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„Maulkorb wegen Pakistan-Äußerungen?“

Maulkorb wegen Pakistan-Äußerungen?

Maulkorb wegen Pakistan-Äußerungen?

Kopenhagen
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Ein Forscher hat auf die Rolle Pakistans bei der Unterstützung der Taliban aufmerksam gemacht. Die Äußerungen haben nicht überall Begeisterung ausgelöst. Recherchen von „Weekendavisen“ deuten darauf hin, dass er zum Schweigen gebracht werden sollte.

Am Freitagmorgen besuchte Außenminister Jeppe Kofod (Soz.) die pakistanische Hauptstadt Islamabad unter anderem, um sich für die Unterstützung bei der Evakuierung dänischen Personals aus Afghanistan zu bedanken.

Gut einen Monat zuvor, am 23. August, musste das unabhängige Medium „Olfi.dk“, das sich mit Verteidigungsthemen befasst, ein aufsehenerregendes Dementi veröffentlichen: Lektor Peter Viggo Jakobsen sei doch nicht, wie vermeldet, von der Forschungs- und Ausbildungsinstitution Forsvarsakademiet entlassen worden. Das Dementi war unter anderem deshalb bemerkenswert, weil „Olfi“-Redakteur Peter Ernstved Rasmussen in Verteidigungskreisen über ein ausgesprochen gutes Quellennetz verfügt und daher gut informiert ist. 

Fragen zur Rolle Pakistans

Unmittelbar scheinen die beiden Begebenheiten nichts miteinander zu tun zu haben. Und dennoch deutet sich an, dass es einen Zusammenhang zwischen der Rolle Pakistans im Afghanistan-Konflikt und einem möglichen Maulkorb für Lektor Jakobsen gibt.

Zunächst zum Pakistan-Besuch. Kofod will nämlich nicht nur seinen Dank aussprechen, sondern auch die Zukunft des Nachbarlandes Afghanistan mit der pakistanischen Regierung erörtern.

In diesem Zusammenhang muss er sich kritische Fragen dänischer Journalisten zur Rolle Pakistans im Afghanistan-Konflikt gefallen lassen. Sei das Problem nicht, dass Pakistan Werte vertrete, die denen der Taliban näherstünden als den dänischen, will die Nachrichtenagentur „Ritzau“ wissen.

„Ja, aber in der realen Welt muss man mit denen reden, die eine Schlüsselrolle für die zukünftige Entwicklung Afghanistans spielen“, antwortet Kofod, der die Reise vermutlich lieber ohne solche Fragen angetreten hätte.

Jeppe Kofod bedankt sich bei seinem pakistanischen Amtskollegen Shah Mahmood Quresh. Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix

Experte sieht Pakistan als Taliban-Hintermänner

Gelobt hatte Kofod die pakistanischen Behörden bereits im August, nachdem sie den Flughafen in Islamabad für die Evakuierung von Dänen und Bediensteten der dänischen Botschaft in Kabul zur Verfügung gestellt hatten. Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) bedankte sich bei dem pakistanischen Premierminister Imran Kahn für das Entgegenkommen und die Zusammenarbeit.

Und damit wären wir dann auch bei Peter Viggo Jakobsen angelangt. Er meinte, es sei zu viel des Guten.

„Ich finde, dass Pakistan zu sehr gelobt wird, wenn man bedenkt, dass Pakistan schuld ist, dass Kabul gefallen ist. Pakistan ist schuld, dass Dänemark 44 Personen in Afghanistan verloren hat. Ohne Pakistan hätte es keine Taliban gegeben“, so der Lektor, der dafür bekannt ist, dass er in seiner trockenen Art Tacheles redet, gegenüber „Avisen Danmark“.

Die Taliban-Gründer Mullah Omar wurde laut Jakobsen vom pakistanischen Geheimdienst geschult und unterstützt. Nach der Machtübernahme in Afghanistan 1996 lieferte Pakistan Waffen an das Regime.

„Die Taliban sind eine pakistanische Erfindung“, lautet die Einschätzung von Jakobsen.

Bramsens Unzufriedenheit

Diese Äußerungen kamen bei Verteidigungsministerin Trine Bramsen (Soz.) gar nicht gut an, wie Recherchen von „Weekendavisen“ zeigen. Anonyme Quellen berichten der Wochenzeitung, sie sei so laut geworden, dass Mitarbeiter des Ministeriums ihren Wutausbruch hören konnten.

Peter Viggo Jakobsen sieht Pakistan als die „Erfinder“ der Taliban. Foto: Søren Bidstrup / Ritzau Scanpix

Die Verwarnung

Am Tag darauf wurde Jakobsen laut „Weekendavisen“ zu einem dienstlichen Gespräch beim Dekan von Forsvarsakademiet, Peter Dahl Truelsen, vorgeladen. Keiner der beiden will sich zu dem Inhalt des Gesprächs äußern. Das Verteidigungsministerium streitet ab, es habe Einfluss auf den Verlauf genommen.

Andere Quellen sagen jedoch der Zeitung, dem Forscher sei mitgeteilt worden, er solle sich entweder einen anderen Job suchen oder künftig seltener in der Öffentlichkeit auftreten. Ansonsten drohe Forsvarsakademiet eine Umstrukturierung, die unter anderem sein Institut betreffen würden.

Dieses Gespräch sei dann auch Hintergrund der Gerüchte gewesen, denen „Olfi.dk“ aufgesessen ist. Nach dem Dementi von „Olfi.dk“ soll Jakobsen zu Kollegen gesagt haben, er werde zukünftig in der Öffentlichkeit zurückhaltender sein.

Trine Bramsen ist wegen ihres Agierens bei der Afghanistan-Evakuierung wiederholt unter Druck geraten. Nun muss sie erneut kritische Fragen beantworten. Foto: Mads Claus Rasmussen / Ritzau Scanpix

Erneuter Druck auf Bramsen

Nachdem der Artikel am vergangenen Freitag in „Weekendavisen“ erschienen war, löste er politisch Unruhe aus.

Venstre hat nun Verteidigungsministerin Bramsen zu einer Anhörung bestellt. Man wolle wissen, ob Peter Viggo Jakobsen in seinen Möglichkeiten, sich zu äußern, eingeschränkt worden sei, so Verteidigungssprecher Lars Christian Lilleholt gegenüber „TV2“.

Auch die Unterstützer von der Sozialistischen Volkspartei (SF) fordern Antworten. Die Ministerin solle bestätigen, dass weder das Ministerium noch die Führung der Streitkräfte Einfluss auf den Verlauf genommen haben, verlangt Verteidigungssprecherin Anna Valentina Berthelsen laut „TV2“.

Sie hat daher Fragen an die Ministerin gerichtet. Bemerkenswert dabei: Berthelsen macht Bramsen ausdrücklich darauf aufmerksam, dass sie bei der Beantwortung nicht lügen dürfe.

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