Faustschlag während der Fahrt

Überfall auf umsichtigen Kopenhagener Busfahrer ging um die Welt

Überfall auf umsichtigen Kopenhagener Busfahrer ging um die Welt

Überfall auf umsichtigen Kopenhagener Busfahrer ging um die Welt

Kopenhagen
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Busfahrer John Nasir Khan nach dem Überfall. Foto: Fagbladet 3F

Nach einem Überfall halb bewusstlos und mit bluttriefender, gebrochener Nase dachte Busfahrer John Nasir Khan nur an eines: Den Bus zu stoppen und die Fahrgäste in Sicherheit zu wissen. Fahrgäste eilten dem Mann zur Hilfe.

Der 54-jährige Busfahrer John Nasir Khan gehört zu den Internet-Berühmtheiten der Woche. Am Sonntagmorgen hatte ein wütender Fahrgast auf der Route zum Kopenhagener Flughafen Kastrup ihm vor den Augen von rund 15 Touristen die Nase gebrochen.

Unter den Urlaubern befand sich auch der kanadische Journalist André Picard von der Zeitung The Globe and Mail, der den Vorfall über Twitter beschrieb. Zunächst hatte er geschrieben, dass auf den Busfahrer eingestochen worden sei, was er später jedoch revidierte.

Zum Gewerkschaftsblatt Fagbladet 3F sagte der Busfahrer selbst später, dass am Hauptbahnhof ein junger, muskulöser Mann eingestiegen sei. Der Mann habe Englisch gesprochen und gerufen, dass er alle töten wolle, weil seine Heimat überfallen worden sei. Die Passagiere seien verängstigt und still gewesen, erinnert sich Khan. Im Rückspiegel habe er dann die Lage beobachtet und übers Mikrofon durchgesagt: „Mein Freund, sitz bitte still, oder ich muss die Polizei rufen.“

Dann sei der Mann während langsamer Fahrt auf ihn zugekommen, habe ihn beschimpft und mit der Faust ins Gesicht geschlagen. „Ich war zehn Sekunden lang ganz weg, während das Blut mir aus der Nase spritzte. Auf dem Hemd, auf dem Lenkrad, überall war Blut“, so Khan zu Fagbladet 3F.

Instinktiv habe er daran gedacht, dass er den Bus anhalten müsse – und sei in halb bewusstlosem Zustand auf die Bremse getreten und habe die Handbremse gezogen. „Die Sicherheit der Passagiere ist meine alleinige Verantwortung und das war das Erste, an das ich dachte. Das ist bei mir ganz tief drin nach vielen Jahren als Busfahrer“, so Khadir, der seit sechs Jahren in Dänemark Busfahrer ist und zuvor zwölf Jahre als Busfahrer in Bangladesch tätig war.

 

Busfahrer John Nasir Khan nach dem Überfall. Foto: Fagbladet 3F

Fahrgäste kümmerten sich um den Busfahrer

Der Angreifer habe sich in der Zwischenzeit einigermaßen beruhigt und habe über das viele Blut verstört gewirkt, so Khan, der die Bustüren geschlossen ließ, damit der Mann nicht verschwinden konnte. Bevor die Beamten eintrafen, stieg laut Khan ein Taxifahrer zu, der gemerkt hatte, dass etwas nicht stimmte. Laut Picard ein Mann, der früher Polizist in Syrien war, und den Angreifer überwältigte. Anschließend alarmierte ihm zufolge ein weiterer Mitfahrer die Polizei.

Auch eine Ärztin, die gerade joggen war, stieg laut Khan zu und kümmerte sich um den Busfahrer. Laut Picard hatten zwei Krankenschwestern auf dem Heimweg, die beide Hijabs trugen, den Busfahrer da bereits erstversorgt. Dann, so der Journalist, habe Khan die inzwischen eingetroffenen Polizisten darum gebeten, dass der Angreifer Hilfe bekommt, da er offensichtlich „mental krank“ sei.

Journalist tief bewegt von der Menschlichkeit der Kopenhagener

„Die meisten Menschen sind gute Menschen“, schreibt Picard anschließend für The Globe and Mail, „wir erkennen das zu selten an“. Und weiter schreibt er, offensichtlich tief bewegt von dem Vorfall: „Es sind nicht die Neuankommenden, die wir fürchten müssen, sondern die Annahmen, die wir über sie machen. Es sind nicht ihre Werte, über die wir uns sorgen sollten, sondern, wie wir daran scheitern, ihr Potenzial wertzuschätzen.“

Und der Journalist fügt hinzu, dass er gezögert habe, die Geschichte zu veröffentlichen, um nicht das Vorurteil zu bedienen, dass geistig Erkrankte immer auch potenzielle Gewalttäter seien. Im Gegenteil, sagt er, sie seien viel häufiger Opfer von Gewalt als Täter. Und er wolle die Immigration nicht romantisieren – aber an den „Reichtum der Vielfalt“ erinnern, die uns umgibt. In diesen Zeiten der harten Rhetorik sei es gut zu sehen, dass „die Menschlichkeit gesund und munter ist, manchmal an den überraschendsten Orten, wie dem Linienbus“.

John Nasir Khan sagte unterdessen Fagbladet 3F, dass er keine Angst davor habe, sich nach der Genesung wieder hinters Lenkrad zu setzen. „Ich bin von meiner Firma supergut behandelt worden und habe mich selbst dazu entschieden, am Montag wieder zu fahren, nachdem ich es diese Woche zu Hause ruhig angehen lasse. Ich bin einfach nur froh, dass er kein Messer oder eine Pistole hatte und dass ich den Bus anhalten konnte, sodass den Fahrgästen nichts passierte“, erzählt er. Leid tue es ihm nur für die Fahrgäste, die verspätet zum Flughafen kamen.

Bei dem Festgenommenen handelt es sich um einen 38-jährigen Mann, der nach der Vernehmung wieder freigelassen wurde. Laut Polizei war er in Begleitung eines anderen Mannes unterwegs.

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