Klimakrise
Ukraine-Krieg sorgt für diplomatische Eiszeit in der Arktis
Ukraine-Krieg sorgt für diplomatische Eiszeit in der Arktis
Klimakrise: Diplomatische Eiszeit in der Arktis

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In der Arktis ist der russische Angriffskrieg zwar geografisch weit weg, die Auswirkungen aber sind drastisch. Zwischen Russland und den anderen arktischen Staaten herrscht Funkstille. Damit rennt der Welt beim Klimawandel einmal mehr die Zeit davon.
„Die Beziehungen sind auf null“, sagt Sjúrður Skaale, der Mitglied der arktischen Delegation des dänischen Folketings ist: „Das hat Auswirkungen auf das Arctic Council, den Klimawandel und verschärft die militärische Gefahr.“

Arctic Council – keine Gespräche
Das Arctic Council war bis zum Beginn des russischen Angriffskrieges das wichtigste Instrument der arktischen Acht, um über Themen wie den Klimawandel, Tourismus und Umweltschutz zu diskutieren. Traditionell ausgespart wurde das Thema Sicherheit. „Es war so wichtig, einen Raum für Gespräche zu haben“, sagt Skaale, der nicht weiß, wie das Council ohne Russland noch einen Effekt haben soll.

Den Vorsitz hat bis 2023 Russland inne, jedoch kam es kurz nach Beginn des Kriegs in der Ukraine zu einem Stillstand des Arktischen Rates als Dialogforum. Jetzt existieren mehr oder weniger zwei Foren: eines ohne Russland und eines nur mit Russland. „Was soll so ein Format bewirken? Russland umfasst allein flächenmäßig in etwa die Hälfte der Arktis. Eine Kooperation ohne Russland ist nicht zielführend“, sagt Skaale, der Abgeordneter der färöischen sozialdemokratischen Partei Javnaðarflokkurin im Folketing ist.
Klimawandel – die Welt verliert Zeit
„Besonders einscheidend ist die Funkstelle für den Klimawandel, und uns läuft wichtige Zeit davon“, sagt Skaale. Der Klimawandel schreitet in der Arktis doppelt so schnell wie in anderen Teilen der Welt voran und das liegt vor allem am sogenannten Eis-Albedo-Rückkopplungseffekt.
Die weiße Oberfläche von Schnee und Eis reflektiert Sonnenstrahlen, dunkle Flächen absorbieren sie dagegen. Die weißen Flächen sorgten bisher dafür, dass die warmen Sonnenstrahlen zurückgestrahlt wurden. Da es aber immer wärmer wird, schmilzt das Eis schneller und das dunkle Wasser des Meeres absorbiert die Wärme. Das führt zu einer immer schnelleren, vor allem lokalen Erwärmung.
Im Arctic Council war zuletzt noch Erleichterung durch die Präsidentschaft von Joe Biden in den USA spürbar gewesen, denn dieser erkennt den Klimawandel, anders als sein Vorgänger Trump, an. Mit dem russischen Angriffskrieg ist die Klimazusammenarbeit geschwächt. „Initiativen und Vereinbarungen werden schwierig zu treffen sein, solange das Arctic Council nicht wie gewöhnlich tagen kann“, so Skaale.

Militärische Gefahr
1987 hielt Gorbatschow in Murmansk eine wichtige Rede und verpasste der Arktis den Ausruf, „Zone des Friedens und des Dialogs“ zu sein. Obwohl mit der Einrichtung von verschiedenen Institutionen wie dem Arctic Council Foren der Diplomatie geschaffen wurden, zählte die Region auch vor dem russischen Angriffskrieg zu einer stark militarisierten Region.
„Schon jetzt lassen sich Veränderungen beachten, wie zum Beispiel im Verhalten der nordischen Staaten. Finnland und Schweden werden NATO-Mitglieder und Norwegen hat gerade vier neue Militärstützpunkte bewilligt“, so Skaale. „Die Angst vor Russland und vor allem einer nuklearen Eskalation hat definitiv zugenommen“, sagt der Politiker.
Die Annexion der Krim konnte von der Kooperation in der Arktis ferngehalten werden, aber der Krieg in der Ukraine kann von den anderen arktischen Staaten nicht ignoriert werden: „Wir waren so froh, dass die Kooperation auch nach der Annexion der Krim in der Arktis weiterging“, so Skaale.

Ausblick
„Keiner weiß, wie es weiter gehen soll und kann. Die Beziehungen sind auf null und Russland kehrt dem Westen den Rücken zu“, sagt Skaale.
Ein bisschen Hoffnung hat Skaale dennoch: „Die Kooperation in der Arktis hat lange Zeit wirklich sehr gut funktioniert und auch wenn die Situation derzeit ausweglos erscheint, ist es nicht ausgeschlossen, dass Kooperation wieder möglich wird“, so Skaale.
Der Politiker weiß aber nicht, welches Land eine Vermittlungsrolle bei der Annäherung einnehmen könnte: „Dänemark hatte eine führende Rolle, insbesondere in der Illuissat Deklaration, aber im Moment kann ich mir nicht vorstellen, wie und wer alle Parteien an einen Tisch bekommen kann“, so Sjúrður Skaale.