Leitartikel

„Nicht impfen ist wie Fußball ohne Torwart“

Nicht impfen ist wie Fußball ohne Torwart

Nicht impfen ist wie Fußball ohne Torwart

Apenrade/Aabenraa
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In Dänemark ist die Impfbereitschaft hoch. Doch je länger die Letzten zögern, desto länger müssen alle leiden, meint Cornelius von Tiedemann – und listet noch einmal eine Reihe von Fakten auf, die für die Impfung gegen Covid-19 sprechen.

In Dänemark wird es voraussichtlich keine Impfpflicht gegen Covid-19 geben. Ob das nun ein Sieg für die Freiheit ist, sei dahingestellt. In erster Linie ist es ein Zugeständnis an diejenigen, die sich unreif verhalten und Meinung und Eigensinn über Wissen und Vernunft stellen.

Gesamtgesellschaftlich lassen wir zu, was viele von denen, die sich aus welchen Gründen auch immer nicht impfen lassen, zum Beispiel ihren eigenen Kindern niemals durchgehen lassen würden. 

Wenn die sagen würden, sie schnallen sich nicht an, weil das ihre persönliche Freiheit einschränke und ein unzulässiger Eingriff in ihre Persönlichkeitsrechte sei, würden diese Eltern doch nicht ernsthaft mit ungesicherten Kindern auf die Autobahn fahren – oder?

In der Corona-Frage aber wird ewig diskutiert, ohne dass sich an den Argumenten irgendetwas ändert. Mit ihrer strengen Ermahnung neulich hat Regierungschefin Mette Frederiksen immerhin einige Tausend dazu gebracht, sich aus ihrer Trotzhaltung, an die sie vielleicht schon selbst nicht mehr wirklich geglaubt haben, zu lösen.

Doch einige, zu viele, auch in Dänemark, meinen noch immer, dass es sich bei Corona um eine Verschwörung handelt, dass es gefährlicher sei, sich impfen zu lassen als die Krankheit zu durchlaufen, oder dass sie das Ganze werden aussitzen können.

Journalistinnen und Journalisten und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit widerlegen seit Beginn der Pandemie diese Mythen mit Fakten. Es gibt kaum noch ungeklärte Fragen in Sachen Corona und Impfschutz. Wir wissen, was wie hilft – und was der Grund dafür ist, dass die Krankheit weiter grassiert und Menschenleben fordert: Der Umstand, dass sich ein beträchtlicher Teil der Menschen nicht impfen lässt.

Doch das rechtfertige keinen Impfzwang, sagen viele. Und vielleicht haben sie recht.

Was wir aber festhalten müssen: Die Ausnahmesituation wird sich noch lange hinziehen, wenn nicht endlich auch der Letzte versteht, dass es unsolidarisch und ein Spiel mit Leben und Tod ist, sich nicht zu impfen.  

An dieser Stelle denkt sicherlich so manche und so mancher: Jetzt spaltet er aber die Gesellschaft!

Nein. Die ist schon längst gespalten.

In die überwiegende Mehrheit, die vernünftig handelt und sich selbst und andere schützen will und dafür auch mögliche Ängste vor einer Impfung überwindet. Und den anderen, deutlich kleineren Teil, der mit seiner Trotzhaltung dafür sorgt, dass Menschen sterben und die Gesellschaft immer wieder heruntergefahren wird.

Die dafür sorgen, dass soziale Kontakte immer wieder eingeschränkt werden, und dass das Leben insbesondere für viele psychisch und sozial herausgeforderte Menschen wieder unerträglicher wird.

Dass sich freiwillig alle Menschen in Dänemark impfen lassen, ist kaum zu erwarten. Doch selbst, wenn sich zehn von elf impfen lassen würden, was nicht unrealistisch ist, wäre das wie ein Fußballspiel mit zehn statt elf Spielerinnen oder Spielern. Und ausgerechnet die Torwart-Position würde unbesetzt bleiben.

Also nochmal für alle. Fakt ist, dass:

  • Geimpfte deutlich seltener an Corona erkranken.
  • Geimpfte dadurch das Virus deutlich weniger verbreiten.
  • Geimpfte somit das stark belastete Gesundheitssystem deutlich entlasten.
  • Geimpfte Ältere und Schwerkranke höhere Überlebenschancen und alle Geimpften gute Chancen auf einen milden Krankheitsverlauf haben.
  • Geimpfte Personen Ältere und Schwerkranke somit schützen.
  • Wer sich nicht impft, auch Geimpfte oder Kinder, die noch nicht geimpft sind, anstecken kann, die dann wiederum andere infizieren können.
  • Die Krankenhäuser voll mit Corona-Patientinnen und -Patienten sind, was dafür sorgt, dass manche anderen dringenden Behandlungen verschoben werden müssen.
  • Die Krankenhäuser sich ohne die Impfstoffe vor Corona-Patienten gar nicht würden retten können.
  • Man auch mit Impfung ins Krankenhaus kommen kann, aber, wie die deutsche Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Mhuyen-Kim kürzlich so schön verglich: Zu behaupten, die Impfungen würden nichts bringen, weil auch Menschen mit Impfung im Krankenhaus liegen, sei, wie zu behaupten, „Torwarte bringen nichts, denn bei 99 Prozent der Tore war ein Torwart da“.

Fakt ist außerdem, dass:

  • Die Impfungen das Immunsystem nicht belasten.
  • Die Impfungen nicht unfruchtbar machen.
  • Die Impfungen sicher sind und es in der Geschichte der Menschheit noch keine Impfstoffe gab, die in kurzer Zeit so häufig verabreicht und wissenschaftlich so gut dokumentiert waren, wie die gegen Covid-19.
  • Es keine Nebenwirkungen durch Impfungen gibt, die erst viel später auftreten.
  • Selbst äußerst seltene Nebenwirkungen entdeckt werden und darauf reagiert wird.

Und noch etwas: Der für Covid-19 verantwortliche SARS-CoV-2-Virus wird auch durch Impfen nicht ausgerottet. Das heißt: Wir können Corona nicht aussitzen!

Jeder von uns wird dem Virus früher oder später ausgesetzt werden. Die Frage ist dann, ob wir durch eine Impfung geschützt sind – oder ob wir uns der Infektion ungeschützt aussetzen und nicht nur unsere eigene Gesundheit, sondern auch die anderer damit gefährden.

Ja, irgendwann wird Corona wie die ganz normale Grippe sein, mit der Impfgegner sie so gerne vergleichen. Bis dahin müssen wir aber unser Immunsystem darauf vorbereiten. Wenn alle das tun, gibt es eine Grundimmunität – und Corona wird deutlich harmloser.

Sollte es der Politik und uns allen gelingen, doch noch alle Menschen mit Fakten und sanftem Druck (Corona-Pass) davon zu überzeugen, für das Team „Gemeinsam gegen Corona“ als elfter Mann oder elfte Frau aufzulaufen?

Es sieht leider so aus, als müssten weiterhin Alte und Schwache – und so manche der Impfverweigernden selbst – mit dem Leben bezahlen, bis es endlich so weit ist.

 

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