Außenpolitik

Dänemarks liberaler Außenminister

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Kopenhagen
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Anders Samuelsen
Dänemarks Außenminister Anders Samuelsen: "Es war das erste Mal in sehr, sehr vielen Jahren, dass ein dänischer Außenminister sich gegen einen amerikanischen Präsidenten gewandt hat." Foto: Scanpix

Anders Samuelsen (Liberale Allianz) reist im dänischen Interesse um die Welt und führt nebenbei seine Partei übers Internet. Im Gegensatz zum Regierungschef kritisiert er die Politik Donald Trumps deutlich – weil sie den Werten seiner Partei zutiefst widerspricht.

Anders Samuelsen (Liberale Allianz) reist im dänischen Interesse um die Welt und führt nebenbei seine Partei übers Internet. Im Gegensatz zum Regierungschef kritisiert er die Politik Donald Trumps deutlich – weil sie den Werten seiner Partei zutiefst widerspricht.

Mörsergeschosse und schwere Artillerie krachen wie ein fernes Gewitter in anderthalb Kilometern Entfernung nieder. Dänemarks Außenminister Anders Samuelsen sitzt seinem ukrainischen Kollegen gegenüber und hört konzentriert zu, was dieser zum bewaffneten Konflikt mit dem großen Nachbarn Russland zu sagen hat.

Danach geht es weiter, in gepanzerten Fahrzeugen zu einer Pressekonferenz mit ukrainischen Journalisten, dann im ukrainischen Militärhubschrauber zu einem Militärmuseum und in ein Krankenhaus, in dem verwundete Soldaten behandelt werden.

Die ganze Zeit über ist Samuelsen umringt von dänischen Offiziellen, die ihm zwischen den Terminen über dänische Angelegenheiten unterrichten, Papiere vorlegen. Noch ist der Arbeitstag erst zur Hälfte um.

Zwei Monate nach Amtsantritt sieht der Vorsitzende der jüngsten Folketingspartei Liberale Allianz, aller Hektik zum Trotz, keinen Anlass, den Parteivorsitz abzugeben. "Es geht von morgens um acht bis um Mitternacht, so ziemlich jeden Tag", sagt er, als ein Ritzau-Journalist ihn auf dem Rückflug aus der Ukraine interviewt.

ZUR PERSON

Anders Samuelsen wurde 1967 im jütländischen Horsens geboren. Von 2004 bis 2007 saß er für die Radikale Venstre im Europaparlament. Seit 2009 ist er Vorsitzender der Liberalen Allianz, seit dem 28. November 2016 dänischer Außenminister. Sowohl für die Liberale Allianz, deren Vorgängerpartei Neue Allianz als auch für die Radikale Venstre war er Folketingsabgeordneter.
1993 beendete er sein Studium der Politikwissenschaften in Aarhus als Magister und arbeitete anschließend fünf Jahre als Berater der Castberggård Højskole. Er ist der Verfasser zahlreicher politischer Bücher.

Wertepolitisch klare Kante im Umgang mit Donald Trump

Das Einreiseverbot, das der neue US-Präsident Donald Trump kürzlich per Dekret erließ, und das inzwischen von einem Bundesrichter für nichtig erklärt wurde, hat zuletzt besonders viel Aufmerksamkeit erregt. Und Samuelsen nutzte dies, um seine Standpunkte gleich klarzustellen. Es sei ein unfaires Dekret, sagte er, Menschen sollten individuell beurteilt werden, nicht wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe.

Diese Abstandnahme von Trumps Einreiseverbot sei ein Beispiel dafür, woran die Wähler der Liberalen Allianz merken könnten, dass nun ihr Mann am Ruder im Außenministerium stehe.
"Es war das erste Mal in sehr, sehr vielen Jahren, dass ein dänischer Außenminister sich gegen einen amerikanischen Präsidenten gewandt hat", sagt Samuelsen. "Die Äußerungen Trumps liegen wertepolitisch weit, weit weg von dem, wofür die Regierung steht und davon, wofür die Liberale Allianz steht", fährt er fort.

"Hier zeigen wir, dass wir die Werte, die die Partei in der innenpolitischen Agenda nach vorne gebracht haben, auch ins Außenministerium tragen."

Chance für die Partei, anders wahrgenommen zu werden

Samuelsen sieht die große Chance, dass die nicht selten als reine Spitzensteuersenkungspartei betrachtete Liberale Allianz sich auf anderen Gebieten profilieren kann. Schließlich, meint der Parteichef, werde die Außenpolitik in der nächsten Zukunft die Debatten bestimmen. Seine vielen Auslandsreisen werden deshalb keineswegs dafür sorgen, dass er in Dänemark weniger sichtbar werde. Im Gegenteil: "Wir leben in einem Zeitalter, wo das Internet eine große Hilfe ist. Vieles kann ich auch in den kleinen Pausen regeln. Und mit Simon Emil Ammitzbøll habe ich eine starke rechte Hand."

Samuelsens Parteifreund Ammitzbøll ist seit zwei Monaten Ökonomie- und Innenminister, Fraktionsvorsitzender und -sprecher der Liberalen Allianz. Er gilt wie Samuelsen selbst als Verfechter der Freiheitsrechte gesellschaftlicher Minderheiten – und zugleich wirtschaftspolitisch als neoliberaler Hardliner. Wie Samuelsen war er lange Mitglied der sozialliberalen Radikale Venstre.

Nicht nur ideologisch – auch aus anderen Gründen will Samuelsen keine Parallelen zu Ex-Außenminister Villy Søvndal ziehen, der seinerzeit den Parteivorsitz bei den Volkssozialisten abgab, um sich voll auf das Amt als Außenminister konzentrieren zu können. "Søvndal hatte die 60 bereits überschritte, als er sich als Parteiführer zurückzog. Da sind bei mir noch zehn Jahre Zeit", sagt Samuelsen.

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