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„Beduinen sollen Messerschmidts politische Karriere retten“

Beduinen sollen Messerschmidts politische Karriere retten

Beduinen sollen Messerschmidts politische Karriere retten

Kopenhagen
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Ein Beduinenlager in der Wüste: Morten Messerschmidt will sie auch in dänischen Krankenhäusern ausgemacht haben. Foto: Lars Laursen/Biofoto/Ritzau Scanpix

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Die Dänische Volkspartei wird bei der kommenden Wahl um das Überleben kämpfen. Ihr Vorsitzender, Morten Messerschmidt, spielt, um das zu erreichen, die gute alte Ausländerkarte. Doch das ist nicht mehr der Joker von einst, meint Walter Turnowsky.

Erlaube mir bitte ein kleines Gedankenspiel: Wir stellen uns vor, ein Vorsitzender einer ehemals bedeutenden dänischen Partei reist nach Ägypten und besucht die Sinai-Halbinsel. Dort könnte der Parteichef, wir nennen ihn der Einfachheit halber Morten Messerschmidt, den Urlaubsort Mahash an der Küste des Roten Meeres besuchen.

Auf einer Strecke von ungefähr 1,5 Kilometern des Strandes würde er dort mehrere Beduinencamps finden, die sich dort 1996 hier befinden. Er könnte sich in einer Palmhütte, einer „Huscha“, einquartieren lassen.

„Die Beduinen werden dich warmherzig willkommen heißen“, lautet die Selbstanpreisung eines dieser Feriencamps.

Gastfreundschaft

Die Gastfreundschaft dieser arabischen Nomaden wird in so gut wie sämtlichen Beschreibungen betont. Einst war sie wohl für das Überleben wichtig, wenn die Stämme auf ihren Dromedaren durch die Wüste zogen. In einer modernen Welt wurde die Gastfreundschaft von Globetrottern geschätzt und daraufhin für den Tourismus vermarktet. So entstanden die Camps in Mahash und an anderen Orten am Roten Meer.

Auch Messerschmidt könnte daher damit rechnen, freundlich aufgenommen zu werden, selbst wenn die lokalen Beduinen ihn und seine politischen Ansichten kennen sollten. Angeblich war es bei den Stämmen Tradition, dass ein Gast drei Tage bleiben darf, ohne seinen Namen oder sein Anliegen zu nennen. Erst am vierten ist es zulässig zu fragen.

Vielleicht würde man dem Vorsitzenden der dahinsiechenden Dänischen Volkspartei (DF) sogar Kaffee anbieten. Drei Tassen sind Brauch: Eine, um die Ankunft des Gastes zu ehren, eine für das Schwert, um den Mut zu ehren und eine für die Seele, um den guten Geist zu ehren.

Die leidigen Beduinenlager in den Krankenhäusern

Doch wie gesagt, dies ist nur ein kleines Gedankenspiel. Freiwillig würde Messerschmidt wohl eher kaum ein Beduinencamp aufsuchen. Dafür stößt er nach eigener Aussage häufig unfreiwillig auf sie. Und zwar dann, wenn er Angehörige im Krankenhaus besucht.

„Ich kann unmöglich der Einzige sein, der es leid ist, wenn ich meine Lieben besuchen will oder das Pech habe, selbst eingeliefert zu sein, ein ganzes Beduinenlager anzutreffen, das das Zweibettzimmer oder den Warteraum beschlagnahmt hat“, sagte er am Wochenende beim DF-Parteitag.

Dänen zuerst – und Beduinen am liebsten gar nicht: Morten Messerschmidt beim DF-Parteitag Foto: Bo Amstrup/Ritzau Scanpix

Fast erhielt man den Eindruck, er habe bereits beim Überqueren des Parkplatzes die angebundenen Dromedare entdeckt. Anscheinend verspürt er bei der Begegnung mit diesen Beduinenlagern in den Krankenzimmern kein Verlangen, die schon fast sprichwörtliche Gastfreundschaft auszutesten. Vielleicht hätten sie ihm ja in dem Fall Kaffee eingeschenkt.

Und schon kein Verlangen hat er, seinerseits die Gastfreundschaft zu pflegen; ganz im Gegenteil.

„Sie zeigen lautes und aggressives Auftreten gegenüber anderen Patienten, Angehörigen und dem Personal (hier müsste ich eigentlich gendern, aber das wäre mit Sicherheit nicht in Messerschmidts Sinn). Wir haben darauf einfach keinen Bock. Wir haben keinen Bock auf Kopftücher, Beträume, Ramadan und Halal-Fleisch“, wetterte er.

Fata Morgana

So spricht ein wahrer Vorstreiter für das eigene politische Überleben und das seiner Partei. Messerschmidt hofft, sozusagen auf dem Rücken eines Dromedars die zwei-Prozent-Hürde zu überspringen und erneut ins Folketing einzuziehen. Doch wenn er den Beduinenkaffee schon nicht mag, werde ich ihm zumindest reinen Wein einschenken: Die Chance, aus dem Thema einen Wahlkampf-Hit zu zaubern, erinnert mich jedoch eher an den Spruch mit dem Kamel und dem Nadelöhr.

Jetzt geht es dir ja vielleicht anders als Morten Messerschmidt. Vielleicht denkst du ja, wenn ich ohnehin ein bis zwei Stunden im Wartezimmer rumsitzen muss, um auf meinen Termin beim Chefarzt zu warten, da schlürfe ich doch gerne mit den Beduinen einen Kaffee. Vielleicht kann ich mir ja einige nützliche Tipps zur Ziegenhaltung abholen, denn so eine wünsche ich mir schon lange für meinen Rasen.

Doch hier muss ich dich leider enttäuschen. Wie „Berlingske“ berichtet, haben bislang weder das Pflegepersonal noch die Ärztinnen und Ärzte die Beduinencamps in den Krankenhäusern ausmachen können.

Messerschmidt scheint also einer Fata Morgana aufgesessen zu sein. Fällt ihm nichts Besseres ein, könnte sich am Wahlabend auch Christiansborg als eine Luftspiegelung herausstellen, auf die er vergeblich zureitet. 

 

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