Organspenden

Josephines Tod hat das Folketing wachgerüttelt

Josephines Tod hat das Folketing wachgerüttelt

Josephines Tod hat das Folketing wachgerüttelt

Kopenhagen
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Am 21. April starb Mads Sebbelovs Tochter Josephine, während sie auf ein Spenderherz wartete. Nun setzt er sich dafür ein, dass mehr Menschen Organspender werden. Foto: Linda Kastrup/Ritzau Scanpix

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Das Folketing hat am Freitag einen Bürgervorschlag zu automatischer Organspende beraten. Mads Sebbelov hat nach dem Tod seiner Tochter die Initiative zum Vorschlag ergriffen.

Die 15-jährige Josephine Sebbelov litt an einer seltenen Autoimmun-Krankheit. Ihr Immunsystem griff die eigenen Gefäße an. Eine banale Halsentzündung im März 2020 führte zu einer Entzündung in ihrem Herzen. Das hat ihr Vater Mads „TV2“ berichtet.

Das Mädchen musste akut in Rigshospitalet eingeliefert werden. Dort konnte zunächst ihr Leben gerettet werden. Aber das Herz war so mitgenommen, dass sie schnell ein neues brauchte, und sie wurde auf die dringliche (Urgent Call) Warteliste für Herzen aus ganz Skandinavien gesetzt.

Doch es wurde rechtzeitig kein Herz gefunden. Josephine Sebbelov starb am 21. April 2020.

Bürgervorschlag

Ihr Tod veranlasste ihren Vater Mads dazu, Unterschriften für einen Bürgervorschlag zu sammeln, nachdem alle Bürgerinnen und Bürger automatisch als Organspender registriert werden. Nur wer aktiv mitteilt, dass er nicht seine Organe spenden möchte, soll davon befreit werden.

Es gelang, fast 54.000 Unterschriften zu sammeln, und damit mehr als die 50.000, die das Folketing verpflichten, den Vorschlag auf die Tagesordnung zu setzen.

Nachdenklich stimmende Debatte

Und so konnte Mads Sebbelov am Freitag von der Zuschauertribüne aus der Beratung beiwohnen. Es sollte eine sehr nachdenklich stimmende Debatte werden, die er zu hören bekam. Gesundheitsminister Magnus Heunicke (Soz.) und die Sprecher der Parteien bedankten sich ausdrücklich für seinen Einsatz.

„Ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen, als ein Kind zu verlieren – es sei denn, ein Kind zu verlieren und zu wissen, ein Spenderherz hätte es retten können“, brachte die Sprecherin der Sozialistischen Volkspartei, Kirsten Normann Andersen, die Stimmung im Plenarsaal auf den Punkt.

Vorschlag vertagt – nicht gekippt

Noch am Tag davor sah es so aus, als würde der Bürgervorschlag gekippt werden. Eine Mehrheit der Parteien hatten zu „DR“ gesagt, er gehe ihnen zu weit. Doch dann kam am Donnerstag der Umschwung im Gesundheitsausschuss des Folketings.

Der Vorschlag solle in die weiteren Beratungen über Organspenden einbezogen werden. Bevor die Politikerinnen und Politiker endgültig Stellung beziehen, wollen sie zunächst die Einschätzung von Experten aus dem In- und Ausland hören. Etliche Länder, darunter Deutschland, haben nämlich eine Regelung ähnlich der vorgeschlagenen bereits eingeführt. Auch der Ethische Rat soll eine Stellungnahme abgeben.

Zu wenige beziehen Stellung

Im Plenarsaal nannte der Gesundheitsminister die Zahlen: Im vergangenen Jahr sind elf Personen gestorben, während sie auf eine Organspende warteten, im Jahr davor waren es 18. Nur 1,3 Millionen Menschen haben sich in das dänische Spenderregister eingetragen und somit dazu Stellung bezogen, ob sie ihre Organe spenden möchten oder nicht oder ob sie noch unentschlossen sind.

„Das kann nicht angehen. Wir müssen daran arbeiten, dass wesentlich mehr Bürgerinnen und Bürger Stellung beziehen“, sagte Heunicke, der auch betonte, dass es allein die Entscheidung der oder des Einzelnen sei.

 

So trägst du dich ins Spenderregister ein

1. Du logst bei Sundhed.dk mit Nem.id ein.

2. Du gehst unter „Dine sundhedsdata“ und hier wiederum „Registreringer“

3. Hier wählst du „Organdonation“ und kreuzt an, ob du:

  • volle Zustimmung zur Organspende erteilst,
  • begrenzte Zustimmung erteilst (hier kann man wiederum auswählen),
  • unentschieden bist,
  • eine Organspende verbietest.

Obligatorische Stellungnahme

Bereits vor zwei Wochen hat das Folketing einstimmig einen Beschlussantrag angenommen, der es obligatorisch machen soll, dass man zur Frage der Organspende Stellung bezieht. Unter anderem, wenn man eine Krankenversicherungskarte, einen Pass oder einen Führerschein beantragt, soll man mit der Frage konfrontiert werden.

Der Konservative Sprecher, Per Larsen, ist warmer Befürworter dieses Vorschlags.

„Er wird eindeutig dazu führen, dass sich mehr Menschen als Organspender melden, und überhaupt, dass mehr Menschen Stellung beziehen“, so seine Einschätzung.  

Ethisches Dilemma

Er steht dem Bürgervorschlag eher skeptisch gegenüber. Die Befürchtung des Konservativen: Es könnten Menschen nicht zur Organspende Nein sagen, obwohl sie eigentlich dagegen sind.

Heunicke hat bereits für kommenden Dienstag zu ersten Beratungen zum Beschlussantrag über die obligatorische Stellungnahme eingeladen. Nun wird auch der Bürgervorschlag Teil der Beratungen.

„Zunächst war ich fast instinktiv gegen den Bürgervorschlag“, gestand der Radikale Sprecher Stinus Lindgreen. Das Recht auf Eigenbestimmung über den eigenen Körper sei ein sehr hohes Gut, das es zu schützen gelte. Dagegen stehe jedoch die Tatsache, dass viele Menschen zu der Frage nicht Stellung bezogen hätten, obwohl eine große Mehrheit bereit wäre, ihre Organe zur Verfügung zu stellen.

Neue Logik

„Mit dem Bürgervorschlag stellen wir die jetzige Regelung auf den Kopf. Derzeit muss man entscheiden, ob man spenden möchte, mit dem Vorschlag müsste man entscheiden, ob man es nicht möchte. Letzteres ist in höherem Maß in Übereinstimmung mit der Einstellung in der Bevölkerung“, meinte er.

Venstre-Sprecher Martin Geertsen ging ebenfalls auf die ethischen Dilemmas ein. Seine Fraktion sei nach intensiven Diskussionen in der Frage gespalten, daher sei es den Mitgliedern freigestellt worden, wie sie abstimmen möchten.

„Ich finde es schade, dass der Bericht des Ethischen Rates noch nicht vorliegt. Unsere Fraktion war bereit, in der kommenden Woche abzustimmen“, sagte er.

Vorschläge schließen sich nicht gegenseitig aus

Doch auch er erklärte sich damit zufrieden, dass nun der richtige Weg, um mehr Menschen zu einer Stellungnahme zu bewegen, gründlicher untersucht werde.

Mehrere Sprecher betonten, dass der Bürgervorschlag und der Beschluss zur obligatorischen Stellungnahme durchaus Hand in Hand gehen können.

„Ich bin für jedes Modell aufgeschlossen und möchte nichts ausschließen, solange es nur dazu führt, dass mehr Menschen zur Organspende Stellung beziehen“, sagte Gesundheitsminister Heunicke.

In Kürze wird er sich ein weiteres Mal mit Mads Sebbelov treffen.

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