Leitartikel

„Facebook-Crash erinnert uns an unsere Abhängigkeiten“

Facebook-Crash erinnert uns an unsere Abhängigkeiten

Facebook-Crash erinnert uns an unsere Abhängigkeiten

Apenrade/Aabenraa
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Zusammenbruch des Internets: Ein Horrorszenario. Doch was verhindert das? Wenn wir nicht bald global agieren, nicht viel, meint Cornelius von Tiedemann.

Dass das Internet für die meisten von uns nicht mehr wegzudenken ist, darüber brauchen wir nicht zu reden.

Dänemark ist eines der Länder, das besonders weit fortgeschritten ist, was die Digitalisierung angeht. Und das sichert diesem kleinen Land einen Platz an der Spitze nicht nur des Fortschritts, sondern auch des Wohlstands.

Doch auch in Dänemark gibt es Gefahren. Neben Cyber-Kriminellen vor allem dann, wenn wir uns zu abhängig machen von einzelnen Unternehmen und Infrastrukturen, die wir nicht kontrollieren können.

Als Facebook und seine Angebote Messenger, WhatsApp und Instagram am Montag für sechs Stunden nicht mehr liefen, wurde das deutlich. Zum Glück gab es Alternativen: Die gute, alte SMS oder E-Mail, der Anruf über das Telefonnetz statt über die App, Apps anderer Anbieter, und so weiter.

Doch bei vielen gab es trotz der Alternativen so lange Herzrasen, bis klar war, dass die Apps und Webseiten nicht nur bei einem selbst, sondern bei allen andern plötzlich auch nicht mehr funktionierten.

So abhängig sind wir, zumindest viele von uns, von Facebook, dass es unser Wohlbefinden und unser Sicherheitsgefühl beeinträchtigt, wenn es plötzlich nicht mehr funktioniert.

Dass wir möglicherweise dann viel sicherer sind, wenn Facebook und Co. nicht funktionieren, unsere Daten absaugen und uns mit Inhalten füttern, die unser Leben nicht bereichern, sondern uns zu Neid und Missgunst verleiten, sei dahingestellt.

In weiten Teilen der Welt hat der Ausfall übrigens zu viel mehr als nur leichter Panik geführt, weil Freunde nicht erreichbar waren oder das neueste Selfie nicht hochgeladen werden konnte – und es somit auch keine Likes gab.

Im dichtbevölkerten südlichen Asien und in Südamerika läuft heute fast alles, was online erledigt wird, über Facebook-Produkte. Etliche Geschäfte werden dort abgewickelt, vor allem in Bereichen wie der Gastronomie und dem Service. Der Montagabend kam also Millionen von Kleinunternehmern teuer zu stehen.

Machen wir uns also zu abhängig von einem einzigen Unternehmen, das überdies weniger an unserem Wohlergehen, als vielmehr daran interessiert ist, uns möglichst häufig und lange in seinem Netzwerk gefangenzuhalten?

Die Antwort kann nur ja sein. Doch was wäre die Alternative?

Einen schnellen Ersatz zu Facebook und Co. hat der als Erfinder des Internets geltende Brite Tim Berners-Lee auch nicht parat. Aber dafür etwas viel Fundamentaleres.

Er hatte erst wenige Tagen vor dem Facebook-Crash dazu aufgerufen, das Internet in Zukunft so zu behandeln, wie wir es mit dem Klima oder den Ozeanen machen (zumindest theoretisch): Als gemeinsame Verantwortung und mit weltweit geltenden Regeln – die auch gegen Diktaturen und Unternehmen durchgesetzt werden.

Sein Ausgangspunkt sind die Rechte und Bedürfnisse des Einzelnen: Dass die Menschenrechte online geschützt und respektiert werden, dass der Zugang zum Internet als Grundrecht Priorität hat, dass Regierungen das gesamte Internet rund um die Uhr zugänglich machen und dass Unternehmen die Privatsphäre der Menschen respektieren.

Das wäre nicht nur deshalb gut, weil wir alle, persönlich aber auch insgesamt als digitale Gesellschaften und Ökonomien wie Dänemark, dann endlich umfassend vor Cyber-Attacken geschützt werden könnten. 

Und auch deshalb, weil wir dann Facebook und Co. endlich ruhigen Gewissens nutzen könnten.

 

 

 

 

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