der Kripo bekommen. Und sie waren zu einem Gespräch im Rathaus, das der Bürgermeister recht bald nach dem Vorfall angekündigt hatte. Zu dieser Unterredung, an der auch führende Mitarbeiter der Verwaltung teilnahmen, hatten die beiden Frauen etwas mitgebracht: eine etwa 20 Meter lange Dokumentation zum Thema Radverkehr in Schleswig, angefangen im Jahr 1989 – „30 Jahre erfolglose Bemühungen um sichere Fahrradwege in Schleswig“.

Alle wollen etwas für den Radverkehr tun. Allerdings müssen wir die Interessen aller Verkehrsteilnehmer berücksichtigen.

Stephan Dose, Bürgermeister

Es sei ein „angenehmes, konstruktives Gespräch“ gewesen, sagte Bürgermeister Stephan Dose gegenüber den SN. Über die Sprühaktion habe man gar nicht mehr gesprochen, sondern im Mittelpunkt stand das Thema Zukunft des Radverkehrs in Schleswig. Allerdings hätten er und der zuständige Verwaltungsbeamte deutlich gemacht, dass die von den beiden Frauen gemachten Vorschläge für Veränderungen in der Innenstadt nicht umsetzbar seien, weil sie nicht der Straßenverkehrsordnung entsprächen.

„Alle wollen etwas für den Radverkehr tun“, bekräftigte Dose. „Allerdings müssen wir die Interessen aller Verkehrsteilnehmer berücksichtigen.“ Dose erinnerte daran, dass im Haushalt für das laufende Jahr rund 300.000 Euro für Radverkehrsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Er habe die beiden Frauen eingeladen, sich mit konkreten Vorschlägen zu beteiligen. Man wolle miteinander, nicht gegeneinander arbeiten.

Marlies Jensen-Leier bezeichnete den Bürgermeister als „freundlichen, den Bürgern zugewandter Mensch.“ Sie habe sich jedoch gewundert, dass kein Vertreter der Ratsversammlung an dem Gespräch teilgenommen habe, weil man gerade auch die gewählten Vertreter der Bürger ansprechen wollte. Anders als der Bürgermeister hätten diese sie auch nicht bei der kleinen Demonstration im Dezember unmittelbar vor der Ratsversammlung angesprochen.

Wir müssen jetzt von uns aus handeln, um den nachfolgenden Generationen eine lebbare Zukunft zu hinterlassen.

Marlies Jensen-Leier und Dorothee Tams

Marlies Jensen-Leier und Dorothee Tams machen immer noch darauf aufmerksam, dass es ihnen um die Zukunft nicht nur der Stadt, sondern vor allem des Weltklimas geht. „Wir müssen jetzt von uns aus handeln, um den nachfolgenden Generationen eine lebbare Zukunft zu hinterlassen.“ Man müsse dringend den Ausstoß an Kohlendioxyd reduzieren, und dies könne man nicht zuletzt mit einem Umstieg auf den Radverkehr angehen. Diese Argumente haben sie auch in ihrer Stellungnahme zu einer Anhörung der Kriminalpolizei betont, die nicht zuletzt wegen Sachbeschädigung gegen die beiden Frauen ermittelt.

In einem weiteren Statement weisen sie auf die seit Jahren sehr schlechten Bewertungen der Fahrrad-Infrastruktur in Schleswig hin: „Im Städte-Ranking des ADFC (Größenklasse 20.000 bis 50.000 Einwohner) landete Schleswig im Jahr 2018 auf Platz 296 von 311. Im Fahrradklimatest schnitt Schleswig 2018 noch schlechter ab als 2016.“ Ihr Engagement für mehr und bessere Radwegen wollen die beiden Frauen fortsetzen.

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