Gesellschaft

Trotz Verbots: Einige Eltern schlagen weiter ihre Kinder

Trotz Verbots: Einige Eltern schlagen weiter ihre Kinder

Trotz Verbots: Einige Eltern schlagen weiter ihre Kinder

Ritzau/hm
Kopenhagen
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Eltern von 52.010 Kindern beantworteten die Fragen von Vive. (Archivfoto) Foto: Ida Guldbæk Arentsen/Ritzau Scanpix

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Seit dem Jahr 1997 ist es in Dänemark verboten, dass Eltern ihre Kinder körperlich züchtigen. Aus der Welt ist das Schlagen aber nicht, zeigt eine neue Untersuchung, die auch darauf hindeutet, dass Kinder aus Einwandererfamilien mehr geschlagen werden. Die Vorsitzende des Kinderrates warnt aber vor pauschalen Vorbehalten gegenüber Einwanderern.

Seit der Abschaffung des Züchtigungsparagrafen im Jahr 1997 ist es Eltern in Dänemark verboten, ihre Kinder zu schlagen. Rund 25 Jahre später kommt eine Untersuchung des Wohlfahrtsinstituts Vive zu dem Ergebnis, dass Gewalt gegenüber Kindern noch nicht aus der Welt ist.

Die Eltern von mehr als 50.000 Kindern in einem Alter zwischen neun Monaten und drei Jahren füllten den Fragebogen von Vive aus. Die Auswertung zeigt, dass rund 12 Prozent der Kinder in den vergangenen zwei Monaten einen Klaps bekamen, geschüttelt oder geschlagen wurden.

Jedes achte Kind wird geschlagen

Der Untersuchung zufolge wird somit jedes achte Kind geschlagen. Aus ihr geht auch hervor, dass Kinder aus Einwandererfamilien und deren Nachkommen eher dem Risiko ausgesetzt sind, körperlich gezüchtigt zu werden. Laut Forscherin Signe Boe Rayce hat in diesen Familien jedes dritte Kind körperliche Züchtigung erlebt.

In Zusammenhang mit der Untersuchung betont Signe Boe Rayce, es sei wichtig für die Entwicklung und das Wohlbefinden der Kinder, wenn diese ihre Eltern als sicheren Ort erleben, an dem sie Trost finden und an dem sie geschützt seien – auch wenn die Kinder selbst wütend seien.

„Eine grobe Erziehung gibt dem Kind kein Fundament und erhöht das Risiko für Fehlentwicklungen“, gibt Signe Boe Rayce zu bedenken.

Jørgensen: Verfehlte Integration

Einer der größten Verfechter für die Gesetzesänderung von 1997 war der Vizevorsitzende im Kinderrat Per Schultz Jørgensen. Seiner Ansicht nach weist die Untersuchung auf eine verfehlte Integration von Einwanderern und deren Nachkommen in Dänemark hin. Viele Einwanderer befänden sich außerhalb des Arbeitsmarktes und lebten in einer Parallelgesellschaft, meint Jørgensen.
 

Die Zahl ist bestürzend, wir müssen Jahrzehnte zurückschauen, um vergleichbare Zahlen bei dänischen Eltern zu finden.

Psychologe Per Schultz Jørgensen

„Die Zahl ist bestürzend, wir müssen Jahrzehnte zurückschauen, um vergleichbare Zahlen bei dänischen Eltern zu finden“, so Jørgensen. Die Einwanderer würden in ihrer eigenen Blase leben, es sei Dänemark nicht gelungen, den Wechsel in der Kindererziehung zu vermitteln, so der Psychologe und emeritierte Professor für Sozialpsychologie.

Vorsitzende: Zeigen, wie es besser geht

Agi Csonga, Vorsitzende des Kinderrates (børnerådet) bemerkt jedoch, dass die meisten Einwanderer ihre Kinder nicht schlagen. Wenn es aber eine beträchtliche Minderheit unter diesen gebe, die ihre Kinder schlügen, so müsse es einen zielgerichteten Einsatz geben.

Ihrer Auffassung nach ist es ein Problem, dass die Behörden bei Einwandererfamilien nicht so beherzt eingreifen als bei dänischen Familien, wenn dort Eltern ihre Kinder schlügen. In schweren Fällen sollte von staatlicher Seite immer resolut reagiert werden, in weniger harten Fällen könne ein Dialog der richtige Weg sein.

Viele Eltern wollen das nicht, sie wissen aber auch nicht, wie sie es anders machen können.

Agi Csonga, Vorsitzende des Kinderrates

Sie macht drauf aufmerksam: „Viele kommen aus Ländern, in denen es nicht verboten ist, zu schlagen. Und viele sind wohl selbst auch so erzogen worden. Viele Eltern wollen das nicht, sie wissen aber auch nicht, wie sie es anders machen können.“

Es sei noch nicht so lange her sei, dass einheimische Eltern nach Antworten suchten, wie man ohne Schlagen Kinder erzieht, so Agi Csonga.

Børns Vilkår erschüttert

Die Interessenorganisation Børns Vilkår zeigt sich erschüttert von der Untersuchung und fordert den Dreiklang Aufklärung, Weiterbildung für Eltern und Strafe, um dem Problem Herr zu werden.

Dem Direktor Rasmus Kjeldahl zufolge will Børns Vilkår mit der Regierung in einen Dialog treten. Die Regierung habe viel von Unterbringung gesprochen, es sei aber wichtig, über Vorbeugung zusprechen. Kjeldahl beklagt das bisherige mangelnde Interesse der Politik an dem Thema.

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