Diese Woche in Kopenhagen

„Ganz Dänemark abwickeln?“

Ganz Dänemark abwickeln?

Ganz Dänemark abwickeln?

Kopenhagen
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Mit jedem Detail, das die Minkkommission zutage fördert, wird deutlicher: Alles ging so schnell, dass kein vernünftiger Beschluss zustandekommen konnte, meint Walter Turnowsky. Da wurde sogar regelrechter Unfug in der internen Kommunikation der Behörden geschrieben.

Bekanntlich traf die Regierung am 3. November 2020 den Beschluss, dass sämtliche Minks getötet werden müssen.

Doch es hätte noch ganz anders kommen können, hätte der Krisenstab, National Operativ Stab (NOST), so reagiert, wie es ihm am Tag danach bei einer Powerpoint-Präsentation mitgeteilt wurde. Der NOST wird von der Polizei geleitet und koordinierte den umstrittenen Einsatz zur Tötung der Minks.

Während Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) den Beschluss bei einer Pressekonferenz bekannt gab, schickte ein Direktor der Nahrungsmittelbehörde den Text für das Powerpoint-Slide an den Chef der Reichspolizei, Thorkild Fogede. Dieser hat ihn scheinbar nur flüchtig durchgelesen, korrigiert hat er ihn zumindest nicht, obwohl das schlau gewesen wäre.

Und daher stand dann während der Sitzung des NOST am Nachmittag des 4. November  Folgendes auf der Leinwand: „Es ist jetzt politisch beschlossen, dass ganz Dänemark abgewickelt werden soll (Der er nu truffet politisk beslutning om, at hele Danmark skal afvikles).“

Erst zögern, dann überstürzt handeln

Das Online-Medium „Nordtinget“ hat das kuriose Detail bei der Berichterstattung über die Arbeit der Minkkommission ausgegraben. Nun könnte man dies als ebendas, nämlich als kurios, abtun. In der Hitze des Gefechts kann man schon mal etwas übersehen.

Nur, das wird im Zuge der Arbeit der Kommission immer deutlicher, eben diese Hitze des Gefechts ist wohl ein ganz zentraler Punkt, wenn nicht gar der Kern der Sache.

Denn die unglückliche Formulierung war ja bei Weitem nicht das Einzige, das übersehen wurde. Bekanntlich wurde auch das nicht ganz so geringe Detail der fehlenden Rechtsgrundlage übersehen.

Es wurde geschludert

Zunächst wurde monatelang gezögert, und plötzlich konnte alles nicht schnell genug gehen.

Deshalb wurden entscheidende Aktenstücke nicht gelesen, wichtige Fragen nicht gestellt.

Sowohl was die fachliche als auch die juristische Grundlage anbelangt, wurde in unerhörtem Maß geschludert.

Und auch in den Tagen nach der famosen Pressekonferenz, als noch Zeit gewesen wäre, das Ganze auf eine rechtliche Grundlage zu stellen, wurde so einiges übersehen.

Ein folgenschwerer Brief

Vor allem hätte die Nahrungsmittelbehörde den Brief an die Minkzüchter am 6. November nicht schicken dürfen. In dem Brief steht, dass sie alle Minks töten müssen. Denn zu diesem Zeitpunkt war im Nahrungsmittelministerium längst klar, dass die Gesetzesgrundlage fehlte.

Doch auch die Polizeiführung hätte die Beamten nicht mit einer sogenannten Actioncard losschicken dürfen, in der steht, sie sollten den Minkzüchtern sagen, die Behörden würden die Nerze töten, wenn sie es nicht selbst tun.

Mit jeder Aussage vor der Minkkommission wird deutlicher, dass etliche Warnungen vor der fehlenden Gesetzesgrundlage übersehen oder überhört worden sind. Es ging eben alles viel zu schnell.

Mit einer gehörigen Portion schwarzem Humor können wir uns zumindest darüber freuen, dass bei der ganzen Eile nicht gleich ganz Dänemark abgewickelt wurde.

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