Krieg in der Ukraine

Ein „Neubeginn“ für die dänische Flüchtlingsaufnahme

Ein „Neubeginn“ für die dänische Flüchtlingsaufnahme

Ein „Neubeginn“ für die dänische Flüchtlingsaufnahme

Apenrade/Kopenhagen
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Ein Angehöriger der polnischen Heimwehr hilft einer Familie, nachdem sie in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in der Kälte am Grenzübergang Medyka in Ostpolen an der Grenze zur Ukraine gestanden hat. Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix

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In Dänemark ist die Solidarität mit den Menschen aus der Ukraine groß. Nicht nur in der Bevölkerung – auch bei Politik und Behörden. Die Dänische Flüchtlingshilfe wünscht sich das auch bei künftigen Krisen so – auch, weil es zuletzt noch anders war.

Zahlen dazu, wie viele Menschen aus der Ukraine inzwischen in Dänemark angekommen sind, gibt es nicht. Auch Mette Blauenfeldt, bei der Nichtregierungs-Organisation Dansk Flygtningehjælp (Dänische Flüchtlingshilfe) für den Bereich Integration verantwortlich, weiß es nicht. Sie weiß jedoch: „So, wie wir als Land derzeit agieren, sowohl vonseiten der Behörden und der Politik als auch in der Zivilgesellschaft, das ist absolut vorbildlich.“  

Dazu gehört, dass seit Donnerstagabend sicher ist: Wer kommt, dem können die 98 dänischen Kommunen helfen. Und wer hilft, wer also Flüchtlinge aus der Ukraine aufnimmt, auch der oder dem können die Kommunen finanziell unter die Arme greifen.

Die Rechtsgrundlage dazu wurde im Eilverfahren geschaffen – und somit steht dem privaten Engagement, Menschen in Not zu helfen, nun auch finanziell nichts mehr im Wege.

Mette Blauenfeldt
Mette Blauenfeldt, Bereichschefin für Integration bei Dansk Flygtningehjælp Foto: Dansk Flygtningehjælp

NGO: Wer helfen will, sollte helfen

Doch viele haben schon vorher geholfen, auf eigene Rechnung. „Dass sie diese Menschen mit offenen Armen empfangen und Unterkunft und Verpflegung für eine Weile bezahlen, das halten wir für wunderbar“, sagt Blauenfeldt.

Sie blickt zuversichtlich auf die Zusammenarbeit von Behörden, Politik und freiwilligen Helferinnen und Helfern: „Wir wissen, dass das Sondergesetz kommt und dass ein richtig gutes behördliches Netz aufgebaut wird für diese Menschen, deshalb kann man Betroffenen aus der Ukraine, die überlegen, nach Dänemark zu kommen, durchaus anbieten, herzukommen und so lange bei einem unterzukommen, bis der Antrag auf Aufenthalt nach dem Sondergesetz genehmigt ist. Und wenn es nicht möglich ist, die Betroffenen privat unterzubringen, kann die Kommune das jetzt übernehmen“, sagt sie – und betont, dass die Kommunen überdies viele weitere Hilfestellungen anbieten.

Mitgliederzuwachs bei der Flüchtlingshilfe

Blauenfeldt und ihre Kolleginnen und Kollegen bei der Dänischen Flüchtlingshilfe sind begeistert vom Engagement in allen gesellschaftlichen Bereichen: „Wir sind wirklich zufrieden. Es ist derart positiv, wie man sich vonseiten der Behörden und der Politik zu dieser Situation verhalten hat“, sagt sie.

„Ganz auf Staatsministerinnen-Ebene hat es die klare Botschaft gegeben, dass wir den Leuten aus der Ukraine helfen müssen, dass die Ukraine ein Nahgebiet ist und wir die Flüchtenden aufnehmen müssen. Ich habe noch niemanden gehört, weder den Integrationsminister noch die Staatsministerin, noch Menschen aus den Kommunen, die gesagt haben, wie viele wir in Dänemark maximal aufnehmen können. Darüber wird nicht geredet. Stattdessen heißt es: ,Herzlich willkommen‘“, freut sie sich.

Und Letzteres können Blaufeldt und ihr Team derzeit täglich selbst auch 30- bis 35-mal sagen – denn so viele neue ehrenamtliche Helferinnen und Helfer melden sich Tag für Tag bei ihrem Verband an. Und „darüber hinaus gibt es auch viele andere, die einfach so helfen“, unterstreicht sie.

Bilder wie diese zeugen von der Solidarität Dänemarks mit der Ukraine: Außenminister Jeppe Kofod (Soz.) besucht am Freitag, 11. März 2022, gemeinsam mit dem moldauischen Außenminister Nicu Popescu die Grenze zur Ukraine im Süden der Republik Moldau. Nach UN-Angaben haben seit dem Einmarsch Russlands rund 260.000 Ukrainerinnen und Ukrainer die Grenze zur Republik Moldau überschritten. Foto: Ida Marie Odgaard/Ritzau Scanpix

Hoffen auf neuen Wind in der Flüchtlingspolitik

„Ich würde mir wünschen, dass wir uns in Zukunft auch so verhalten, wenn größere Flüchtlingsströme nach Dänemark kommen. Und hier ist es mir wichtig zu sagen, dass, zumindest was den zivilgesellschaftlichen Teil angeht, wir in Dänemark auch 2015 ganz genauso hilfsbereit waren, als die syrischen Flüchtlinge kamen“, sagt Blauenfeldt.

Die Bereichschefin hofft darauf, dass das Engagement der Bevölkerung, der Politik und der Behörden Zeugnisse eines Sinneswandels sind: „Im Bereich der Zivilgesellschaft können wir uns darauf verlassen, dass wir viele hilfsbereite Menschen haben, die anpacken wollen. Aber die Aussagen vonseiten der Behörden und der Politik sind diesmal anders als früher. Ich denke, dass es ein Neubeginn für Dänemark in Bezug auf die Aufnahme von Flüchtlingen ist. Und darüber sind wir äußerst froh!“

 

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