Wirtschaftsprognose

Dänemark kann 2023 wirtschaftlichen Turbulenzen entkommen

Dänemark kann 2023 wirtschaftlichen Turbulenzen entkommen

Dänemark kann 2023 wirtschaftlichen Turbulenzen entkommen

Ritzau/nb
Kopenhagen
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2022 sind die Preise für Lebensmittel beträchtlich angestiegen. So waren die Verbraucherpreise im November vergangenen Jahres 8,9 Prozent höher als im Jahr zuvor, wie Zahlen der dänischen Statistikbehörde zeigen (Archivfoto). Foto: Søren Bidstrup/Ritzau Scanpix

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Über viele Jahre lief die Wirtschaft auf Hochtouren, doch der Krieg in der Ukraine hat zu Gegenwind und einer hohen Inflation geführt. Experten sind jedoch der Ansicht, dass Dänemark gut gerüstet ist, um den Herausforderungen zu begegnen.

Lange Zeit waren Preissteigerungen für Milch und Butter etwas, wovon kaum jemand Notiz genommen hat. Doch das hat sich im vergangenen Jahr geändert.

Nach vielen Jahren mit einer niedrigen und stabilen Inflation hat diese mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine kräftig an Fahrt gewonnen. Gleichzeitig sind auch die Energiekosten in die Höhe geschossen.

Diese Entwicklungen haben zu düsteren Aussichten für die globale Wirtschaft geführt. Doch wie sieht die wirtschaftliche Entwicklung für 2023 aus?

Dänemark wirtschaftlich gut in Form

Zunächst die gute Nachricht: Dänemark ist aktuell in guter wirtschaftlicher Verfassung. Die Zahl der Beschäftigten ist rekordhoch, und die öffentlichen Finanzen befinden sich in einer gesunden Verfassung.

Die Ausgangssituation für den aktuellen Gegenwind und für den, der noch kommt, ist gut.

Michael Svarer, Professor, Universität Aarhus

Darüber hinaus weist die Handelsbilanz, die sich aus der Zahl der Im- und Exporte Dänemarks zusammensetzt, einen Überschuss in Milliardenhöhe aus.

„Die Ausgangssituation für den aktuellen Gegenwind und für den, der noch kommt, ist gut“, sagt Michael Svarer, Professor an der Universität Aarhus und ehemaliger Wirtschaftsweise.

Diese Einschätzung teilt auch Helge Pedersen, Chefökonom bei Nordea.

„Es gibt eine Reihe an Faktoren, die darauf hindeuten, dass die Aussichten nicht ganz so günstig sind. Aber die Ausgangsbasis ist relativ solide“, sagt er.

Ungünstige geopolitische Situation

Der Gegenwind ist bereits eingetroffen, und für 2023 gibt es große Unsicherheiten. Das gilt für die weitere Entwicklung des Krieges in der Ukraine oder das Verhältnis zwischen den USA und China.

Die geopolitische Situation ist meiner Meinung nach die schlechteste, in der wir uns befinden, seitdem ich Ökonom bin.

Helge Pedersen, Chefökonom bei Nordea

„Die geopolitische Situation ist meiner Meinung nach die schlechteste, in der wir uns befinden, seitdem ich Ökonom bin“, sagt Helge Pedersen.

Er begann seine Karriere als Ökonom vor 35 Jahren, als der Kalte Krieg seinem Ende entgegenging und Dänemark die sogenannte „Kartoffelkur“ durchlebte. Dabei handelte es sich um eine Reihe an Maßnahmen, anhand derer die enorm hohe Inflation in den 1980er-Jahren eingedämmt werden sollte. In der Folge kam es zu mehreren Jahren mit kräftig steigender Arbeitslosigkeit und einem zusammenbrechenden Immobilienmarkt.

Gegenwärtige Ausgangsposition völlig anders

Aktuell befindet sich Dänemark jedoch in einer völlig anderen Ausgangssituation, sagt Helge Pedersen. Jedoch rechnet er mit einer technischen Rezession mit einem Rückgang des Bruttonationalproduktes in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen.

„Allerdings glaube ich nicht, dass die Konsequenzen genauso ernsthaft für die Gesellschaft werden, wie wir es früher gesehen haben“, so seine Einschätzung.

2023 wird wohl kein besonders festliches Jahr.

Michael Svarer, Professor, Universität Aarhus

Auch Michael Svarer schätzt, dass es sich eher um eine kleine Delle statt einer Krise handelt, die Dänemark bevorsteht.

„2023 wird wohl kein besonders festliches Jahr. Ich glaube aber, dass sich die Aussichten aufhellen, wenn wir in die zweite Jahreshälfte kommen und 2024 erreichen“, sagt er.

Preise bleiben auf hohem Niveau

Die schlechte Nachricht lautet hingegen, dass die Menschen in Dänemark trotz eines Rückgangs der hohen Inflation weiterhin mit einem Verlust ihrer Kaufkraft leben müssen.

„Wenn wir uns dem Ende des Jahres nähern, gibt es Hoffnung, dass die Preissteigerungen, die uns noch bevorstehen, mehr denen ähneln, die wir gewohnt waren. Dennoch steigen die Preise für Waren weiterhin, und wir werden auch 2023 an Kaufkraft verlieren“, lautet die Einschätzung von Helge Pedersen.

Wir werden auch 2023 an Kaufkraft verlieren.

Helge Pedersen, Chefökonom bei Nordea

Als Gegenmittel gegen die hohe Inflation erhöhen die Zentralbanken die Zinsen, was auch bereits mehrfach geschehen ist. Es gebe einige Hinweise darauf, dass die Zinsen ihren Höchststand erreichen, meint Michael Svarer von der Universität Aarhus.

„Die Inflation hat sich verlangsamt, und ich erwarte, dass sich diese Entwicklung im Frühjahr fortsetzt“, sagt er.

Immobilienpreise gehen zurück

Während der Corona-Pandemie lief der Immobilienmarkt auf Hochtouren, die Preise für ein Eigenheim schossen in die Höhe. Seitdem hat sich das Tempo jedoch verlangsamt und die Preise bewegen sich inzwischen nach unten.

Diese Entwicklung werde sich fortsetzen, ist sich Michael Svarer sicher. Allerdings nicht im gleichen Maße wie nach der Finanzkrise.

„Jetzt geht es in erster Linie um steigende Zinsen und eine Korrektur des überhitzten Immobilienmarktes während Corona“, meint er.

Höhere Zinsen würden Immobilienbesitzer herausfordern, weshalb ein Preisrückgang eine natürliche Konsequenz sei.

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