Bombe entschärft

Flensburger können zurück in ihre Wohnungen kehren

Flensburger können zurück in ihre Wohnungen kehren

Flensburger können zurück in ihre Wohnungen kehren

Linda Krüger, Julian Heldt und Benjamin Nolte/shz.de
Flensburg
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Team vom Kampfmittelräumdienst
Das Team vom Kampfmittelräumdienst und Luftbildauswertung Foto: Benjamin Nolte

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Der Beginn der Entschärfung hatte sich um mehr als eine Stunde verzögert, weil Menschen ihre Wohnungen nicht verließen.

Es war die größte Evakuierung der Flensburger Nachkriegsgeschichte. Rund 16.500 Menschen mussten am Samstagvormittag ihre Wohnungen verlassen. Grund war die geplante Entschärfung einer 250 Kilogramm schweren Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg, die unter dem Eckener Sportplatz gefunden wurde.

Bis 11.30 Uhr mussten alle Betroffenen das Evakuierungsgebiet verlassen. Einige wenige hielten sich nicht dran. In der Neustadt musste die Polizei mehrere Türen aufbrechen, weil sie in den Wohnungen noch Menschen vermutete. Die ursprünglich für 14 Uhr geplante Bombenentschärfung verzögerte sich hierdurch um mehr als eine Stunde. Die Störer müssen mit einer Rechnung für die Zwangsräumung rechnen. Zu weiteren besonderen Vorkommnissen kam es laut Polizei jedoch nicht.

Grüne Rakete nach Entschärfung

Die eigentliche Bombenentschärfung dauerte nur rund anderthalb Stunden. Als Signal für die Bevölkerung wurde gegen 16.45 Uhr eine grüne Rakete in den Himmel geschossen. Die betroffenen Flensburger konnten zurück in ihre Wohnungen kehren.

Im Anschluss präsentierte das Team des Kampfmittelräumdienstes auf dem Eckener Platz die US-Fliegerbombe der Öffentlichkeit. Sie stammt aus einem Tagesangriff vom 19. Mai 1943, an dem mehr als 500 Bomben über der Nordstadt abgeworfen wurden. Ziel war die U-Boot-Werft der damaligen Schiffbaugesellschaft. 83 Menschen starben bei dem Angriff, mehr als 1500 wurden obdachlos.

Hans-Jörg Kinsky und Mark Wernicke
Hans-Jörg Kinsky (links) und Mark Wernicke entschärften die Bombe. Foto: Benjamin Nolte

Entdeckt hatten den Blindgänger die Luftbildauswertin Jessica Holzhay und ihr Team. Entschärft wurde er von den Spezialisten Hans-Jörg Kinsky und Mark Wernicke. Ganz einfach gestaltete sich dieses Unterfangen nicht.

Die Bombe hatte auf jeder Seite einen Zünder. Während sich einer vollständig entfernen ließ, konnte der Spezialschlüssel, den man dafür benutzt auf der anderen Seite nicht formschlüssig draufgesetzt werden. Somit konnten zwar Zünder und Detonator entfernt werden, aber der Teil dahinter nicht. Die Zündkette war aber unterbrochen, die Bombe transportfähig und eine Gefahr bestand nicht.

Blindgänger
Foto: Benjamin Nolte
Final zerlegt wird der Blindgänger nun wie alle Bomben in Munster (Lüneburger Heide) bei einer Spezialfirma. Am Abend wurde er vom Eckener Platz abtransportiert.
 
Die Stadt Flensburg und die Polizei zogen derweil eine positive Bilanz. Insgesamt wurden 324 Menschen in Notunterkünften im Stadtgebiet untergebracht – deutlich weniger als erwartet. Zusätzlich wurden elf Haustiere an der Fördehalle einquartiert.
Frau Simonsen
Frau Simonsen (79) wurde mit dem Krankentransport und ihrem Hund auf dem Arm in die Notunterkunft in der Fördehalle gebracht. Foto: Benjamin Nolte

Rund 50 Personen mussten aufgrund von Covid-19-Infektionen bzw. Quarantänesituationen gesondert untergebracht werden. 40 Personen wurden von Krankentransporten aus ihren Wohnungen abgeholt.

Im Laufe des Tages waren 534 hauptamtliche und ehrenamtliche Helfer im Einsatz. Von Polizei, Feuerwehren, dem städtischen Ordnungsamt sowie weiteren Verwaltungskräften, Katastrophenstab, Technischem Hilfswerk, Deutsches Rotes Kreuz, Malteser Hilfsdienst, Falck, Arbeiter Samariter Bund sowie die AöR Rettungsdienst des Kreises Schleswig-Flensburg bis hin zum Tierheim Flensburg. „Ich bin sehr glücklich, dass der Tag so gut verlaufen ist“, so Oberbürgermeisterin Simone Lange.

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