Recht & Justiz

Falscher Arzt in Flensburg zu Bewährungsstrafe verurteilt

Falscher Arzt in Flensburg zu Bewährungsstrafe verurteilt

Falscher Arzt in Flensburg zu Bewährungsstrafe verurteilt

Gero Trittmaack/shz.de
Flensburg
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Der Angeklagte wartet neben seinem Anwalt Tobias Krull auf den Prozessbeginn. Foto: dpa

Der heute 36-Jährige hat sich jahrelang als Arzt ausgegeben und war ehrenamtlich als solcher im Einsatz.

Die medizinische Karriere von Sebastian S. endete gestern vor Gericht. Der 36-Jährige aus dem Flensburger Umland wurde  zu einer Haftstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt, weil  er zwischen 2012 und Ende 2017  für den Arbeiter-Samariter-Bund Flensburg  ohne Qualifikation als Arzt gearbeitet hatte.

Nach einigen Vorstrafen wegen Betrugs, einer gut einjährigen Haftstrafe  und einem Bruch der Bewährungsauflagen hatte sich der Mann bei der Hilfsorganisation gemeldet, weil er noch  rund 300 Sozialstunden abzuleisten hatte.    Er erklärte dem Vorsitzende, dass er in Hannover als Rettungsassistent gearbeitet habe, inzwischen in Kiel Medizin studiere und wurde aufgenommen.

IQ von 148, Hauptschulabschluss und abgebrochene Lehre

Die Realität aber sah anders aus.  Der vermeintliche Student konnte als berufliche Qualifikation lediglich einen Hauptschulabschluss und eine abgebrochene Lehre vorweisen.

Dennoch macht er Karriere. Durch  viel Einsatz erwarb er sich  Vertrauen – und so schöpfte auch niemand Verdacht, als Sebastian S.  2012 verkündete, dass er sein Studium  abgeschlossen habe und nun Arzt sei.  Im Laufe der Jahre schob er noch den Facharzt für Chirurgie, den Doktortitel und eine Fortbildung als Notarzt nach. Die entsprechenden Ausweise, die ihn auch zum Kauf vor verschreibungspflichtigen Medikamenten in Apotheken, berechtigte, stellte der  Arbeiter-Samariter-Bund anstandslos aus. Der damalige Vorsitzende sagte als Zeuge aus, er habe wohl einmal ein Schriftstück gesehen, einen echten Beleg für das abgeschlossene Studium oder den Doktortitel habe er jedoch nicht verlangt. „Das ging alles auf Vertrauen“, erklärte er vor Gericht. 

Bei schweren Verletzungen zurückhaltend

Eingesetzt wurde der Angeklagte vornehmlich bei Veranstaltungen, vor allem bei Motorrad- und Kart-Veranstaltungen im dänischen Pattburg. Dafür kassierte er Tagespauschalen, die zuletzt rund 250 Euro betrugen. Dass er kein echter Arzt war, fiel bis zuletzt niemandem auf. Zeugen sagten aus, dass er sich  bei schweren Verletzungen zwar weitgehend zurückgehalten und die Arbeit den Rettungssanitätern überlassen habe, das aber sei bei Notärzten nicht ungewöhnlich.

Zudem hatte sich Sebastian S. privat weitergebildet, Bücher und Anleitungen für Notärzte gelesen.  „Und im Notfall war alles da, ich musste gar nicht darüber nachdenken“, sagte der falsche Arzt. Dabei mag ihm sein Intelligenzquotient geholfen haben. Wie die Richterin mitteilte, war bei der Durchsuchung seiner Wohnung ein Test gefunden worden, der einen IQ von  148 konstatierte.

Das allein reichte allerdings nicht aus, um das umfassende Lügenkonstrukt aufrecht zu erhalten. Als seine Ehe in die Brüche ging,  wandte sich die Frau des Angeklagten an die Polizei.  Auch sie hatte  er jahrelang belogen und ihr weisgemacht, er arbeite als Chirurg  am UKSH in Kiel.

Richterin rät, an der Persönlichkeit zu arbeiten

„Sie haben ein unglaubliches Glück gehabt, dass durch ihre  fehlenden Kenntnisse keine Menschen zu Schaden gekommen sind. Sonst würden wir hier über ganz  andere Vorwürfen verhandeln“, erklärte die Richterin. So erfolgte  die  Verurteilung nur  wegen des unbefugten Führens von akademischen Titeln und der Berufsbezeichnung Arzt.  Und das sei ihm zudem noch sehr leicht gemacht worden. Die Bewährung habe sie wegen der vorangegangenen Verurteilungen, der langen Phase der Täuschung und der wirtschaftlichen Vorteile, die er daraus gezogen habe, nur mit Bedenken ausgesprochen. Zusätzlich muss der verurteilte 1000 Euro an die echten „Ärzte ohne Grenzen“ zahlen.

Die Richterin riet dem falschen Arzt dringend, an seiner Persönlichkeit  zu arbeiten: „Ich sehe nämlich eine latente Gefahr, dass  sie leicht wieder in solch eine Lügengeschichte  geraten   könnten.

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