Kulturhauptstadt 2017

Aros steigt jetzt so richtig ins Kulturjahr ein

Aros steigt jetzt so richtig ins Kulturjahr ein

Aros steigt jetzt so richtig ins Kulturjahr ein

Timo Iwersen
Aarhus
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The Garden – The Past. Foto: Anders Sune Berg

Zwei der bedeutendsten Kulturinstitutionen steigen jetzt so richtig ins Kulturhauptstadtjahr 2017 ein. Das Kunstmuseum „Aros“ mit der Ausstellung „The Garden“ und das Freilichtmuseum „Den Gamle By“ mit seiner neuen, permanenten Ausstellung „Aarhus fortæller“ („Aarhus erzählt“).

Zwei der bedeutendsten Kulturinstitutionen steigen jetzt so richtig ins Kulturhauptstadtjahr 2017 ein. Das Kunstmuseum „Aros“ mit der Ausstellung „The Garden“ und das Freilichtmuseum „Den Gamle By“ mit seiner neuen, permanenten Ausstellung „Aarhus fortæller“ („Aarhus erzählt“).

Aarhus erzählt über sich selbst

„Den Gamle By“ ist zwar ein Freilichtmuseum, die neue Großausstellung „Aarhus fortæller“ („Aarhus erzählt“) liegt aus Platzgründen aber unter der Erde. Mit einem Fahrstuhl geht’s hinab und unten angekommen steht man gleich mitten im ersten der fünf Hauptteile der Ausstellung. Mit der Stadtgründung um 800 und der Wikingerzeit geht es los, es folgt der Abschnitt 1100-1550 („Stadt der Bischöfe“), u. a. mit der Errichtung des Doms von Aarhus, von 1550 bis 1850 geht es um Kaufleute, Pest und Kriege, danach geht es mit dem Zeitalter der Industrialisierung bis zum Ende des 2. Weltkrieges weiter und das Ganze endet mit dem Aarhus der Gegenwart.

Die Stärke von „Den Gamle By“ ist schon seit jeher die authentische Vermittlung von Geschichte. Und auch „Aarhus fortæller“ überzeugt durch eine sehr sympathische Authentizität. Hier ist alles passend zum Thema eingerichtet. Man steht „wirklich“ in einer Wikingerstadt, in einer Kirche, auf Pflastersteinen im Aarhus des 17. Jahrhunderts, in einer Fabrikhalle mit einer echten Dampflokomotive aus dem Jahr 1920 und so weiter.

Die Geschichte(n) des jeweiligen Zeitabschnitts werden auf verschiedene Weisen durch Personen aus der Zeit vermittelt. Daher auch der Name der Ausstellung. Geräusche, Videos, jede Menge Gegenstände, Bilder, Häuserfassaden, Infotafeln, interaktive Bildschirme und vieles mehr werden ansprechend und interessant präsentiert. So entsteht eine sehr lebendige und unterhaltsame Ausstellung, bei der man auch sehr viel über Aarhus lernt. „Aarhus fortæller“ ist eine Ausstellung, die ich sowohl Aarhus-Kennern als auch Besuchern, die zum ersten Mal in der Stadt sind, wärmstens empfehlen kann.

The Garden: The Past

Seit dem 8. April ist im Kunstmuseum „Aros“ die Kunstausstellung „The Garden – End of Times, Beginning of Times“ zu sehen, die größte Kunstausstellung aller Zeiten in Dänemark. Die Ausstellung hat drei Teile: Der erste Teil der Ausstellung („The Past“) findet im Kunstmuseum statt, der zweite Teil („The Present“) im Stadtbild von Aarhus und der dritte Teil („The Future“) an der Küste südlich von Aarhus. Kunst bleibt hier also nicht auf klassische Weise im Museum, sondern läuft sozusagen aus dem Museum in die Stadt hinaus und weiter an den Strand.

„The Garden: The Past“ ist ein wahres Gipfeltreffen großer Kunstwerke und bedeutender Künstler. Im Mittelpunkt der gesamten Ausstellung steht das Verhältnis von Mensch, Kunst und Natur – von barocken Gärten und Gemälden bis zur Gegenwartskunst. Die Entwicklung dieses Verhältnisses wird u. a. durch Werke von Malern wie Nicolas Poussin, Caspar David Friedrich, Edvard Munch, Paul Gauguin, Paul Klee, Emil Nolde und René Magritte veranschaulicht. Als Triennale (findet somit alle drei Jahre wieder statt) ist diese Ausstellung ein Ereignis, das über das Kulturhauptstadtjahr hinausreicht.

“The Garden: The Past” läuft noch bis zum 10. September, der zweite und dritte Teil der Triennale finden vom 3. Juni bis 30. Juli statt.

Oscarreife Ausstellung

Einen weiteren Hochkaräter gab es vom 10. März bis 15. April zu sehen: Julian Rosefeldts Filminstallation „Manifesto“ aus dem Jahr 2015. Sympathisch: Die Ausstellung fand in einem alten, niedergelegten Industriegebäude am Hafen von Aarhus statt. „'O' Space“ nennt sich dieser neuer, eigens für Aarhus-2017 eröffnete Ausstellungsraum.

„Manifesto“, das ist ein vierminütiger Prolog sowie 12 Kurzfilme (jeweils zehneinhalb Minuten) auf 13 Großbildschirmen in einem Raum. Die australische Schauspielerin Cate Blanchett schlüpft dabei in die 12 verschiedene Hauptrollen der Filme, die jeweils Manifeste verschiedener Kunstrichtungen präsentieren – von Dada über Futurismus, Konzeptkunst und Pop Art bis zu Expressionismus, Surrealismus und dem dänischen „Dogma 95“ (Lars von Trier/Thomas Vinterberg).

Die verschiedenen Rollen, beispielsweise ein Obdachloser, eine Frau, die eine Grabesrede hält, eine Mutter beim Tischgebet in einer konservativen, amerikanischen Familie oder eine Lehrerin, tragen dabei die Texte der Manifeste als ihre eigenen gesprochenen Texte vor. So ist das Tischgebet der Mutter ein Manifest der Pop Art, die Grabesrede ein dadaistisches Manifest und die Lehrerin weist ihre Schüler ganz dogmatisch in die Regeln von „Dogma 95“ ein.

Julian Rosefeldt ist es dabei gelungen, 12 Filme zu schaffen, die an sich schon faszinierend anzuschauen sind, gleichzeitig aber auch auf eine wirkungsvolle Weise kunsttheoretische Ideen vermitteln. Rosefeldt spielt dabei mit den Inhalten der Manifeste über die Rolle der Kunst, konterkariert sie, gibt ihnen neue Perspektiven, lässt aber auch die einzelnen eigenständigen Filme zu einer Einheit wachsen und schafft so eine eindrucksvolle Kulisse. Und Cate Blanchett überzeugt in allen 12 Filmen in den sehr unterschiedlichen Rollen mit wahren Meisterleistungen. Wenn es für Videoinstallationen einen Oscar gäbe, hätten Julian Rosefeldt einen für die Filme und Cate Blanchett einen für ihre schauspielerischen Leistungen verdient.

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