Internationaler Tag des Baumes

So verändern Förster in SH die Wälder für den Klimawandel

So verändern Förster in SH die Wälder für den Klimawandel

So verändern Förster in SH die Wälder für den Klimawandel

Matthias Hermann/shz.de
Lohe-Föhrden
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Waldumbau
Waldumbau: Mithilfe eines "Harvester" werden Fichten "geerntet" - hier kann ein klimastabiler Mischwald entstehen. Foto: Matthias Hermann

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Bäume brauchen Jahrzehnte zum Wachsen. Für Förster gehört langfristiges Denken zum Beruf – auch wegen des Klimawandels.

Am 25. April 2021 wird in Deutschland zum 69. Mal der internationale Tag des Baumes zelebriert. Wie geht es den Bäumen Schleswig-Holsteins? Was richtet der Klimawandel in den Wäldern an? Und was können wir von den Förstern erfahren, deren Planung die Entwicklungen der nächsten Jahrzehnte und Jahrhunderte mit einbeziehen muss? Dieser Artikel erschien zum ersten Mal am 1. April 2021 – zum internationalen Tag des Baumes veröffentlicht shz.de ihn erneut.

 

Schon aus einiger Entfernung ist das Getöse der Maschine zu hören. Je näher man kommt, desto mehr sieht man Sägespäne durch die Luft fliegen. Spielend leicht greift sich der „Harvester“ ausgewachsene Fichten, sägt sie in einem Rutsch ab, befreit sie vom Gestrüpp und stapelt die Abschnitte auf.

 

Was martialisch anmutet, hat einen ökologischen Hintergrund: Hier im Landesforst Lohe-Föhrden nordwestlich von Rendsburg wird Platz für neue Bäume geschaffen. Für Laubbäume, um präzise zu sein. Ein Mischwald ist das Ziel – denn der dient dem Klimaschutz.

Hitze, Dürre, Stürmen und Starkregen nehmen zu

Wälder werden als die „Lungen der Welt“ bezeichnet. Sie produzieren lebenswichtigen Sauerstoff, binden das umweltschädliche Treibhausgas Kohlendioxid und sind ein wichtiger Baustein im Kampf gegen die Erderwärmung. Die Veränderung des Klimas führt allerdings zu Hitze, Dürre, Stürmen und Starkregen – ein Cocktail von Wetterextremen, der dem Wald nicht schmeckt.

Die Bäume werden unter Stress setzt. Folgen sind eine steigende Waldbrandgefahr und vermehrter Insektenbefall, der zum Problem wird. So wird der Klimaretter selbst durch den Klimawandel bedroht. Ein wichtiges Mittel in der Forstwirtschaft, um auf diese Auswirkungen zu reagieren, ist der sogenannte Waldumbau.

 

Wald in Schleswig-Holstein

- Rund elf Prozent der Fläche des Kreises Rendsburg-Eckernförde sind bewaldet. Dies entspricht dem Landesdurchschnitt.

- Schleswig-Holstein ist das waldärmste Flächenland in der Bundesrepublik. Von den rund 155.000 Hektar sind 53 Prozent Laubwälder. Hinter dem Saarland belegt Schleswig-Holstein damit den zweiten Rang der laubwaldreichsten Bundesländer. Mit 47 Prozent ist der Anteil der Nadelwälder allerdings relativ hoch im Vergleich zum natürlichen Wald.

- Besonders im Bereich der Geest gibt es viele Nadelwälder.

- Um die bereits vorhandenen Auswirkungen des Klimawandels zu kompensieren, werden von der Landesregierung aktuell rund acht Millionen Euro für Wiederaufforstung und Waldumbau zur Verfügung gestellt.

„Dem Wald in Schleswig-Holstein geht es nach den Dürrejahren nicht gut“, stellte Umweltminister Jan Philipp Albrecht angesichts der Ergebnisse des Waldzustandsberichts 2020 fest. Denn auch das vergangene Jahr hatte nach den extrem trockenen Sommern zuvor keine Erholung gebracht. Stattdessen werden die Baumkronen immer lichter, vor allem bei älteren Bäumen tritt dieses Phänomen inzwischen häufiger auf.

 

Es ist beängstigend, wenn man auf den Niederschlag der vergangene Jahre schaut.

Falk Schmidt, Revierförster für die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten aus Lohe-Föhrden

„Es ist beängstigend, wenn man auf den Niederschlag der vergangene Jahre schaut“, meint Falk Schmidt, Revierförster für die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten aus Lohe-Föhrden. Ein Problem, das sich für Forstwirte stellt: Während in der Landwirtschaft kurzfristiger mit neuen Sorten auf Klimaveränderungen reagiert werden kann, müssen Schmidt und seine Kollegen in ganz anderen zeitlichen Dimensionen denken. 

 

„Ich hoffe, dass einer meiner Nachfolger in 100 Jahren sagen wird, dass der Schmidt gute Bäume ausgewählt hat“, hofft der Revierförster.

Keine Experimente bei der Auswahl der Bäume

Die Auswahl der neuen Bäume ist dabei kein Zufall, für den Waldumbau gibt es Vorgaben. Ziel ist es, einen möglichst „klimastabilen“ Wald zu erhalten. „Für uns gilt an der Stelle: keine Experimente. Daher werden nur bewährte und in Schleswig-Holstein lange eingeführte Baumarten wie Douglasie, Küstentanne, Roteiche und Japanlärche berücksichtigt, die zusätzlich beigemischt werden erklärt“, erklärt Ionut Huma, Sprecher der Landesforsten. „Im Übrigen ist im Rahmen der strengen FSC-Zertifizierung erlaubt, nur auf maximal 20 Prozent fremdländische Baumarten zu setzen.“ Mit der FSC-Zertifizierung (Forest Stewardship Council) soll die nachhaltige Forstwirtschaft gesichert werden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden Monokulturen

Dass einige Wälder früher reine Fichten-Monokulturen waren (und es teilweise bis heute sind), ist eine Folge des Zweiten Weltkriegs. „Weite Teile wurden für Reparationszahlungen an die Alliierten abgeholzt“, erklärt Förster Falk Schmidt. Aus diesem Grund wurden Nadelbäume gepflanzt, die schneller wachsen und somit auch schneller Ertrag versprachen.

 

Borkenkäfer
Klein, aber gefährlich: Der Borkenkäfer bedroht vor allem Nadelbaum-Monokulturen. Foto: Matthias Hermann

Nicht erst mit den Stürmen „Christian“ und „Xaver“ im Jahr 2013, die zu massiven Schäden in den Wäldern führten, wurden allerdings die Schwachstellen der reinen Fichtenwälder deutlich. Schon seit den 1980ern wurde damit begonnen, die Wälder „klimafit“ zu machen. Aktuell sind bereits 89 Prozent der Landesforsten stabile Laub-Nadelmischwälder, deutlich mehr als der Landesdurchschnitt.

Bis zu 3.500 Bucheckern pro Hektar

Auf dieser Tatsache kann sich allerdings nicht ausgeruht werden. Denn inzwischen leiden sogar Bäume und Wälder, die sich über Jahrtausende an ein regional typisches Klima angepasst haben. Und so ist auch in diesem Frühjahr der eingangs erwähnte „Harvester“ im Wald unterwegs. Zunächst wurden kranke Bäume oder solche, die andere Bäume in ihrem Wuchs „bedrängen“, farblich vom Förster markiert. Diese werden dann von der Maschine „geerntet“.

 

Revierförster Falk Schmidt
Junge Buchen: Revierförster Falk Schmidt zeigt, wo der Waldumbau bereits stattgefunden hat. Foto: Matthias Hermann

Dort, wo noch Nadelgehölze dominieren, können im Anschluss Laubbäume, wie zum Beispiel Buchen, gesät werden. Dafür wird mit einem sogenannten Kratzbagger die Humusschicht geöffnet, um 3.000 bis 3.500 Bucheckern pro Hektar in den Mineralboden zu pflanzen. Dazu kommen Birken, Lärchen, Fichten und Eichen. Die jungen Bäume werden allerdings von Beginn an von Wetterextremen bedroht: Ist es zu trocken oder zu nass, kann es zu Problemen kommen.

„Ursachen des Klimawandels stoppen“

Gelingt der Waldumbau trotzdem, ist eine höhere Stabilität gegenüber Klimaeinflüssen nicht der einzige Vorteil: Mit der größeren Baumartenvielfalt geht eine Verbesserung der Böden einher. Und das führt wiederum zu einer höheren Speicherung von Kohlendioxid.

Eines gibt der Sprecher der Landesforsten, Ionut Huma, allerdings zu bedenken: „Unabhängig vom klimagerechten Waldumbau unter Berücksichtigung aller angepassten Baumarten müssen dringend die Ursachen des Klimawandels gestoppt werden. Denn ansonsten wäre der intensive und hohe Kraftaufwand vergeblich, den unsere Försterinnen und Förster jetzt an den Tag legen.“ 

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