Leitartikel

„Spitze oder Spuk“

Spitze oder Spuk

Spitze oder Spuk

Nordschleswig
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Die Schleswigsche Partei hat einen guten Wahlkampf geführt, hat gute Spitzenteams, hat bessere Themen und ist besser organisiert als vor vier Jahren. Alles deutet auf eine gute Wahl hin – doch in der Politik ist alles möglich und nicht immer alles gerecht, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Das wird ein echter Krimi, wenn Dänemark am Dienstag und Mittwoch wieder wählen geht. Vor allem in Nordschleswig, wo die Schleswigsche Partei (SP) die deutsche Minderheit vertritt, ist die Spannung nicht zu überbieten: Gibt es 2021 zum ersten Mal seit 85 Jahren vielleicht wieder einen deutschen Bürgermeister im Landesteil?

Die Voraussetzung für eine gute Wahl für die Schleswigsche Partei ist da, zumal das Ergebnis 2017 zu wünschen übrig ließ. Nochmal kann die Partei der Minderheit nicht schlechter abschneiden, oder?

Während Stephan Kleinschmidt und Co. vor vier Jahren in Sonderburg wieder ein Rekordergebnis erzielten, musste die SP in Apenrade, Tondern und Hadersleben Federn lassen. Die Enttäuschung war groß, und die Ursachenforschung zeigte vor allem nach innen auf die SP selbst, die zum Teil schlecht organisiert war und der es auch an markanten politischen Zielen fehlte. Daran hat sich in der Zwischenzeit einiges geändert.

Es müsste also mehr drin sein für die Partei der deutschen Minderheit, die sich weiterhin als regionale Partei für alle vermarktet und seit Jahren auch auf dänische Stimmen zählt – und zählen muss.

Auch die Voraussetzung für einen Bürgermeister aus der deutschen Minderheit ist geschaffen, denn dazu gehört vor allem Ärger bei den großen Parteien. Daher sind die Chancen von Jørgen Popp Petersen in Tondern wesentlich größer als in Apenrade, Hadersleben oder gar Sonderburg. Zwar ist die Schleswigsche Partei nicht die einzige Partei, die sich die Rolle als lachenden Dritten wünscht, doch bei Popp kommt noch hinzu, dass er im Stadtrat sowohl menschlich als auch fachlich respektiert wird. Ein deutscher Bürgermeister in Tondern wäre aber dennoch eine faustdicke Überraschung – auch wenn sich die Zeiten in Nordschleswig geändert haben: Die Minderheit ist eben – die Minderheit.

Das Selbstvertrauen der deutschen Minderheit – und damit der Schleswigschen Partei – ist in den vergangenen vier Jahren um ein weiteres Stück gewachsen. Das hat man auch beim Auftritt der anderen SP-Kandidatinnen und -Kandidaten gesehen.

Es sind heute nicht nur Spitzenkandidaten, die sich profilieren, sondern wahrlich Spitzenteams, die sich in der kommunalen Debatte vielfältig einbringen – und das nicht nur bei Plenumsdiskussionen oder Wahlveranstaltungen, sondern auch in den dänischen Medien. Die Schleswigsche Partei kann sich wahrlich nicht über schlechte Presse beklagen – im Gegenteil: Ganzseitige Reportagen, Radio-Interviews zur besten Sendezeit und Fernsehauftritte zur Prime Time. Die SP hat einen guten Wahlkampf hingelegt. 

Also müsste am Wahltag diesmal mehr drin sein für die Schleswigsche Partei als vor vier Jahren. Doch die Unsicherheit ist groß – nicht nur bei der SP. Niemand traut sich wirklich, sichere Prognosen zu geben, denn es ist wie im Sport: Bis zum Schlusspfiff ist alles möglich – und danach beginnt in der Politik das eigentliche Spiel um die Macht. Spitze oder Spuk? Das wissen wir erst am Mittwoch.

 

 

 

 

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