Diese Woche in Kopenhagen

„Ein Loblied auf die Jugend“

Ein Loblied auf die Jugend

Ein Loblied auf die Jugend

Kopenhagen
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Mette Frederiksen würdigte auf ihrer jüngsten Pressekonferenz den Einsatz und die Entsagungen der Jugendlichen während der Corona-Pandemie. Das war auch schon überfällig, meint Walter Turnowsky, der daran erinnert, dass der norwegische Gesundheitsminister bereits im April eine entsprechende Rede hielt.

Allmählich kennen die meisten den Ablauf: Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) tritt vor die Presse, beziehungsweise die Nation und beschreibt mit deutlichen Betonungen den Ernst der Lage, wobei der Ausdruck „globale Pandemie“ mehr als einmal vorkommt. Sie ermahnt, durchzuhalten und verkündet neue Restriktionen oder verlängert die geltenden. Der Zeitpunkt ist danach gewählt, wann möglichst viele Zuschauer ihr Fernsehgerät angestellt haben.

Das war auch am Donnerstag nicht anders. Doch in einem Punkt unterschied sich die Pressekonferenz von den übrigen. Wo die Staatsministerin sonst Lob eher genau dosiert ausgeteilt hat, kam es diesmal ohne Einschränkungen, war schon fast überschwänglich. Und noch dazu war es an eine Gruppe gerichtet, die im Verlauf der Pandemie mehrmals Schelte einstecken musste: nämlich die Jugend.

„Wir werden auch diese Herausforderung (die Mutation, Red.) schaffen, und das werden wir nicht zuletzt aufgrund der Art, wie Kinder und Jugendliche diese Epidemie gepackt haben. Daher möchten wir heute Abend einen ganz besonderen Gruß an euch schicken.“ 

Sie nannte dann die Entbehrungen, die Kinder und Jugendliche in einer Corona-Zeit ertragen müssen: Sie dürfen nur wenige Freunde treffen, Freizeitbeschäftigungen finden nicht statt, und täglich müssen sie sich zum Unterricht vor den Bildschirm hocken.

„Die Corona-Epidemie hat euch auf eine Probe gestellt, und wisst ihr was, ihr habt sie bestanden. Und das habt ihr im Übrigen schon längst“, so Frederiksen.

Man fühlte sich fast an die Rede des norwegischen Gesundheitsministers Bent Høje erinnert, der von dem für die Jugendlichen für immer verlorenen Sommer sprach. Nur hat er seine Rede bereits im April gehalten. Zu dem Zeitpunkt war Frederiksens Tonlage gegenüber Jugendlichen noch eine ganz andere.

Nun hat die Regierungschefin gute Gründe, endlich den Einsatz von Jugendlichen hervorzuheben. So liegt die Infektionsrate bei den 10- bis 19-Jährigen nun deutlich unter dem Landesdurchschnitt. Dies sah im Herbst noch völlig anders aus. Die Mehrzahl der Teenager muss also seither besonders vorsichtig gewesen sein.

Doch geht es nicht nur um Zahlen. Was die Regierungschefin bei diesen Pressekonferenzen sagt, ist selbstverständlich keineswegs zufällig. Im Gegenteil – jedes Wort ist genauestens gesetzt und von ihrer nicht geringen Anzahl an Beratern und Spindoktoren ausgetüftelt worden.

Dass Frederiksen sich gerade am Donnerstag dafür entschied, die Kinder und Jugendlichen hervorzuheben, hängt damit zusammen, dass sie ihnen sonst wenig Positives sagen konnte. 

Selbst die Jüngsten müssen vorläufig im Homeschooling bleiben. Die Schüler ab der 5. Klasse dürfen vielleicht irgendwann im März wieder in die Schule. Für die Gymnasiasten dauert dies vermutlich noch länger. Und die Universitäten stehen unter den Ausbildungen an letzter Stelle. Dabei sei daran erinnert, dass die Unis nach dem ersten Shutdown im März erst nach den Sommerferien wieder öffnen durften.

Schüler und Studierende bezahlen also einen hohen Preis für die Eindämmung der Pandemie. Jetzt hat die Regierung das Serum Institut beauftragt, durchzurechnen, was eine Öffnung der Schulen für die Jüngsten bedeuten würde. Hier sollte man die selbst ernannte Staatsministerin der Kinder schon fragen, warum dies nicht vor dem Beschluss vom Donnerstag passiert ist.

Denn Kinderärzte und Organisationen warnen bereits, der Shutdown setzt vor allem den Kindern zu, die es ohnehin schon nicht leicht im Leben haben. Die Kinderschutzorganisation Børns Vilkår berichtet, dass sie täglich Hilferufe von Kindern am Sorgentelefon erreichen.

Wie Kollegin Ilse Jacobsen berichtet, bleiben Frauen und ihre Kinder während des Shutdowns häufiger bei einem gewalttätigen Mann. Es bedarf wohl nicht viel Fantasie, sich auszumalen, wie es diesen Kindern geht, wenn ihnen noch nicht einmal die Atempause in der Schule oder beim Freund oder der Freundin gewährt wird.

Gewiss, es gibt eine Notbetreuung. Aber gehen da wirklich die am stärksten verwundbaren Kinder hin? Mette Frederiksen erwähnte das Beispiel eines Lehrers, der seine Schüler der Reihe nach besucht. Solche Helden des Alltags verdienen tatsächlich alle nur erdenkliche Anerkennung.

Die Staatsministerin der Kinder dagegen hatte am Donnerstag eben den Kindern außer schönen Worten wenig anzubieten.

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