Kommentar

Das deutsche Wirtschaftsproblem

Das deutsche Wirtschaftsproblem

Das deutsche Wirtschaftsproblem

Jon Thulstrup
Jon Thulstrup
Kopenhagen
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Rainer Perau Foto: Deutsch-Dänische Handelskammer

Aktuell wird Deutschland dafür kritisiert, dass es einen zu hohen Überschuss in der Zahlungsbilanz hat. Deshalb müssten Löhne und Investitionen erhöht werden, um den Export anzukurbeln. Zu dem auch in Dänemark aktuellen Thema und zur generellen wirtschaftlichen Lage in Deutschland hat sich der Direktor der Deutsch-Dänischen Handelskammer in einem Kommentar geäußert.

Warum exportiert Deutschland so viel und importiert so wenig? Diese Frage stellt sich Rainer Perau, Direktor der Deutsch-Dänischen Handelskammer. Seine Antwort: Zum ersten sei Deutschland extrem konkurrenzfähig geworden, weil das Land bis 2010 ein Jahrzehnt mit stagnierenden Löhnen erlebte. Zum anderen, weil Deutschland „überindustrialisiert“ sei. Die Industrie des Landes habe einen anderen Stellenwert als in anderen Ländern. Ein Zusammenspiel beider Faktoren ergebe einen fitten Exportsektor, meint Perau.

Auf kurze Sicht könne das Land nicht viel daran ändern. Die Löhne würden schließlich frei verhandelt, und die Produktivitätsentwicklung stehe auf einem ebenso schwachen Niveau wie in Dänemark. Die Löhne stiegen deshalb nur ein wenig schneller als im Rest von Europa. Die Industrie könne nicht dazu gezwungen werden, zu investieren. Demnach werde sich „das deutsche Problem“ nur langsam beseitigen lassen. Im Takt mit einem stärkeren Euro und steigenden Löhnen.

Fünf bis zehn Jahre lang werde dieses System gut laufen, weil weiterhin in der Welt eine große Nachfrage nach Hardware existiere. Doch sei es die Software, die letztendlich für alles entscheidend sein könne. Zu irgendeinem Zeitpunkt könnten Autos zu „commodity“, wie Waschmaschinen es heute sind, werden. Diese verzeichneten inzwischen einen solch geringen Gewinn, dass beispielsweise Siemens den Markt aufgegeben hat. „Deshalb zweifle ich daran, ob das deutsche Modell auch 2040 gleichermaßen gut funktionieren wird wie heute", sagt Perau.

Die deutschen Betriebe hätten die Herausforderung erkannt und arbeiteten daran, stärker zu digitalisieren. Dänemark sei Deutschland in der Hinsicht weit voraus. Demnach sollten Chancen für Dänemark in einem Deutschland entstehen, das seine Wirtschaft modernisiert, meint Perau.

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