Überwachung

Gesetz zur Datenspeicherung: Neues EU-Verfahren droht

Gesetz zur Datenspeicherung: Neues EU-Verfahren droht

Gesetz zur Datenspeicherung: Neues EU-Verfahren droht

Ritzau/Walter Turnowsky
Kopenhagen
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Gespeichert wird unter anderem, mit welchen Mobilmasten ein Handy in Verbindung war. Foto: Niels Christian Vilmann/Ritzau Scanpix

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Am Donnerstag hat das Folketing ein Gesetz verabschiedet, das weiterhin die Speicherung von Telekommunikationsdaten ermöglicht. Es besteht jedoch ein erhebliches Risiko, dass der Europäische Gerichtshof das Gesetz kippen wird.

Die Telefongesellschaften sollen weiterhin registrierten, mit wem eine Person telefoniert oder an wen sie eine SMS geschickt hat. Auch soll die Position, an der sich ein Handy befunden hat, gespeichert werden. Das hat eine Mehrheit des Folketings am Donnerstag beschlossen.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte die bisherigen Regeln zur Vorratsdatenspeicherung als rechtswidrig erklärt. Dem neuen Gesetz könnte es nach Einschätzung des Justizministeriums ähnlich ergehen.

Das EuGH kam 2016 zu dem Ergebnis, dass eine generelle Überwachung sämtlicher Bürgerinnen und Bürger gegen EU-Recht verstößt. Zulässig ist alleine eine Überwachung bei einem konkreten Verdacht und nach richterlichem Beschluss.

Regierungen ignorierten EU-Urteil

Trotz des Urteils haben wechselnde dänische Regierungen die illegale Praxis fortgeführt. Nun hat die Regierung mit Unterstützung von Venstre, den Konservativen, der Dänischen Volkspartei, der Neuen Bürgerlichen und der Christdemokraten das neue Gesetz durchsetzen können, das weiterhin über weite Strecken die bisherige Praxis fortführt.

Das Justizministerium schreibt selbst in den Unterlagen zu dem Antrag, es gäbe ein „erhebliches Prozessrisiko“, dass man ein Verfahren beim EuGH verlieren würde. Laut Ministerium ist es erstmalig, dass ein Gesetz mit so hohem Risiko im Folketing eingebracht wird.

Justizminister kritisiert Gerichtshof

Bei einer Anhörung im Herbst sagte der ehemalige dänische EuGH-Gutachter, Henrik Øe, die Einschätzung des Justizministeriums sei „keine Untertreibung“.

Justizminister Nick Hækkerup (Soz.) hatte im Januar gesagt, das EuGH habe sich mit seinen Entscheidungen auf „die Seite der Verbrecher“ gestellt.

„Da wir nun gezwungen sind, die Regeln zu ändern, war es unser Ziel, zu gewährleisten, dass unsere Behörden die Möglichkeit haben, gespeicherte Daten in so hohem Maß wie möglich nutzen können, da sie in ernsten Fällen wie Mord oder Vergewaltigung wichtige Beweismittel sein können“, sagte Hækkerup laut einer Pressemitteilung, nachdem das Gesetz angenommen wurde.

Bescheidene Änderungen

Die entscheidende Änderung im Vergleich zu den bisherigen Regeln ist, dass die Telegesellschaften jetzt nicht mehr dazu verpflichtet werden können, die Daten generell und undifferenziert zu speichern. Sie dürfen es jedoch tun, und in diesem Fall kann die Polizei im Fall von schwerer Kriminalität mit einem richterlichen Beschluss Zugang zu den Daten bekommen.

Die Polizei kann jedoch bei einem Verdacht auf schwere Kriminalität die Telegesellschaften dazu verpflichten, nicht nur Personen, sondern auch bestimmte Gebiete zu überwachen.

Kritik der Unterstützer

Die Unterstützerparteien der Regierung kritisieren die neuen Regeln scharf.

„Die neuen Regeln ähneln den alten, die das EuGH bereits verworfen hat“, sagt die Justizsprecherin der Sozialistischen Volkspartei, Karina Lorentzen.

Samira Nawa von den Radikalen spricht von einer Fortführung „der umfassendsten Überwachung in der Geschichte Dänemarks“.

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