Archäologie

Mit Keulen und Äxten: Massenmord in Ostjütland vor 2.000 Jahren

Mit Keulen und Äxten: Massenmord in Ostjütland vor 2.000 Jahren

Massenmord in Ostjütland vor 2.000 Jahren

cvt/videnskab.dk
Skanderborg
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Alken Enge
Ein Schädel von der „Alkenwiese“ Foto: Moesgaard Museum

Ein traumatisches Ereignis, dass über Generationen seine Spuren hinterlassen haben muss: Forscher erzählen die Geschichte hinter grausigen Funden auf der „Alkenwiese“ bei Skanderborg.

Aufgespießte Rümpfe, durchtrennte Kniekehlen, Risse in den Knochen, die darauf hindeuten, dass den Menschen das Fleisch abgezogen wurde. Die archäologischen Funde von der „Alkenwiese“ (Alken Enge) bei Skanderborg zeigen das grausame Bild einer Schlacht, die um das Jahr Null dort stattgefunden haben muss.

Erstmals sind nun sämtliche Ergebnisse archäologischer und geologischer Untersuchungen aus der seit den 1950er Jahren bei Archäologen als Opferstätte bekannten Gegend in dem dänischsprachigen Buch „De dræbte krigere fra Alken Enge“ (dt.: Die getöteten Krieger von der Alkenwiese) gesammelt. Herausgeber ist das unweit gelegene Moesgaard Museum.

Wie „videnskab.dk“ berichtet, hat die Abrechnung, die es laut Urteil der im Buch zitierten Forscher dort damals gegeben haben muss, über Generationen hinweg Folgen für die örtliche Bevölkerung gehabt.

Über die vielen Menschenknochen hinaus, haben die Forscher auch Waffen gefunden, darunter drei Keulen, berichtet der Archäologe und Moesgaard-Direktor Mads Kähler Holst. „Eine dieser Keulen gleicht einem Baseballschläger. Eine andre ist ein gekrümmter Stab mit Klumpkopf. Außerdem haben wir Speerspitzen, Schilde, eine Axt und das Fragment eines Schwertes gefunden. Von allem etwas“, sagt er zu „videnskab.dk“.

Mads Kähler Holst
Museumsdirektor Mads Kähler Holst Foto: Rógvi N. Johansen, Moesgaard Museum

 

Ein ungleicher Kampf

Mehr als 2.000 Menschenknochen sind aufgetaucht, seit die Archäologen des Moesgaard Museums im Jahr 2009 mit Ausgrabungen in der Umgebung begonnen haben. Die „Alkenwiese“ erlangte internationale Bekanntheit, weil sie der einzige Ort in Europa ist, wo man Skelette in ganzer Heeresstärke aus der frühen Eisenzeit gefunden hat.

Die Skelette zeugen von einem barbarischen Massenmord, bei dem Männer und Kinder, die bis zu 13 Jahre jung waren, gefoltert, ermordet und geopfert wurden.

Wer dort gegeneinander kämpfte, darauf haben die Forscher noch keine endgültige Antwort gefunden – und auch der Grund der Abrechnung von der „Alkenwiese“ bleibt ein Geheimnis. Doch die Waffenfunde zeigen, dass es ein ungleicher Kampf gewesen sein muss.

Denn obwohl es schon mehr als 2.000 Jahre her ist, waren Keulen damals bereits primitive Waffen – Speere und Schwerter waren hingegen modern. Einige der Kämpfer waren also besser bewaffnet als andere.

Das deutet darauf hin, dass „einige der Männer nicht in einer professionellen Armee waren, sondern vermutlich einfach ein schnell zusammengesammelter Haufen. Vielleicht wurden sie deshalb mit solchem Nachdruck niedergeschmettert“, sagt Mads Kähler Horst.

Dazu passt, dass die Toten kaum von Keulenhieben erlegt wurden. Ihre Knochen weisen die Spuren von scharfen Waffen auf.

 

Die Landschaft veränderte sich

Das Gemetzel hat langwierige Folgen gehabt. Nicht nur möglicherweise in den Seelen der Überlebenden – auch in der Landschaft. Vor der Schlacht gab es dort Felder und Weiden, das zeigen Pollenanalysen aus einem See in der Nähe. Nach der Schlacht wurden hunderte Leichen mit abgetrennten Köpfen dort für bis zu zwölf Monate im Gras liegen gelassen – und dann in einen See geworfen. Das zeigen Untersuchungen der Knochen.

Danach wurde die Gegend ganz verlassen und sie wuchs mit Bäumen zu, steht in dem neuen Buch.

„60 bis 75 Jahre nach der Schlacht waren 80 bis 90 Prozent der Gegend von Wald bedeckt“, sagt Mads Kähler Holst. Dieser Wald blieb fast 800 Jahre lang unberührt. Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sich Menschen in der Gegend niederließen.

Mette Løvschal, Archäologin und Dozentin am Moesgaard Museum und an der Uni Aarhus: „Eine Möglichkeit ist es, dass die Leute aus der Gegend verdrängt wurden. Oder die Alkenwiese wurde ein Ort, wo sich die Leute nicht mehr hin trauten. Es könnte sich zu einem Ort entwickelt haben, der tabu war.“

Lesetipp (auf Dänisch) auf der Internetseite „videnskab.dk“: Alken Enge: Massegrav fra jernalderen »får hårene til at stritte«

 

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