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Ex-Ausländerministerin droht Haftstrafe – doch DF-Unmut hat andere Gründe

Ex-Ausländerministerin droht Haftstrafe – Unmut bei DF jedoch aus anderen Gründe

Ex-Ausländerministerin droht Haftstrafe

cvt/Ritzau
Kopenhagen
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Warten auf das Urteil: Inger Støjberg wird vorgeworfen, als Ministerin rechtswidrige Anweisungen gegeben zu haben (Archivfoto). Foto: Søren Bidstrup/Ritzau Scanpix

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Inger Støjberg sollte den Vorsitz der Dänischen Volkspartei unter Beifall und großem Jubel übernehmen. Doch es wird Skepsis an der Basis laut. Am Montag entscheidet zudem das Gericht, ob sie hinter Gitter muss.

Als Inger Støjberg im September auf dem Parteitag der Dänischen Volkspartei in Herning eintraf, gab es lang anhaltenden Applaus und spontanen Jubel. Auf der Bühne wurde der ehemaligen Venstre-Vizevorsitzenden und jetzigen fraktionslosen Abgeordneten zugesichert, dass die Tür in die Partei für sie weit offen stehe.

Als der Parteivorsitzende Kristian Thulesen Dahl dann im November nach einer erneuten Wahlschlappe bei den Kommunal- und Regionsratswahlen seinen Rücktritt ankündigte, fielen alle Blicke auf die Frau, die früher als Venstre-Ministerin internationale Schlagzeilen wegen ihrer Maßnahmen in der Einwanderungsbekämpfung gemacht hatte.

DF-Basis fragt sich, ob Støjberg zu liberal ist

Obwohl sie selbst sich nicht äußerte, waren die Weichen für eine unangefochtene Krönung gestellt, sollte sie dies wünschen. Doch nun werden erste kritisches Stimmen laut. Stimmen, die daran zweifeln, dass die ehemalige Rechtsliberale überhaupt zu DF passt.

Was fast schon wie eine Krönung von Inger Støjberg aussah, ist jetzt viel komplizierter geworden.

Noa Redington

Einige prominente Vertreterinnen und Vertreter der Parteibasis der Dänischen Volkspartei schreiben in einem Leserbrief in „Avisen Danmark“, dass Støjberg sich der Politik der Partei anpassen müsse – und nicht umgekehrt.

Die Unterzeichner, zu denen auch der Vorsitzende der DF-Jugend Tobias Weische und der Bornholmer Rene Danielsson gehören, weisen darauf hin, dass ihnen unklar ist, wie Støjberg als langjähriges Mitglied von Venstre zur EU-Politik und zum Sozialstaat steht.

„Es ist klar, dass nicht alle in der Dänischen Volkspartei es für eine gute Idee halten, dass sie von außen kommt und Vorsitzende wird. Und dass es die Partei in kein gutes Licht stellt, wenn man keinen Vorsitzenden aus den eigenen Reihen bekommen kann“, sagt der politische Kommentator Noa Redington und fährt fort: „Was fast schon wie eine Krönung von Inger Støjberg aussah, ist jetzt viel komplizierter geworden.“

Unterstützung ungeachtet einer möglichen Verurteilung

Der Brief hat die Dänische Volkspartei am Sonntag auf den Plan gerufen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Partei, Hans Kristian Skibby, schrieb auf Facebook, dass Støjberg seine Unterstützung hat, egal ob sie am Montag ein Urteil bekommt oder nicht.

Der damaligen Ministerin für Ausländer und Integration wird vorgeworfen, 2016 gesetzeswidrig ein System eingeführt zu haben, bei dem Asylpaare, wo mindestens einer der Partner minderjährig war, voneinander getrennt wurden.

Am Montag um 13 Uhr soll der Präsident des Obersten Gerichtshofs (Reichsgericht), Thomas Rørdam, das Urteil verlesen. Die Staatsanwaltschaft will, dass Støjberg zu vier Monaten Gefängnis verurteilt wird, während Støjberg selbst freigesprochen werden will.

In der Dänischen Volkspartei herrscht die Auffassung vor, dass das Urteil unerheblich für Støjbergs Eignung als Vorsitzende ist. Die DF-Sozialsprecherin Karina Adsbøl zum Beispiel schreibt, dass Inger Støjberg „ihre volle Unterstützung“ hat.

Morten Messerschmidt (Archivfoto) Foto: Philip Davali/Ritzau Scanpix

Messerschmidt will Støjberg den Vortritt lassen

Momentan ist der offensichtliche Nachfolger von Kristian Thulesen Dahl Morten Messerschmidt. Der Politiker, der anders als Støjberg bereits verurteilt ist (er wurde wegen der Veruntreuung von europäischen Steuergeldern zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt, ging in Berufung), hat seine Kandidatur bereits erklärt, hat 300 Unterstützerinnen und Unterstützer und ein Programm. 

Am Sonntag teilte er dennoch erneut mit, dass er seine Kandidatur zurückziehen würde, wenn Inger Støjberg sich zur Wahl stellt.

Auf die direkte Frage, ob es zu Neuwahlen kommen könnte, wenn Inger Støjberg in zentralen Fragen von der DF-Politik abweicht, sagt er: „Ich hoffe wirklich, dass das nicht der Fall sein wird. Ich hoffe, wir sind uns alle einig, dass es hier nicht um Menschen geht, sondern um die Dänische Volkspartei.“

Noa Redington glaubt, dass Morten Messerschmidts Ankündigung ein Versuch ist, sich eine prominente Rolle zu sichern, sollte Støjberg auf dem außerordentlichen Parteitag am 23. Januar kandidieren. „Sie sollte wissen, dass es einen Preis hat, wenn sie kandidiert. Und zwar eine große Rolle für Messerschmidt und sein Projekt.“

 

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