Dänische Kommentare zur Bundestagswahl

Drehpunkte Merkel und Deutschland

Drehpunkte Merkel und Deutschland

Drehpunkte Merkel und Deutschland

Peter Lassen
Peter Lassen Hauptredaktion
Kopenhagen/Apenrade
Zuletzt aktualisiert um:
Foto: Scanpix

Die Kommentare aus Dänemark zur Bundestagswahl sind unterschiedlich. Ein Ergebnis, das wirtschaftliche Stabilität bringt, meint zum Beispiel der dänische Wirtschaftsverband DI. Der ehemalige Außenminister Uffe Ellemann-Jensen (Venstre) spricht hingegen von einer Schwächung Deutschlands.

Der dänische Staatsminister Lars Løkke Rasmussen (Venstre) freut sich, dass Venstres Schwesterpartei, die FDP, wieder in den Bundestag gekommen ist – und darüber, dass Angela Merkel Kanzlerin bleibt. Eine auf Freihandel und Marktwirtschaft ausgerichtete Regierung mit dem Kern CDU/FDP sei auch von großer Bedeutung für die dänische Wirtschaft und Beschäftigung. Deutschland sei ein unglaublich wichtiger (Handels-)Partner für Dänemark und politisch der natürliche Drehpunkt in Europa. Diese Rolle könne speziell nach dem Brexit nicht überbewertet werden. Er hoffe, dass eine neue Periode mit Merkel als Kanzlerin  zu Fokus und Stabilität in Europa beitragen wird.

Dänemarks Außenminister Anders Samuelsen (Liberale Allianz) bezeichnet das Wahlergebnis „im Grunde gut“: „Es ist weiterhin eine im Grunde bürgerliche und liberale Führung – und darüber freue ich mich. Die kann sicherstellen, dass die deutsche Wirtschaft stark ist und dass Deutschland eine vernünftige Steuer- und Wirtschaftspolitik führt. Das ist wichtig für dänische Unternehmen, denn Deutschland ist unser größter Markt.“ Der EU-politische Sprecher der  Dänischen Volkspartei, Kenneth K. Berth, schreibt auf Twitter: „Glückwunsch Deutschland zum tollen Wahlergebnis der AfD. Peinliche Reaktionen von Martin Schulz.“ Rasmus Nordqvist, EU-politischer Sprecher der Alternative, schreibt auf Twitter: „Alte oder neue (Parteien, Red.), schlimm, dass die AfD so viel Zustimmung hat“.

Der Chefökonom der Danske Bank, Las Olsen stellt fest, dass der Aufschwung in der deutschen Wirtschaft trotz des  Wahlergebnisses anhalten wird: „Es ist also weitgehend business as usual – und das ist gut. Denn es ist sehr selten, dass es in Dänemark gut läuft, wenn es dies in Deutschland nicht tut.  Das ist klar unser wichtigster Markt.“

Las Olesen denkt, dass erst die nächste Bundestagswahl so richtig spannend werden wird mit allen Herausforderungen, die warten. Auch der Direktor des Wirtschaftsverbandes DI (Dansk Industri), Thomas Bustrup, bewertet das deutsche Wahlergebnis positiv: „Mit kleinen Nuancen ist das  eine Wahl, die Stabilität bringt. Das ist gut für die dänische Wirtschaft. Es gibt zwei Fronten: die europäische, wo wir unglaublich von einer stabilen Zusammenarbeit abhängig sind. Dafür ist Merkel wie kein anderer ein Garant gewesen. Und dann ist da der Export nach Deutschland – auch hier muss man davon ausgehen, dass die von Merkel gelieferte Stabilität anhalten wird.“

Schwer für Merkel

Der frühere dänische Außenminister Uffe Ellemann-Jensen (Venstre) analysiert in Berlingske, dass es schwer werde für Merkel, Deutschland zu steuern – um gar nicht von der EU zu reden. Egal, welche Regierung gebildet werde, es sei eine Schwächung Deutschlands auf der internationalen Bühne. Das sei schlecht für alle: „In Dänemark können wir nur die Daumen drücken, dass Merkel trotz Müdigkeit und Enttäuschung  in der Lage sein wird, noch einmal das Bestmögliche aus einer unmöglichen Situation herauszuholen.“

Berlingske meint, dass das Wahlergebnis wegen innerer Spannung zwischen Grünen und FDP zu einer unstabilen Regierung führen könnte: „Und deutsche Stabilität ist das Wichtigste – aus dänischer Sicht.“ Jyllands-Posten kommentiert unter der Überschrift „Deutsches Erdbeben“: „Angela Merkel kann weitermachen als Kanzlerin. Das ist gut für Deutschland, Europa und Dänemark. Aber die deutsche Politik befindet sich im Aufbruch und muss neue Antworten geben auf einen historischen Aufbruch. Das wichtigste Ergebnis  ist aber, dass das Phänomen Merkel weitermachen kann. In unsicheren globalen Zeiten werden Glaubwürdigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Stabilität in Deutschland Gott sei Dank weiterhin  groß geschrieben. Das  liegt im Interesse aller.“

Politiken schreibt, dass die Bundestagswahl den Populismus zurückbrachte in die Mitte der europäischen Politik – „und das in dem Land, dessen Wähler  EU-weit dafür bekannt sind, sich am meisten gen Mitte zu orientieren.“

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