Coronavirus

Touristen buhlen um Corona-Impftermine der Insulaner

Touristen buhlen um Corona-Impftermine der Insulaner

Touristen buhlen um Corona-Impftermine der Insulaner

Lisa Bohlander/shz.de
Westerland/Wyk/Nebel
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Ein Patient bekommt seine erste Corona-Impfung von Dr. Lutz Stoklasa. Foto: Lisa Bohlander

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Hausärzte aus Wyk, Westerland und Nebel berichten von ihren Erfahrungen mit Corona-Impfungen, Astrazeneca und Touristen.

In den Arztpraxen auf den Inseln ist es in diesen Wochen das Gesprächsthema Nummer eins: „Einmal Ihren Impfpass, bitte“ am Empfang, „Wie passt ihnen der Impftermin nächste Woche?“ am Telefon und ein scherzhaftes „Wieso bist du denn schon dran?“ unter Patienten im Wartezimmer. Die Impfungen gegen das Corona-Virus schreiten in Nordfriesland voran. 

Doch es gibt auch immer wieder Rückschläge. So gibt es bis Ende Mai keine neuen Lieferungen des Impfstoffs von Biontech/Pfizer auf die Inseln, wie mehrere Hausarztpraxen bestätigen. Etwa in der Praxis von Dr. Claudia Derichs auf Amrum werden daher in den kommenden Wochen keine Erstimpfungen durchgeführt.„Wir impfen, soviel es geht“, sagt Derichs. „Aber wir bekommen eben nicht so viel geliefert, wie wir eigentlich bestellen.“ Zwischen 50 und 100 Personen seien bisher pro Woche geimpft worden. 

In der Praxis werden, wie auch auf Föhr und Sylt, die Impfstoffe der Hersteller Biontech/Pfizer und Astrazeneca verimpft. Die Terminvergabe beschreibt Derichs als „mühsam“, sobald Donnerstag die genauen Liefermengen des Impfstoffs bekannt werden, laufen die Telefondrähte heiß. 

 

Einige Patienten über 60 Jahren wollen den Impfstoff von Astrazeneca nicht.

Dr. Claudia Derichs, Inselärztin auf Amrum

 

Bei der Terminvergabe steht die nächste Hürde an: „Einige Patienten über 60 Jahren wollen den Impfstoff von Astrazeneca nicht“, sagt Derichs. Dies sei aber nicht häufig, die meisten wollen geimpft werden „egal womit, aber wir haben ja momentan generell nicht genügend Impfstoff für alle.“ Daher blockierten die Astrazeneca-Verweigerer bisher keine weiteren Impfkapazitäten. 

Kein Astrazeneca für Frauen unter 40 Jahren 

Auch in der Praxis von Dr. Lutz Stoklasa in Wyk gehen die Patienten unterschiedlich mit dem Astrazeneca-Impfstoff um. „Es sind eher wenige, die es ablehnen“, sagt Stoklasa. „Da sind auch viele junge Leute die sagen: Hauptsache, ich komme dran.“ Jüngeren Frauen Frauen unter 40 bietet die Praxis den Impfstoff von vornherein nicht an, besonders bei dieser Gruppe sei das Risiko für Thrombosen erhöht.

Dr. Lutz Stoklasa in seiner Hausarztpraxis in Wyk. Foto: Lisa Bohlander

Zu den etwa 30 Personen, die pro Woche in der Praxis Stoklasa geimpft werden, gehörte diese Woche auch Ernst Jensen: Der 65-Jährige bekam den Impfstoff von Biontech – aus Gründen der Verfügbarkeit. „Wenn man die Chance dazu hat, dann macht man das doch“, sagt Jensen. Er hätte jedoch auch Astrazeneca genommen, wenn nur dieser Impfstoff zur Verfügung stehen würde, wie er sagt. 

Das A und O: Aufklärung durch den Arzt 

Ähnliche Erfahrungen macht Dr. Bodo Stoschus auf Sylt. Er legt besonderen Wert auf das aufklärende Gespräch, bei dem die Vor- und Nachteile der Impfung besprochen werden – denn bei jedem Impfstoff müssen Nutzen und Risiken abgewogen werden. 

 

„Der ein oder andere lässt sich dadurch überzeugen, aber bei vielen muss man noch diskutieren“, sagt Stoschus. „Es ist wichtig, die Leute speziell aufzuklären.“ Dem Internisten zufolge werde sich die Situation erst drehen, wenn mehr Vorteile, Rechte und Freiheiten an die Impfungen geknüpft werden. 

Viele Gäste wollen ihre Zweitimpfung auf der Insel machen lassen, wenn der Termin dazu in den Urlaub fällt.

Praxis Dr. Christoph Meyer-Schillhorn in Wyk

Erschwerend kommt hinzu: Touristen buhlen um die Impftermine der Einheimischen. „Viele Gäste wollen ihre Zweitimpfung auf der Insel machen lassen, wenn der Termin dazu in den Urlaub fällt“, berichtet die Praxis von Dr. Christoph Meyer-Schillhorn in Wyk. „Das können wir bei der Impfstoffknappheit momentan gar nicht. Wir müssen zuerst die Insulaner versorgen.“ 

Keine Impfung für Touristen 

Ähnliche Erfahrungen gibt es in den Praxen auf Föhr und Amrum. Es sei jedoch eine Auflage, dass zunächst Personen mit Erstwohnsitz auf Föhr, Amrum und Sylt geimpft werden. Wann es Kapazitäten für Touristen gebe, sei noch nicht abzusehen. 

Erfahrungen mit Impfschwindlern machte von den angefragten Medizinern Dr. Stoschus, jedoch nur zu Beginn der Impfkampagne. Mittlerweile habe sich dies gelegt. In vielen Praxen erübrigt sich dieses Thema meist: Vielen Ärzte sind ihre Patienten und Impflinge bekannt. „Man kennt die Leute und ihre Vorerkrankungen“, sagt Dr. Stoklasa. „Ich glaube nicht, dass wir damit ein ernstzunehmendes Problem haben“, sagt auch Dr. Derichs. 

Die gute Nachricht zum Schluss: „Prinzipiell lehnen nur sehr wenige die Impfung generell ab“, berichtet Dr. Stoklasa. Auch auf Amrum „ist die Impfwilligkeit ungebrochen hoch.“ 

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