Diese Woche in Kopenhagen

„Mütter der Demokratie“

Mütter der Demokratie

Mütter der Demokratie

Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Das Folketing hat ein Gemälde, das 30 Frauen von Bedeutung für die Entwicklung der Demokratie darstellt, in Auftrag gegeben. Walter Turnowsky stellt einige von ihnen vor.

Wenn prominente ausländische Gäste das Folketing besuchen, werden sie häufig im Konversationszimmer (Samtaleværelset) auf Christiansborg empfangen. An der einen Wand begegnet ihnen ein Gemälde mit 30 ernst dreinblickenden Herren.

Die Herren bereiten die Grundgesetzänderung von 1915 vor. Die wohl wichtigste Errungenschaft der Änderung war, dass auch Frauen nun das Wahlrecht erhielten.

Daher ist es mehr als passend, dass zukünftig eine entsprechende Anzahl von Frauen den Herren Gesellschaft leisten wird.

Gegenüber dem Gemälde von Herman Vedel soll eines in derselben Größe hängen, das 30 Frauen von Bedeutung für die dänische Demokratie abbildet. Nachdem das Präsidium des Folketings die Namen der 30 Frauen veröffentlicht hat, gab es natürlich Diskussionen darüber, ob die richtigen gewählt worden sind.

Herman Vedels Gemälde auf Christiansborg Foto: Jacob Aban Kjerumgaard/Ritzau Scanpix

Damit werde ich mich nicht befassen, sondern einfach eine Handvoll von ihnen kurz vorstellen:

Elna Munch

Die Politikerin von Radikale Venstre war eine der ersten vier Frauen, die 1918 in das Folketing gewählt worden. Es war nicht zuletzt ihr eigener Einsatz, der dies überhaupt ermöglichte. Elna Munch hat nämlich für das Wahlrecht für Frauen gestritten.

Elna Munch war Anfang des vergangenen Jahrhunderts Vorstandsmitglied im Studentersamfundet, einer Brutstätte für neue und radikale politische Gedanken.

1904 war sie an der Gründung von Politisk Kvindeforening beteiligt.

Munch war die treibende Kraft bei einer landesweiten Agitation, und so entstand 1907 Landsforbundet for Kvinders Valgret. Bereits 1910 hatte die Dachorganisation 156 Lokalverbände mit insgesamt 11.000 Mitgliedern. Als sie 1915 ihr Ziel erreichte, löste sich die Organisation auf.

Nina Bang

Die Sozialdemokratin war ebenfalls 1918 unter den ersten vier Parlamentarierinnen. 1924 wurde sie die erste demokratisch gewählte Ministerin des Landes. Erstmalig übernahmen die Sozialdemokraten die Regierungsmacht, und Nina Bang bekam das Unterrichtsressort. Sie war überzeugte Marxistin und hielt den Klassenkampf für wichtiger als die Gleichstellung.

Aufgewachsen war sie als eines von neun Kindern in einer bescheidenen Mittelstandsfamilie mit eher konservativen Ansichten. Die Eltern waren deutsche Einwanderer.

In ihren ersten Jahren im Folketing setzte sie sich vor allem für die Belange von Arbeiterfrauen ein und prägte die Frauenpolitik ihrer Partei. Sie distanzierte sich jedoch von bürgerlich gesinnten Feministinnen.

Mathilde Hauschultz

Die Politikerin der Konservativen war ebenfalls Folketingsmitglied der ersten Generation. Sie war Juristin und unter den ersten Anwältinnen des Landes. Ihre Partei, die bis 1915 Højre hieß, hatte sich bis 1915 gegen das Frauenwahlrecht gestemmt. Jetzt musste nicht nur ein neuer Name her, sondern auch inhaltlich war die Partei genötigt, sich den neuen Zeiten anzupassen. Hauschultz war Mitglied des Ausschusses, der das neue Parteiprogramm überarbeitete. Nachdem das 1916 geschehen war, wurde sie als begabte Rednerin im ganzen Land bekannt. Die Juristin setzte sich im Folketing unter anderem für die rechtliche Stellung von Frauen und Kindern ein. Das Ehegesetz wurde auf ihr Betreiben hin überarbeitet.

Helga Pedersen

1950 schlug Venstre-Staatsminister Erik Eriksen der damals parteilosen Juristin Helga Pedersen vor, das Amt als Justizministerin zu übernehmen. Sie war zu diesem Zeitpunkt Richterin beim Kopenhagener Stadtgericht. Zunächst gab es verbreitete Skepsis, ob sie des Amtes mächtig sei. Doch Helga Pedersen überzeugte durch ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihre Prinzipientreue. Nicht zuletzt der Umgang mit der rechtlichen Aufarbeitung der Zeit der deutschen Besatzung brachte ihr Respekt ein. Sie hatte vor Amtsantritt die Bedingung gestellt, dass sie die Begnadigung sämtlicher zum Tode verurteilten Personen erwirken durfte.

1953 wurde sie für Venstre ins Folketing gewählt, verlor jedoch kurze Zeit später den Ministerposten, als die bürgerliche Regierung gekippt wurde. 1964 wurde sie die zweite Frau, die zur Richterin beim Obersten Gericht ernannt wurde.

Helle Thorning-Schmidt

Die sozialdemokratische Politikerin wurde 2011 die erste Staatsministerin des Landes. 2005 hatte sie sich knapp gegen Frank Jensen als Vorsitzende der Partei durchgesetzt, und wurde damit auch die erste Frau auf diesem Posten.

Sie bildete eine Koalition mit der Sozialistischen Volkspartei (SF) und Radikale Venstre. Doch die Regierungszusammenarbeit war von Anfang an von großen internen Spannungen geplagt. Vor allem in der Wirtschaftspolitik lagen die Radikalen und SF weit auseinander. 2014 verließ SF die Koalition. 2015 verlor Helle Thorning-Schmidt die Wahlen, und Lars Løkke-Rasmussen (Venstre) übernahm erneut den Staatsministerposten.

Quellen: Dansk Kvindebiografisk Leksikon, Arbejdermuseet

Mehr lesen