FEUERQUALLEN UND OHRENQUALLEN

Taucher meldet Quallen-Flut in Nord- und Ostsee

Taucher meldet Quallen-Flut in Nord- und Ostsee

Taucher meldet Quallen-Flut in Nord- und Ostsee

Götz Bonsen
Flensburg/Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Urlauber werden diesen Sommer wohl häufiger als sonst auf Feuer- und Ohrenquallen treffen. Foto: Karin Riggelsen

Für Badegäste könnte es ungemütlich werden. Die Invasion könnte mit dem vergangenen Winter zusammenhängen.

Unter Seglern und Tauchern sind Ohren- und Feuerquallen schon seit Wochen ein Gesprächsthema: Denn es wimmelt von ihnen in den küstennahen Gewässern. Mitte Juni wurden auch die Strandspaziergänger in der Eckernförder Bucht auf die Situation im Wasser aufmerksam. Starker Ostwind hatte die aufgespülten Medusen in Vielzahl an den Strand gedrückt.

Was die Wassersportler verblüfft, ist derzeit nicht nur die schiere Anzahl der Quallen zu der frühen Jahreszeit, sondern auch die Größe, die die Feuerquallen bereits angenommen haben. „Sie sind ziemlich früh größer gewesen“, bestätigt der Flensburger Taucher Stephan Thomsen, der auf Youtube seine Videos aus der regionalen Unterwasserwelt zeigt.

Er beobachtet die Situation in Nord- und Ostsee seit vielen Jahren und vermeldet aktuell auch von der Westküste: „So viele habe ich selten gesehen“. Schon in März und April, wenn die Medusen sich eigentlich noch im Entwicklungsstadium befinden, seien sie in diesem Jahr zu sehen gewesen.

Hitze oder Wind?

Normalerweise verderben die feurigen Meeresbewohner den Badegästen nämlich nur ein Jahr lang den Badespaß, dann beendet der Winter ihr Leben in der Ostsee. Doch da die kalte Jahreszeit 2019 ausblieb, konnte das Meer sich nicht im gewohnten Maße abkühlen. Feuerquellen hatten somit die Chance, den Winter zu überleben.

Ende Juni liegt die Wassertemperatur an den Küsten in diesem Jahr schon bei über 20 Grad – Werte die häufig im Laufe eines ganzen Hochsommers nicht erreicht werden. Aber milde Temperaturen und hohe Nährstoffeinträge sind nur eine mögliche Erklärung für die empfundene Quallen-Plage.

Thomsen vermutet in erster Linie, dass der stete Westwind des vergangenen Winters für die Invasion der Quallen gesorgt hat. Das Ventil zwischen Nord- und Ostsee sorgt bei solchen Wetterlagen durch Strömungen für mehr Salzwasseraustausch und mehr Dorsche, aber möglicherweise auch dafür, dass Ohrenquallen und die gelbe Nesselqualle (Feuerqualle) in großer Zahl ins Kattegat gedrückt wurden.

LLUR hat andere Erklärung

Beide Überlegungen – Temperatur und Wind – seien plausibel, sagt Martin Schmidt vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR). Der Sprecher des LLUR hat aber noch eine andere Erklärung, die ebenfalls mit Strömungen und Windrichtungen zu tun hat.

Demnach wird die die Vielzahl der Quallen nur deshalb evident, weil das Oberflächenwasser durch ablandige Winde verdrängt und die Tiefenwasser mitsamt Quallen an die Oberfläche gedrückt wird. Bei einsetzendem auflandigem Wind kommen sie dann – wie sich zuletzt in Eckernförde eindrucksvoll zeigte – vor allem an den Stränden zu Tage. Die Quallen-Plage, so Schmidt, habe in dieser Hinsicht also „wenig mit Vermehrung zu tun“.

Dass besonders warme Jahre für Feuerquallen-Alarm sorgen können, hat man vor allem 2018 in der Lübecker Bucht gesehen: An den Stränden zwischen Timmendorfer Strand und Haffkrug hatten Hunderte Badegäste über Beschwerden nach dem Kontakt mit Feuerquallen geklagt. Da warme Jahre auch der Reproduktion der Quallen zuträglich sind, könnte die jetzige Situation auch eine direkte Folge fruchtbarer Jahrgänge sein.

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