Wahlsieg gekostet

Thorning schießt auf Nyrup und Lykketoft

Thorning schießt auf Nyrup und Lykketoft

Thorning schießt auf Nyrup und Lykketoft

Peter Lassen
Peter Lassen Hauptredaktion
Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Helle Thorning-Schmidt Foto: dpa

Ex-Staatsministerin meint, das die früheren Chefgenossen 2015 den Wahlsieg kosteten – Die radikale Marianne Jelved gibt an Nyrups Seite.

Die beiden früheren Vorsitzenden der Sozialdemokraten, Ex-Staatsminister Poul Nyrup Rasmussen  und Ex-Außen- und Finanzminister Mogens Lykketoft, tragen einen Teil der Verantwortung dafür, dass die Sozialdemokraten 2015 die Folketingswahlen verloren und die Regierungsmacht an Venstre und Lars Løkke Rasmussen übergeben mussten.

Das meint die erste Staatsministerin des Landes, Helle Thorning-Schmidt, die damals die Sozialdemokratie führte und nach der Wahl ins zweite Glied zurücktrat, um wenig später die dänische Politik ganz zu verlassen und als Direktorin von Save the Children International nach London zu ziehen.
Diese doch knallharte Schuldzuweisung macht Thorning laut Danmarks Radio im Zuge der Aufzeichnungen zum Vierteiler über die jüngsten fünf Staatsminister, dessen Teil 4 am kommenden Sonntagabend  ausgestrahlt wird auf dem ersten TV-Kanal von DR.

Es ist das erste Mal, dass Thorning Nyrup und Lykketoft so deutlich als mitschuldig am Verlust der Regierungsmacht einstuft. „Es kann gut sein, dass wir wiedergewählt worden wären, wenn wir in meiner Zeit als Staatsministerin etwas weniger interne Diskussionen gehabt hätten“, so die Ex-Staatsministerin laut DR: „Da waren unter anderem frühere  Vorsitzende, die richtig viele Standpunkte hatten zu den Dingen. Ich glaube, dass es da besser  –  und nicht nur für mich einfacher  – gewesen  wäre auch für die Partei, wenn sie zumindest ein paar Mal etwas Zurückhaltung an den Tag gelegt hätten mit einigen der markanten Meinungen, die sie hatten.“

Auf die feststellende Frage von DR, dass Poul Nyrup und Lykketoft sich also nicht hätten äußern sollen, erwidert Helle Thorning-Schmidt: „Sie konnten sich äußern, aber historisch waren sie als ehemalige Parteivorsitzenden weitaus lärmender, als was früheren sozialdemokratischen Staatsministern, geschweige denn Vorsitzenden, geboten worden ist.

Ich kann feststellen, dass das schädlich war für die Sozialdemokratie – und für unsere Möglichkeiten, an der Regierung zu bleiben“, so die Ex-Staatsministerin. Gegenüber Danmarks Radio will sich Mogens Lykketoft diesen Schuh nicht anziehen. Andersrum werde einer   draus: Helle Thorning hätte mehr zuhören sollen, so der markante Sozialdemokrat zu den Thorning-Vorwürfen: „Ich glaube, wenn einige der Ratschläge befolgt worden wären, die ich und andere vergeblich zu vermitteln versuchten, dann wäre es einfacher gewesen, einen Wahlsieg zu erzielen.“

Die Geschichte

Vor dem sozialdemokratischen Parteitag 2014 in Aalborg hatte Lykketoft in einem Buch diverse Entscheidungen der Thorning-Regierung kritisiert. Dabei ging es um das Nein zum reduzierten Kindergeld für Gutverdienende, zum Schwangerschaftsurlaub für Männer  oder um die durchgeführte Senkung der Gewerbesteuer von 25 aus 22 Prozent. Letzteres gehörte zu den umstrittensten Entscheidungen der Regierung überhaupt. Lykketoft wollte diese und viele andere Einwürfe schon damals nicht als Kritik verstanden wissen.

Heute stellt er fest: „Ich war unglaublich  zurückhaltend. Ich sagte sehr, sehr wenig von dem, was besser hätte sein können unter Thornings Führung. Ich sagte einiges intern, aber das war ja auch sehr wenig gefragt.“

Er wolle den Rest seiner Beurteilung  über Thorning als Staatsministerin für seine Erinnerungen aufsparen, so Lykketoft zu DR. Poul Nyrup Rasmussen hatte vor allem eine Breitseite geliefert wegen des  Verkaufs von Energieriese Dong an Goldman Sachs. Das führte zu wilden Protesten und dazu, dass SF letztendlich die Regierung verließ. Thorning bezeichnet die Kritik von Nyrup aktuell als sehr schädlich. Es habe sich ja gezeigt, dass Dong wieder auf die Beine gekommen sei – und das sei auch für die Steuerzahler wichtig. Aber die Kritik sei sehr teuer gewesen für  die Regierung.

Nyrup bleibt hart

Poul Nyurp hielt gestern Vormittag im Radio an seiner Kritik fest. In Sachen Dong müsse weiterhin Klarheit geschaffen werden – wieso man das Unternehmen für ein Drittel des wahren Preises an Goldman Sachs veräußert habe. Das sei eine Katastrophe. Er stimme mit Lykketoft in Sachen Thorning-Regierung überein. Andererseits könne er gut verstehen, dass „Helle über uns irritiert war. Aber letztendlich hatte sie ja die Verantwortung.“

In der Live-Radiosendung auf DR1 bekam Nyrup Schützenhilfe von seiner langjährigen radikalen Weggefährtin Marianne Jelved:  „Es waren ja nicht die Sozialdemokraten, die die Wahl verloren. Sie gewannen drei Mandate hinzu. Es waren die Radikalen und SF, die verloren. Helle Thornings Kritik ist also nicht berechtigt.“

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