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Parallelgesellschaften: Wahre oder falsche Annahmen?

Parallelgesellschaften: Wahre oder falsche Annahmen?

Parallelgesellschaften: Wahre oder falsche Annahmen?

Kopenhagen
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Sozialer Brennpunkt Gellerupparken, Aarhus Foto: Morten Rasmussen/Ritzau Scanpix

76.400 Menschen leben in Dänemark in einer Parallelgesellschaft – so die Zahl in einem Bericht des Innenministeriums. Falsch, meinen zwei Wissenschaftler.

Einem Bericht aus dem Wirtschafts- und Innenministerium zufolge leben in Dänemark 76.400 Menschen in einer Parallelgesellschaft. Laut zweier Wissenschaftler, die auf dem Gebiet arbeiten, stimmt das ganz und gar nicht, berichtet die Zeitung „Altinget“. Die Zahl wurde im März im Bericht „Darstellung der Parallelgesellschaft“ präsentiert, der dem Wirtschaftsminister Simon Ammitzbøll-Bille  (Liberale Allianz) aus Grundlage dafür dienen soll, wie die Regierung einer Parallelgesellschaft begegnen kann.

Von einem breiten Maß an Unsicherheit, wie in dem Bericht erwähnt, kann aber nach Ansicht von Hans Skifter Andersen, Professor am staatlichen Bauinstitut der Universität Aalborg, nicht die Rede sein. Zur Zahl der Menschen, die in einer Parallelgesellschaft leben, sagt er in „Altinget“: „Wir wissen, sie ist definitiv verkehrt.“ Unterstützung erfährt er von seinem Kollegen an der Universität von Roskilde, Troels Schultz Larsen: „Es gibt keinen Zusammenhang zwischen den Indikatoren, die in dem Bericht gemessen werden und dem, was gemessen werden soll. Aus wissenschaftlichem Blickwinkel betrachtet, lässt sich der Bericht für nichts gebrauchen“, so Larsen.

MIniterium: Acht Indikatoren für Parallelgesellschaften

Das Ministerium stellt in dem Bericht acht Indikatoren vor, die zeigen, ob eine Person Teil einer Parallelgesellschaft ist. Indikatoren sind beispielsweise ein Arbeitsplatz, Kinder, die nicht in Betreuungsinstitutionen untergebracht sind, oder auch der Anteil nicht westlicher Anwohner im Wohnviertel. Wissenschaftler Hans Skifter Andersen meint aber, dass diese Indikatoren nichts mit einer Parallelgesellschaft zu tun haben.  Seiner Auffassung nach isolieren sich  Menschen einer Parallelgesellschaft bewusst von der Mehrheit, dafür fehle aber der Beweis.

Das Ministerium widerspricht, das nach eigener Aussage „voll und ganz“ hinter dem Bericht steht. Es gebe keine endgültige Definition einer Parallelgesellschaft, so das Ministerium zu „Altinget“. Die Auffassung, Menschen einer Parallelgesellschaft grenzten sich bewusst ab, sei auch nur eine Annahme, die sich – wie die Indikatoren im Bericht – auch diskutieren ließe.

Rasmus Helveg von den Radikalen nennt die Zahlen, die im Bericht stehen, „aus der Luft gegriffen“. Kaare Dybvad jedoch, wohnungspolitischer Sprecher der Sozialdemokraten, ist in Altinget der Auffassung, es gebe sehr wohl Menschen in Dänemark, die sich vom Rest der Gesellschaft absonderten.

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