Ochseninsel

Folgt jetzt der Abriss?

Folgt jetzt der Abriss?

Folgt jetzt der Abriss?

shz.de/ Holger Ohlsen
Flensburg
Zuletzt aktualisiert um:
Foto: Thomas Raake/ shz.de

Dänemark will das Lieblingseiland der Flensburger anscheinend nicht wieder verpachten – Übernachten aus Sicherheitsgründen verboten.

Dänemark will das Lieblingseiland der Flensburger anscheinend nicht wieder verpachten – Übernachten aus Sicherheitsgründen verboten.

Für den Flensburger Fotografen Thomas Raake und seine Familie ist die große Ochseninsel über viele Jahre das Lieblingsziel maritimer Ausflüge gewesen. Doch die vertraute Zeit mit dem beliebten Insel-Krog, den Zeltlagern, mit der Werft und dem bunten Treiben auf den Booten scheint unwiderruflich in der Vergangenheit zu versinken. Die Ochseninsel wird wohl nie mehr so sein wie sie mal war, lässt die dänische Umweltbehörde durchblicken. Bei der Tourismusagentur Flensburger Förde und ihren dänischen Partnern wachsen die Sorgenfalten.

Die Bestandsaufnahme nach dem Auszug der deutschen Pächter letztes Jahr im September ist trostlos: Krog, Wohnhaus, Werfthalle, Bootsslip und Sanitäranlagen sind heruntergekommen, funktionsunfähig, vom Inventar ist nicht mehr viel übrig. Die Steganlagen sind morsch, an Land und auf dem Wasser haben die Aufräumarbeiten begonnen, während sich die Natur langsam aber sicher die Insel zurückholt. „Bis vor kurzem durfte man noch übernachten“, berichtet Raake, „aber das ist jetzt auch verboten. Die Naturbehörde erlaubt nur noch Tagesbesucher - wohl aus Sicherheitsgründen.“

Die Bauten auf dem kleinen Eiland sind schon länger abgängig, seit mindestens 2015, als die Pachtgemeinschaft vollends zerbrach, Fähre, Krog und Gästehaus den Betrieb einstellten und statt jährlich über 20 000 nur noch wenige Besucher kamen. Der letzte aus dieser Gemeinschaft, der Flensburger Rüdiger Fleck, verließ die Insel auf einem Hausboot mit Kurs Lübeck, seither überlegt die dänische Naturbehörde, was aus der Insel werden soll.

An Interessenten mangelt es beileibe nicht. Aufmerksamkeit hatten die Flensburger Ostsee-Schule und ihre dänische Partnerschule Nydam Skolen erregt, als sie sich mit einem spannenden Projekt für die Pacht bewarben: sie wollten die Insel zum Stützpunkt für die weltweit tätige Meeresschutzorganisation „Lighthouse Foundation“ ausbauen, die selbst Forschungsprojekte betreibt, vor allem aber junge Menschen für den Meeresschutz aktivieren möchte. Aber auch die hehren Ziele nützten nichts. „Wir haben letzten September eine kurze Mitteilung bekommen, dass Dänemark momentan an einer weiteren Verpachtung nicht interessiert ist“, so Ulli Dehn, Leiter der Ostseeschule. „Aber das trifft alle Mitbewerber genau wie uns. Wir warten jetzt erst einmal ab.“

In Dänemark will man sich nach den schlechten Erfahrungen nicht unter Druck setzen lassen. Gerüchte, wonach die Naturbehörde Nordschleswig bereits den Abriss der Trakte beschlossen hat, stimmen nicht, so Inge Gillesberg, Leiterin von „Naturstyrelsen Sønderjylland“, auf Anfrage. Was genau mit den Gebäuden passieren soll – Sanierung oder doch Abriss – sei immer noch offen. „Festgelegt ist, dass es keine Verpachtung auf der Grundlage der vorherigen Vereinbarung geben wird“, so Gillesberg. „Wir wollen nicht, dass jemand sich falsche Hoffnungen macht.“

Das gilt wohl auch für potente dänische private Investoren aus der Region, denen ein Kaufinteresse nachgesagt wird. „Das ist von hier aus nicht zu erkennen!“, sagt Flensburgs Chef-Touristiker Gorm Casper im Einklang mit seinen dänischen Kollegen. Sie hoffen, dass der Ball im Spiel bleibt. Denn Sønderhav ist auch aus einem anderem Grund ein Sorgenkind:Die Zukunft von Annie’s Kiosk ist ungeklärt. Die Kultstätte des dänischen Hotdogs ist nach dem plötzlichen Tod der Chefin in Gefahr. Über Jahrzehnte war der Parkplatz am Fjord-Weg Ziel überwiegend deutscher Motorradtouristen, die Dänemarks National-Fastfood mit Inselblick verzehrten. Die größte denkbare Verkehrsberuhigung wäre der Verzicht auf eine neuerliche Lizenzerteilung für den Kioskbetrieb mit dem idyllischen Blick auf die zwei Inseln. Aber daran mag in Flensburg gar niemand denken.

Mehr lesen