Umwelt und Natur

Trotz Chemie-Altlasten: Bürger Grindsteds nicht überdurchschnittlich krank

Trotz Chemie-Altlasten: Grindsted-Bürger nicht kranker

Trotz Chemie-Altlasten: Grindsted-Bürger nicht kranker

Vejle
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DasUnternehmen Grindstedværket hatte seit 1956 bis in die 1970er Jahre tonnenweise Schadstoffe produziert, die vielfach in Deponien verschwanden, die heute die Umwelt belasten. Foto: jv

Die 2018 von der Region Süddänemark in Auftrag gegebene Untersuchung ist für Regionsratsvorsitzende Stephanie Lose (Venstre) Grund zur Entwarnung. Politiker fordert Beseitigung der Altlasten in der südjütischen Stadt.

In der Stadt Grindsted, in der seit Jahrzehnten chemische und pharmazeutische Unternehmen tätig sind, die im Ortsbereich tonnenweise Altlasten hinterlassen haben, gibt es keine höheren Erkrankungsraten als in 12 vergleichbaren Städten. Das hat eine Untersuchung des Instituts für Volksgesundheit der Süddänischen Universität ergeben.

Sorgen der Einwohner zerstreut

Damit werden nach Ansicht von Fachleuten Sorgen von Einwohnern der südjütischen Stadt nordöstlich von Esbjerg zerstreut, die angesichts der bis heute nicht beseitigten Deponien mit Giftstoffen im Bereich Grindsteds immer wieder über Erkrankungen und Tod von Angehörigen berichtet haben. Im Jahr 2018 hatte die für Altlasten zuständige Region Süddänemark 900.000 Kronen für das Gutachten in Auftrag gegeben.

Nur einzelne Krankheiten häufiger

Das beauftragte Institut hat nach Angaben der Region Süddänemark die Gesundheitsdaten von über 600.000 Bürgern ausgewertet. „Ich glaube, wir sind viele, die gespannt und voller Sorge waren, was die Untersuchung zeigen wird. Deshalb ist es auch eine Erleichterung, dass wir nun dokumentieren können, dass es generell sicher ist, in Grindsted zu wohnen und sich im Ort aufzuhalten“, erklärte die Regionsvorsitzende Stephanie Lose (Venstre) nach der Veröffentlichung der Untersuchung. Befürchtet hatte man in Grindsted unter anderem, dass es dort ein erhöhtes Vorkommen der Hirnerkrankung ALS, Fruchtbarkeitsstörungen und Erkrankungen unter Kindern geben könnte. Die Gewerkschaft 3f hatte vor Jahren Daten präsentiert, dass im Blut und Urin von Arbeitern des Chemie- und Pharmaunternehmens erhöhte Quecksilberwerte nachgewiesen wurden.

Es wurde auch festgestellt, dass es keine erhöhte Erkrankung im Bereich der Atemwege gibt, zum Beispiel die chronische Lungenerkrankung KOL. Allerdings wurde im Gutachten festgestellt, dass es bei einzelnen Erkrankungen ein erhöhtes Auftreten gibt. Dazu zählt Prostatakrebs. Hier gibt es 14 Prozent mehr Fälle als im Durchschnitt von Vergleichsorten. Auch Schilddüsenkrebs ist deutlich häufiger (70 Prozent), bei Brustkrebs gibt es allerdings 31 Prozent weniger Fälle als im Landesschnitt.

In den kommenden Wochen und Monaten sollen die Ergebnisse der Untersuchung mit den Bürgern erörtert werden. Der Vorsitzende des Umweltausschusses des Regionsrates, Jørn Lehmann Petersen (Sozialdemokraten), erklärte gegenüber Danmarks Radio, dass man weiter vor der Aufgabe stehe, die Giftstoffe aus dem Bereich von Grindsted zu beseitigen.

 

Diese Skizze der Region Süddänemark zeigt die Giftausschwemmung aus den Deponien im Ortsbereich in die Grindsted Å. Foto: Region Syddanmark

 

Untersuchungen aus dem Jahr 2018 hatten gezeigt, dass im Untergrund der Stadt Chemieabfälle mit krebserregendem Vinylchlorid lagern. Die Chemikalie sickert in die Grindsted Å. Auch Reste von Schlafmitteln, Psychopharmaka, Antibiotika und Vitamintabletten sollen in verschiedenen Deponien des früheren „Grindstedværket“ lagern.

Millionenbeträge für Entsorgung nötig

Die Räumung und Entsorgung der Deponien soll mehr als 100 Millionen Kronen kosten. Derzeit stehen dafür der Region keine Mittel zur Verfügung. Das Unternehmen „Grindstedværket“, das später vom Unternehmen Danisco übernommen wurde, das anschließend Teil des US-Konzerns Dupont wurde,  hatte auch zwischen 1956 und 1973 rund 350.000 Tonnen giftige Abwässer, belastet mit chlorierten Kohlenwasserstoffen, in der Deponie Kjærgård Klitplantage in den Dünen der Nordseeküste „verschwinden“ lassen.

Steuerzahler übernehmen Kosten

Seit 2007 wurden von dort tausende Tonnen vergifteter Boden entfernt und zur Entsorgung nach Deutschland gebracht. Auf Kosten der Steuerzahler, denn das Unternehmen hatte Genehmigungen der Behörden für die aus heutiger Sicht gefährliche Entsorgung ihrer Abfallstoffe.

 

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