Kriminalität

Archivdiebstahl: Umfang weiter ungeklärt

Archivdiebstahl: Umfang weiter ungeklärt

Archivdiebstahl: Umfang weiter ungeklärt

Jon Thulstrup
Jon Thulstrup
Kopenhagen
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Das Reichsarchiv in Kopenhagen Foto: Rigsarkivet

Wer hat was und zu welchem Zeitpunkt gewusst? Der frühere Leiter des Reichsarchivs hat die Öffentlichkeit bezüglich des Archivdiebstahls falsch informiert. Wie viele Dokumente gestohlen wurden, steht bislang nicht fest.

„Bei unseren Stichproben, die wir durchgeführt haben, waren keine Archivalien gestohlen worden. Deshalb sind wir durchaus beruhigt.“ 2014 waren das die Worte des damaligen Leiters des Reichsarchivs, Asbjørn Hellum, zu der Tatsache, dass mehrere Nazi-Dokumente aus der Sammlung der staatlichen Institution gestohlen worden waren.

Die Wahrheit ist aber, dass er damals schon wusste, dass weitaus mehr Archivalien als die, die man bei den beiden Tätern gefunden hatte, gestohlen wurden. Das hatte man schon Ende 2013, als die gestohlenen Dokumente in ihre Boxen zurückgelegt wurden, bemerkt, berichtet die Wochenzeitung „Weekendavisen“.

Nun hat die neue Archivchefin, Anne-Sofie Jensen, vor Kurzem in einer Stellungnahme an das Kulturministerium eingeräumt, dass die Aussage ihres Vorgängers „nicht der Wahrheit entspricht“. Man habe zu dem Zeitpunkt gewusst, dass mehr Dokumente fehlen. „Das Reichsarchiv bedauert, dass die Aussage vom Februar 2014 falsch war. Zudem wird bedauert, dass diese daraufhin nicht öffentlich berichtigt wurde“, heißt es laut „Weekendavisen“ in dem Bericht an das Ministerium.

Landesverräter

Gestohlen wurden insbesondere Dokumente bezüglich dänischer Staatsbürger im deutschen Kriegsdienst – auch Landesverräter genannt. Zwei Personen wurden zu Haftstrafen von rund zwei Jahren verurteilt. Ihnen wurde laut Staatsanwaltschaft vorgeworfen, „in einem Zeitraum von 2009 bis 2012 nicht weniger als 1.045 Archivalien unersetzbaren Kulturerbes“ gestohlen zu haben.

Laut Henrik Skov Kristensen, Leiter des Museums Frøslevlejren in Fröslee, wird es schwer werden, nachzuweisen, wie viele Dokumente mit Sicherheit gestohlen wurden.  „Das wird ungemein schwer. Ich habe es selbst auch erlebt, dass Archivalien in verschiedenen Fällen benutzt und im Nachhinein nicht in ihre ursprünglichen Archivmappen zurückgelegt wurden. Deshalb gilt nicht gleich ein Dokument als gestohlen, nur weil es nicht in seinem Ordner liegt“, so Kristensen gegenüber dem „Nordschleswiger“.

Ein Diebstahl wie dieser sorgt ihm zufolge nicht für einen guten Ruf des Archivs. „Der Diebstahl ist bedauerlich. Es hat auf jeden Fall das Archiv geschädigt“, so Kristensen. Er unterstreicht jedoch, dass an der Sicherheit vieles verbessert wurde. „Das hat sich verändert. Nun sind keine Taschen im Lesesaal, erlaubt und die Archivalien werden nach Abgabe überprüft“, erklärt er.

Die gestohlenen Archivalien erzielen ihm zufolge einen hohen Wert unter Sammlern auf dem Schwarzmarkt. Deshalb denkt er nicht, dass die Täter mit dem Diebstahl beauftragt wurden, um Sachen zu vertuschen. „Ich glaube, dass die Archivalien mit dem Ziel eines Weiterverkaufs gestohlen wurden“, so der Historiker. Zur Frage, ob auch Dokumente über Mitglieder der deutschen Minderheit gestohlen wurden, antwortet er: „Das ist nicht auszuschließen.“

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