Mensch und Umwelt

Der Blauflossenthun ist zurück

Der Blauflossenthun ist zurück

Der Blauflossenthun ist zurück

Kopenhagen/Skagen
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Ein Screenshot aus einem Video von Brian MacKenzie, an einem sonnigen Tag springt ein Thun vor Dänemarks Küsten. Foto: Brian MacKenzie, DTU-Aqua

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Thunfischfang in Dänemark? Nicht unüblich in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Nach jahrzehntelanger Abwesenheit ist er wieder da und der Biologe Brian MacKenzie hat eine Bitte an alle, die in dänischen Gewässern kreuzen.

Sichtungen an Brian MacKenzie

Wer einen Blauflossenthun in dänischen Gewässern sichtet, der kann gern Professor Brian MacKenzie, DTU Aqua, kontaktieren – per Email unter brm@aqua.dtu.dk oder per SMS unter 21 31 58 14. Willkommen sind/ist:

  • Fotos
  • Ort der Sichtung
  • Anzahl
  • Größe
  • Zeitpunkt
  • Näheres zum Geschehen, etwa flüchtende Beutefische
 

Thunfische waren einmal in dänischen Gewässern keine Exoten, und das ist noch gar nicht so lange her. Doch nach einer jahrzehntelangen thunfischlosen Zeit zeigen sich seit ein paar Jahren wieder mehr Exemplare – unter anderem durch spektakuläre Sprünge aus dem Wasser.

Brian MacKenzie, Biologe am Institut für Aquatische Ressourcen der Dänischen Technischen Universität (kurz DTU-Aqua) untersucht, warum der Thun verschwand, warum er wieder da ist und hat eine Bitte an alle, die auf See sind. Sie sollen nämlich helfen. „Meine Bitte richtet sich an die Besatzungen von Fischerbooten und Frachtschiffen, an Sportfischer, an Segler oder an Passagiere, die auf Fährschiffen unterwegs in dänischen Gewässern sind“, so MacKenzie. Er möchte gern von Thunfisch-Sichtungen hören. Auch Besatzungen von Bohrinseln, die in einer Pause aufs Meer schauen, spricht der Biologe an, denn die hätten ihn schon kontaktiert.

Skagerak, Kattegat, Nordsee

Die schnellen, imponierend großen und kräftigen Fische schwimmen in der Nordsee, im Skagerrak und im Kattegat, weiter südlich in der Ostsee wird es dann eher unwahrscheinlich, einen Thunfisch springen zu sehen. Warum sie dies tun, ist dem Biologen nach noch nicht geklärt. „Sportfischer haben beobachtet, wie neben ihrem Boot plötzlich mehrere Thunfische aus dem Wasser sprangen, sie konnten sehen, dass sie Beutefische jagten“, berichtet MacKenzie. Und wenn sie springen, dann springen sie gern mehrmals, so die Beobachtung des Biologen.

Der Blauflossenthun war selbst einmal in Dänemark eine beliebte und nicht ungewöhnliche Beute. Brian MacKenzie berichtet: „In den 10er und 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts kam es vor, dass Thunfische als Beifang in den Netzen der Fischer landeten, die eigentlich auf Hering und Makrelen aus waren. Die Fänge nahmen zu, auch auf schwedischer und norwegischer Seite, von gelegentlichem Beifang konnte nicht mehr die Rede sein. Und Thunfisch zu fangen, wurde in den 30er, 40er und 50er üblich – in Spitzenzeiten fingen Fischer 2.000 Tonnen Thun.“

 

Meine Bitte richtet sich an die Besatzungen von Fischerbooten und Frachtschiffen, an Sportfischer, an Segler oder an Passagiere, die auf Fährschiffen unterwegs in dänischen Gewässern sind.

Professor Brian MacKenzie, DTU Aqua

Abwärts in den 60ern

Sportfischer stellten dem Thun nach, man maß sich in Wettbewerben; Fischer fingen dank entwickelter Hydrauliktechnik Blauflossenthune in speziellen Netzen, in Ringwaden, die um einen Schwarm gelegt wurde. Eine norwegische Erfindung, keine, wie man denken könnte, aus dem Mittelmeerraum.

Doch dann, in den 60er Jahren, nahm die Zahl der Thunfische plötzlich und schnell wieder ab. Als die 70er Jahre Vergangenheit wurden, waren sie mehr oder weniger komplett aus den dänischen Gewässern verschwunden. Der Blauflossenthun geriet in Dänemark in Vergessenheit.

Dann, 2015, fanden einzelne Exemplare wieder den Weg in dänische Gewässer, sie sprangen aus dem Wasser und Angler sahen vermutlich verwundert zu. Und seitdem gibt es immer wieder Sichtungen.

Warum zurück?

Aber warum tauchte der Blauflossenthun im vergangenen Jahrhundert auf, wurde zur üblichen Fischart, verschwand dann und kehrte in den vergangenen Jahren zurück?

Genau diese Fragen interessieren Brian MacKenzie. Bekannt ist: Die Fische wandern, sie tauchen in der Nordsee, im Skagerrak und im Kattegat im Sommer auf, bleiben bis Mitte Oktober und verschwinden dann wieder. „Wir wissen nicht genau wohin“, so der Biologe. Wo sie im Frühjahr sind, weiß man allerdings: Im Mittelmeer, dort vermehren sich die erwachsenen Fische. „Danach verlassen sie das Mittelmeer und halten Ausschau nach Gebieten, wo es was zu fressen gibt“, so MacKenzie.

Mehr Exemplare, mehr Beutefisch

Er weiß auch: Die kommerzielle Fischerei ließ den Bestand an Makrelen und Heringen in den 60er und 70er Jahren in der Nordsee schrumpfen. „Die Bestände waren überfischt.“ Managementprogramme führten in den vergangenen Jahren zu einer Stabilisierung der Bestände, auch im Mittelmeer werden Thunfische besser geschützt. Wenn es wieder mehr Exemplare gibt, breiten sich die Thunfische auf der Suche nach Beute mehr aus, und wenn es dann auch wieder mehr Beute in den dänischen Gewässern gibt, tauchen sie wieder auf, so die Überlegung des Experten.

Doch was die Thunfische ganz genau so treiben in den Meeren, die sie kreuzen, das ist noch nicht klar und so baut Brian MacKenzie auf die Hilfe von Sportfischern, die seit ein paar Jahren dabei helfen, Thunfische zu fangen. Diese werden mit einem Sender markiert und wieder freigelassen.

Thunfische werden besendert

Am Sonnabend hat sich der Biologe nach Skagen aufgemacht, um mit den ausgewählten Sportfischern, die sich bewerben mussten, um im Projekt mitzumachen, Thunfische zu fangen und zu markieren. Dabei erhält er am Montag prominente Verstärkung. Kronprinz Frederik und Fischereiminster Rasmus Prehn fahren auf einem Boot mit. Die Fische erhalten einen Sender, der die Wassertiefe und -temperatur aufzeichnet, in der die Fische schwimmen. Aber nicht nur das. Über einen Lichtsensor, erklärt Brian MacKenzie, ließen sich auch Rückschlüsse darauf ziehen, wo der Thunfisch sich gerade aufhält – so ungefähr.

Doch unter Wasser können die Daten nicht gesendet werden. Für die Wissenschaftler gibt es zwei Wege, an die Daten zu kommen. Entweder ein Thun wurde gefangen und der Fischer schickt den Sender ein (und erhält eine Prämie von 1.000 Euro) oder aber der Fisch hat Glück und wird nicht gefangen. Dann löst sich der Sender nach einiger Zeit von allein, treibt an die Wasseroberfläche und schickt die Daten über Satellit direkt zu den Forschenden.

Erfahrene Sportfischer gesucht

So ganz auf einen Blauflossenthun müssen die Sportfischer nicht verzichten, zumindest einige nicht. Dänemark hat Spanien eine kleine Fangquote abgekauft. Aus der Gruppe der Sportfischer wird wiederum eine Gruppe ausgelost, die einen Fisch, den sie fangen, mit nach Hause nehmen dürfen.  15 bis 20 dürfen gefangen und mitgenommen werden.

Nicht jeder Sportfischer, der ein Boot sein Eigen nennen konnte, wurde aufgenommen. Brian MacKenzie: „Es war uns wichtig, dass sie Erfahrung auf dem Gebiet der Big-Game Fischerei haben.“ Um einen Blauflossenthun zu fangen, braucht man spezielle Ausrüstung. Die ist aufgrund der Größe der Fische einige Nummern massiver. Und im Hinblick darauf, dass die Thunfische nach der Besenderung wieder freigelassen werden sei Erfahrung wichtig, so MacKenzie, der hofft, dass nun in den kommenden zwei Wochen das Wetter in Skagen mitspielt.

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