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Mehr Menschen sind 2022 aus der Kirche ausgetreten

Mehr Menschen sind 2022 aus der Kirche ausgetreten

Mehr Menschen sind 2022 aus der Kirche ausgetreten

Ritzau/nb
Kopenhagen
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Der Kirche haben 2022 mehr Menschen den Rücken gekehrt als im Jahr zuvor (Archivfoto). Foto: Henning Bagger/Ritzau Scanpix

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Mehrere Jahre lang ist die Zahl der Kirchenaustritte zurückgegangen. Im vergangenen Jahr haben nun wieder mehr Menschen die Kirche verlassen.

12.751 Personen haben sich 2022 an ihre Kirchengemeinde gewendet, um aus der Kirche (folkekirken) auszutreten. Das ist eine Steigerung um 42 Prozent im Vergleich zu 2021, als es 8.961 Menschen waren, wie aktuelle Zahlen der dänischen Statistikbehörde zeigen.

Vergleichsweise wenige Austritte in den Vorjahren

Die Zahl der Kirchenaustritte war 2021 die niedrigste in den vergangenen 15 Jahren, was vor allem auf den Einfluss der Corona-Krise zurückgeführt wird, die viele Menschen dazu veranlasste, im unmittelbaren Umfeld Gemeinschaften aufzusuchen.

Der Umstand, dass sich im vergangenen Jahr wieder mehr Menschen von der Kirche abgewandt haben, muss auch vor dem Hintergrund gesehen werden, dass es in den Jahren zuvor vergleichsweise wenige Austritte gegeben hat. So war die Zahl der Austritte seit 2017 rückläufig. Diese Entwicklung zeigt jetzt wieder in die entgegengesetzte Richtung.

Wir befinden uns in einer wirtschaftlichen Krise mit hoher Inflation, bei der die finanzielle Entwicklung einen extra Anstoß liefert, sich aus der Kirche abzumelden.

Peter Birch, Bischof, Kirchengemeinde Helsingør

Und auch die Zahl der Austritte im Jahr 2022 ist weit entfernt von den zahlreichen Austritten im Jahr 2016, als sich fast 25.000 Menschen dazu entschlossen hatten, die Kirche zu verlassen.

Zwei Jahre später waren es hingegen nur noch knapp 10.000 Menschen, die der Kirche den Rücken kehrten.

Noch 72 Prozent sind Mitglied der Kirche

Im Durchschnitt sind die Personen, die 2022 aus der Kirche ausgetreten sind, 39 Jahre alt. Zudem gibt es einen deutlichen Anstieg der Austritte unter den 17- und 18-Jährigen.

Bischof Peter Birch aus der Kirchengemeinde Helsingør überrascht diese Entwicklung jedoch nicht.

„Es ist immer besorgniserregend, wenn Menschen die Kirche verlassen. Aber wir befinden uns in einer wirtschaftlichen Krise mit hoher Inflation, bei der die finanzielle Entwicklung einen extra Anstoß liefert, sich aus der Kirche abzumelden“, sagt er.

Zwar ist Peter Birch optimistisch, aber er hebt auch hervor, dass weiterhin dafür gearbeitet werden müsse, um die Mitglieder in der Kirche zu halten. „Wir müssen weiterhin die Bedeutung der Kirche auch jungen Erwachsenen gegenüber kommunizieren“, so der Bischof.

Insgesamt sind 72 Prozent der Bevölkerung Mitglied in der Kirche. Im vergangenen Jahr waren es 73 Prozent.

Bessere Integration notwendig

Im Verhältnis zu 1986, dem Jahr, in dem die Erhebung über die Zahl der Kirchenaustritte begann, entspricht dies einem Rückgang um 16 Prozent, so die dänische Statistikbehörde.

„Allerdings spiegelt der Prozentsatz wider, dass sich die Zusammensetzung der Bevölkerung ändert, zudem gibt es unter anderem aus der Ukraine mehr Zuwanderung. Auch das hat Einfluss darauf, wie viel Prozent der Menschen noch Mitglied sind. Deshalb müssen wir uns als Kirche anstrengen, Zugezogene besser einzubeziehen. Hier überzeugt mich der gegenwärtige Einsatz nicht“, sagt Peter Birch.

Wir müssen weiterhin die Bedeutung der Kirche auch jungen Erwachsenen gegenüber kommunizieren.

Peter Birch, Bischof, Kirchengemeinde Helsingør

Schaut man nur auf die Zahl der gebürtigen Däninnen und Dänen, sind 84 Prozent Mitglied in der Kirche. Dies ist im Vergleich zu Dänemarks Nachbarländern ein hoher Wert.

Austritt oftmals wohlüberlegt

Nach Ansicht des Lektors Peter Birkelund Andersen vom Institut für interdisziplinäre Studien an der Universität Kopenhagen zeugen die Kirchenaustritte im vergangenen Jahr von einer stabilen Situation.

„Die Steigerung, die man sieht, basiert auf einer Stabilisierung nach den coronabedingten Schließungen, als noch unklar war, was die Einschränkungen des öffentlichen Lebens bedeuten würden“, sagt er.

Gleichzeitig unterstreicht er, dass ein Austritt oftmals wohlüberlegt ist und in vielen Fällen dann getroffen wird, wenn ein bestimmtes Ereignis die bereits angestaute Unzufriedenheit zum Überlaufen bringt.

„Schaut man sich die Ereignisse des vergangenen Jahres an, dann stellt man fest, dass es eine Debatte darüber gab, inwieweit Priesterinnen bei ihrer Anstellung schlechter gestellt sein dürfen. Die Diskussion wurde in zahlreichen Medien geführt, sodass sie von vielen bemerkt wurde. Vielleicht hat das bei einigen dazu geführt zu sagen, jetzt reicht es. Ich melde mich ab“, sagt Peter Birkelund.

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