Nicht schuldfähig

Erster Versuch, einen Bettler hinter Gitter zu bringen, kommt Dänemark teuer zu stehen

Erster Versuch, einen Bettler hinter Gitter zu bringen, kommt Dänemark teuer zu stehen

Erster Versuch, einen Bettler hinter Gitter zu bringen, kommt Dänemark teuer zu stehen

cvt/Ritzau
Kopenhagen
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Mit Pappbecher vor dem Supermarkt zu stehen kann in Dänemark jetzt langwierige Folgen haben. Foto: Takahiro Sakamoto/Unsplash

Kürzlich hat das dänische Folketing nach einer öffentlichen Debatte um mehrere Angehörige der Volksgruppe der Roma und deren Agieren beschlossen, Bettelei mit 14 Tagen Haft zu bestrafen. Bereits im ersten Fall, der jetzt vor Gericht gekommen ist, zeichnet sich ein langwieriger bürokratischer Akt ab.

Kürzlich hat das dänische Folketing nach einer öffentlichen Debatte um mehrere Angehörige der Volksgruppe der Roma und deren Agieren beschlossen, Bettelei mit 14 Tagen Haft zu bestrafen. Bereits im ersten Fall, der jetzt vor Gericht gekommen ist, zeichnet sich ein langwieriger bürokratischer Akt ab.

Dass ein Mann im Juni mit einem Pappbecher vor einem Supermarkt im Kopenhagener Vorort Bagsværd  stand, entwickelt sich jetzt zu einem juristischen Geduldsspiel. Der 49-jährige Schwede hätte der erste sein sollen, der die kürzlich verschärfte Gesetzgebung zu spüren bekommt.    

Mindestens 14 Tage Haft, so sollte das Urteil laut der von den Folketingspolitikern mehrheitlich beschlossenen Gesetzesänderung lauten. Doch das dänische Recht schützt einige Menschen vor Bestrafung – da helfen auch Verschärfungen nichts. In einem Gespräch, dass Mitarbeiter der Ausländerbehörde mit dem Mann mit dem Pappbecher geführt haben, stellte sich heraus, dass er möglicherweise gar nicht schuldfähig ist.

Schuldunfähige können nicht bestraft werden

Nur geistig gesunde Menschen können in Dänemark zu Strafen verurteilt werden. Wer nicht schuldfähig ist, wird nicht im juristischen Sinne bestraft, sondern er wird zum Beispiel eingewiesen. Für den Schweden bedeutet das, dass er jetzt genauer untersucht werden wird. Erst am 26. September soll der Prozess dann erneut aufgenommen werden.

Die Verteidigerin des Mannes hatte ihren Mandanten erst am Verhandlungstag zu Gesicht bekommen und hier auch das erste Gespräch mit ihm geführt. Nach einer Viertelstunde kam sie zu dem Schluss, dass weitere Informationen über den Angeklagten einzuholen seien – und dem schlossen sich Richterin und Staatsanwältin an.

Nicht ausgewiesen, weil er keine Unsicherheit verbreitete

Am 25. Juni ist der Mann in Untersuchungshaft gesteckt worden. Das Östliche Landgericht hob die Strafe vier Tage später auf. Sein Verhalten sei nicht „unsicherheitserregend“ gewesen, wie vom verschärften Ausländergesetz gefordert, so die Richter. Am 29. Juni wurde er freigelassen – und nicht ausgewiesen. Die Staatsanwaltschaft verzichtete anschließend auf die Forderung, den Schweden des Landes zu verweisen.

Die Gesetzesverschärfung ist nur bis zum Juli 2020 gültig. Eine Schätzung des Justizministeriums besagt, dass sie den Steuerzahler bis dahin jedes Jahr acht Millionen Kronen kosten wird. Bereits der erste Fall wird mit seinen hohen Bearbeitungs- und möglichen Folgekosten für die Behandlung des Mannes einen großen Teil dazu beitragen.

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