Diese Woche in Kopenhagen

„Probleme einer Einzelherrscherin“

Probleme einer Einzelherrscherin

Probleme einer Einzelherrscherin

Kopenhagen
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Die Popularität der Staatsministerin hat ihren Zenit überschritten. Dies bietet der Opposition eine Chance, ist aber ein Problem beim Kampf gegen Corona, meint Walter Turnowsky.

Noch hält die Staatsministerin das Zepter ziemlich sicher in ihrer Hand.

Die Zeit als Mette Frederiksen (Soz.) unangefochten als Corona-Bezwingerin dastand, ist jedoch vorbei. Und auch wenn die Umfragewerte für die Sozialdemokraten immer noch über dem Wahlergebnis liegen, gehören die Traumwerte des Frühlings und Sommers nun der Vergangenheit an.

Laut Voxmeter am Montag würden die Sozialdemokraten bei 29,7 Prozent landen, Megafon sah sie vergangene Woche sogar nur bei 27,9 Prozent. Im Sommer und Frühling hatten sie mehrfach die 35 Prozent-Marke übersprungen. Was Frederiksen noch größere Sorgen machen sollte: Die Wähler wandern über die Mitte hinweg. Der Abstand zwischen den Blöcken ist bei Voxmeter auf knapp sieben Prozent geschrumpft, bei Megafon liegen sie sogar gleichauf.

Während im Frühling die Staatsministerträume des Venstre-Vorsitzenden Jakob Ellemann-Jensen noch als utopisch abgetan werden konnten, sind sie nun recht plötzlich in greifbare Nähe gerückt. Dies ist bestenfalls in zweiter Instanz sein eigener Verdienst; er sollte sich bei „Mor Mette“ dafür bedanken.

Was am Anfang der Corona-Pandemie die Stärke Frederiksens ausmachte, gerät ihr nun zunehmend zur Achillesferse. Im Frühling wurde ihr entschiedenes Eingreifen gelobt. Jetzt heißt es, sie handele eigenmächtig und undurchsichtig. Diese Kritik wurde seitens der bürgerlichen Parteien bereits im Mai geäußert, doch nun stößt sie offensichtlich in der Bevölkerung zunehmend auf Resonanz.

Wo andere Länder mit Corona-Ampeln und ähnlichen Maßnahmen versuchen, Transparenz und ein Maß an Planbarkeit zu schaffen, verkündet die dänische Regierung immer noch ihre neuen Maßnahmen sehr kurzfristig. Warum bestimmte Maßnahmen an einem gegebenen Zeitpunkt den besten Effekt erzielen können, wird bestenfalls sparsam begründet. Die Opposition wird nicht vorher einbezogen, und sieht somit auch keinen Grund die Maßnahmen zu verteidigen.

Die Verhandlungen um die neuen Hilfspakete hat diese Situation ein weiteres Mal verdeutlicht. Zwar gelang es der Regierung in der Nacht zum Mittwoch, sich ein weiteres Mal breite Unterstützung, auch von Venstre, zu sichern. Doch waren die Unterschriften unter der Absprache kaum trocken, bevor eine kritische Pressemitteilung von Venstre in der Mailbox der Journalisten landete. Die Regierung habe die Zeit im Sommer mit unnützen beziehungsweise schädlichen Initiativen vertan, statt das Land auf die zweite Infektionswelle vorzubereiten. Dies sei unverantwortlich.

So sprechen Partner einer Absprache üblicherweise nicht voneinander.

Ein weiterer Aspekt bei Frederiksens Kommunikation rächt sich nun zunehmend. Als die Corona-Zahlen erfreulich schnell im Lauf der ersten Welle gesunken sind, sprach sie oft und gerne davon, wie gut, wenn nicht überhaupt am besten, Dänemark die Pandemie meistern würde. Den Grund dafür hat sie dann auch gleich nachgeliefert, es lag am resoluten Eingreifen der Regierung. Das vernünftige Agieren der Bevölkerung wurde bestenfalls in einem Nebensatz erwähnt.

Wenn man nur allzu gerne Erfolge als die eigenen feiert, dann steht man sehr schnell alleine da, wenn es nicht mehr so gut läuft. Zwar sieht es in Dänemark immer noch besser aus, als in so manchen europäischen Ländern. Doch die Corona-Zahlen steigen doch sehr deutlich, was die Strategie von Frederiksen in den Augen der Bevölkerung infrage stellt. Die Unterstützung für Frederiksen kann durchaus noch geringer werden: Die oben erwähnten Umfragen sind nämlich weitgehend vor dem besonders starken Anstieg der Infektionszahlen Ende vergangener Woche durchgeführt worden.

Das sinkende Vertrauen kann jedoch noch wesentlich ernstere Folgen haben als Schwankungen in den Umfragen. Wenn die Bevölkerung anfängt, die Richtlinien und Maßnahmen ernsthaft anzuzweifeln, wird das Auswirkungen auf den Einsatz gegen die zweite Infektionswelle haben. In Dänemark hat man zwar großes Vertrauen in die Behörden, aber Regeln befolgt die Bevölkerung vor allem dann, wenn sie diese als sinnvoll erachtet. Dies gilt an der Westküste ebenso wie in der Großstadt.

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