Diese Woche in Kopenhagen

„Ein Prost auf die Inflation“

Ein Prost auf die Inflation

Ein Prost auf die Inflation

Kopenhagen
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Was hat Fernet Branca mit dem Haushaltsentwurf der Regierung zu tun? Und was mit dem Klima? Und was trinkt Kopenhagen-Korrespondent Walter Turnowsky selbst am liebsten? Das erfährst du alles in dieser Woche in seiner Kolumne.

Während die drei Minister Nicolai Wammen (Soz.), Troels Lund Poulsen (Venstre) und Jakob Engel-Schmidt (Moderaten) am Donnerstag ihren Haushaltsentwurf präsentierten, fiel mir ein Happening ein, das zwei Kollegen von „Ekstrabladet“ vor ein paar Jahren in einem Podcast machten (bei so einer eineinhalbstündigen Haushaltsentwurfspräsentation inklusive Fragen können die Gedanken schon mal auf Wanderschaft gehen).

Während die beiden eine parlamentarische Anfrage an die Staatsministerin über die Minkaffäre verfolgten, hatten sie vereinbart, dass sie jedes Mal, wenn Mette das Wort „redegørelse“ (Darstellung) verwendete, einen Fernet Branca trinken würden. Der Podcast war gegen Ende hin recht heiter.

Die Sache mit der Inflation

Bei der Pressekonferenz zum Haushalt gab es keinen Fernet Branca, und das war wohl gut so. Die Berichterstattung wäre ansonsten etwas zu heiter geraten, hätten wir jedes Mal, wenn einer der Minister das Wort „Inflation“ in den Mund nahm, einen Kurzen gekippt. Wahrscheinlich hätten wir kaum noch die Tastatur getroffen.

Bitte verstehe mich nicht falsch: Die steigenden Preise sind für viele Familien eine bedeutende Belastung. Das will ich überhaupt nicht infrage stellen. Doch ich denke, wir hatten den Ernst der (Haushalts-)Lage spätestens nach der ersten Flasche Fernet bereits durchschaut.

Der Deckel der Schatztruhe

Es ist nicht so, dass kein Geld da ist: Die Staatsfinanzen sind kerngesund. Aber Wammen möchte nicht zu viel davon ausgeben, und das will er nicht wegen – prost – der Inflation. Pumpt der Staat mehr Geld in die Gesellschaft – sei es in Form von Mehrausgaben oder in Form von Steuererleichterungen – so würde er diese weiter anheizen.

Es ist also durchaus vernünftig, dass der Finanzminister sich auf den Deckel seiner Schatztruhe gesetzt hat und auch gedenkt, während der Verhandlungen, die bereits am Freitag begonnen haben, weitgehend dort sitzenzubleiben. Daher geht es bei den Verhandlungen auch nur um Kleingeld, nämlich 200 Millionen Kronen.

Verhandlungen um viel Fernet Branca

In deinem und meinem Haushalt wäre das natürlich nicht gerade Kleingeld – man könnte sich zum Beispiel 1,4 Millionen Flaschen Fernet Branca dafür kaufen –, aber wenn man Finanzminister ist, bekommt man noch nicht einmal ein Inflationshilfspaket dafür. Das Paket, das das Folketing im Februar beschlossen hat, kostet 2,4 Milliarden – also mehr als das zehnfache von der Verhandlungsmasse.

Das ist auch, neben Wammens Hintern auf der Schatztruhe, der Grund, weshalb die Masse diesmal besonders niedrig ist. Denn außer dem Hilfspaket sind auch Gelder für die Ukraine und für das Gesundheitswesen bereits vereinbart und damit Teil des Haushaltsentwurfs.

Kaum Klima

Hätte man sich beim Durchlesen der Zusammenfassung des Haushalts statt bei „Inflation“ bei „Klimakrise“ einen eingeschenkt, wäre man nach dem Durchblättern des Hefts vollkommen nüchtern, wenn nicht gar ernüchtert, gewesen. Daraufhin angesprochen meinte Wammen, es muss wohl vergessen worden sein. Die Regierung würde die Klimakrise sehr ernst nehmen, ja es sei wohl die derzeit ernsteste Krise. Das stände auch im Regierungsprogramm. Außerdem hätte er sie mindestens zehn Mal während der Pressekonferenz erwähnt.

Ich will nicht behaupten, dass ich nach zehn Fernets noch einen vernünftigen Artikel zustande bringen würde, aber meine Tastatur könnte ich schon finden. Außerdem trinke ich ohnehin lieber Gammel Dansk.

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