Literatur

SS-Vergangenheit, russische Gefangenschaft und ein Mord

SS-Vergangenheit, russische Gefangenschaft und ein Mord

SS-Vergangenheit, russische Gefangenschaft und ein Mord

Krusau/Kruså
Zuletzt aktualisiert um:
Autor Calli Vollertsen hat mit „Russenknecht" seinen zweiten Kriminalroman herausgegeben. Foto: kjt

Diesen Artikel vorlesen lassen.

„Russenknecht“ heißt der zweite Kriminalroman des pensionierten Kripobeamten Calli Vollertsen aus Krusau. Grundlage des Buches bildet die Kriegs- und Nachkriegsgeschichte mit Bezug zum Grenzland.

Geschichtliches und vor allem die nordschleswigsche Geschichte mit den Schicksalen der dort lebenden Menschen im Kielwasser der Weltkriege hat Calli Vollertsen aus Krusau immer schon interessiert.

„Ich habe schon als Kind gern zugehört“, erzählt der 75-Jährige, der bei den Großeltern in Apenrade (Aabenraa) aufgewachsen ist.

Calli Vollertsen hat als Ruheständler das Schreiben für sich entdeckt und mit „Russenknecht“ (Russerdreng) seinen zweiten Kriminalroman herausgegeben. Es ist ein Folgewerk zum 2020 erschienenen Buch „Grüße von Bubschen“.

Calli Vollertsen aus Krusau ist als Ruheständler zum Autor geworden. Foto: kjt

Beide Romane „spielen“ in den 50er Jahren, und beide verbinden SS-Vergangenheit, Kriegsgeschehnisse in Russland und russische Gefangenschaft.

In „Russenknecht“ rückt vor allem auch Minderheitengeschichte in den Vordergrund.

Freiwillig zur Wehrmacht

Vier Männer aus Nordschleswig melden sich im Zweiten Weltkrieg freiwillig zum deutschen Wehrdienst und geraten als Mitglieder einer SS-Division in russische Gefangenschaft.

Sie kehren in den 50er Jahren zurück, nachdem der damalige deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer mit der Sowjetführung entsprechende Vereinbarungen treffen konnte. Das wird im Roman in einem Brief erwähnt.

Einer der Rückkehrer wird, von einem SS-Dolch durchbohrt, in Kopenhagen tot aufgefunden. Die Spur führt nach Nordschleswig und zu ehemaligen Mithäftlingen in russischer Gefangenschaft.

Der Roman „Russenknecht" von Autor Calli Vollertsen Foto: kjt

Bei den Ermittlungen der Polizei taucht der Begriff „Russenknecht“ auf. So wurden Gefangene in russischer Gefangenschaft genannt, die mit der Siegermacht kooperierten und Mithäftlinge denunzierten, um sich so Vorteile zu verschaffen und vor allem eine frühere Entlassung zu erreichen.

Könnte solch ein Verrat mit dem Mord zusammenhängen? Die Polizisten in Kopenhagen, darunter ein Beamter mit Wurzeln in Nordschleswig, gehen der Sache nach.

Verbindung zu Nordschleswig

Der Mord in „Russenknecht“ passiert in Kopenhagen, es gibt aber Rahmenhandlungen und Ortsnennungen aus dem südlichen Landesteil. Der Krimi hat daher vor allem für Nordschleswiger und Volksgruppenangehörige einen Wiedererkennungswert.

Im Krimi von Vollertsen werden unter anderem die Rechtsverfolgung mit rückwirkender Kraft und die Inhaftierung deutschgesinnter Bürger im Faarhuslager erwähnt.

Vollertsen selbst bezeichnet sich nicht als Volksgruppenangehörigen, hat in seinem Leben aber viele Berührungspunkte mit der deutschen Sprache, Kultur und Geschichte gehabt, wie er sagt.

Calli Vollertsen in seinem neuen Element als Autor Foto: kjt

Eine historische Vollständigkeit habe er beim Schreiben nicht verfolgt. „Es ist letztendlich reine Fantasie mit etwas geschichtlichem Hintergrund“, so Calli Vollertsen.

„So weit die Füße tragen" als Inspiration

Er verschweigt dabei nicht, wie russische Gefangenschaft und Nachkriegszeit zum roten Faden in seinen beiden Krimis wurden.

„Ich habe früher die Serie ‚So weit die Füße tragen’ gesehen und war davon fasziniert. Es hat mich bei meinem Schreiben inspiriert“, erzählt der Autoren-Spätstarter.

„So weit die Füße tragen“ ist ein deutscher Fernseh-Mehrteiler aus dem Jahr 1959, der auf dem gleichnamigen Roman von Josef Martin Bauer basiert.

Er handelt von einem deutschen Kriegsgefangenen, der 1949 aus einem sibirischen Gefangenenlager flieht und eine abenteuerliche Flucht nach Hause antritt.

Bei der Darstellung der Polizeiarbeit hat Vollertsen weniger Erfindungsreichtum an den Tag legen müssen, denn er war über 30 Jahre im Polizeidienst und bis zur Pensionierung Kripobeamter im Polizeikreis Gravenstein (Gråsten).

„Das macht es dann schon einfacher, die Arbeitsabläufe der Beamten in der Handlung zu schildern“, so Vollertsen.

Großer Tatendrang

Er arbeitet bereits an seinem dritten Buch. „Den der tager livet“ wird der Titel sein. 15 Kapitel sind bereits geschrieben. Es wird wieder ein Krimi, diesmal aber ohne direkten Bezug zum Krieg und zu russischer Gefangenschaft, verrät Calli Vollertsen.

Literatur lesen und selbst schreiben gehören zu den Leidenschaften von Calli Vollertsen. Foto: kjt

Mit dem Schreiben habe er vor einigen Jahren quasi auf blauen Dunst angefangen. „Andere verreisen gern oder kümmern sich um ihr Sommerhaus, ich schreibe gern“, sagt der Krusauer.

Er schickte Ideen und Entwürfe zu einem Verlag und stieß damit auf Zuspruch.  „Das spornt natürlich an“, so der 75-Jährige.

Reich werde er wohl nicht, bislang habe er gerade einmal 340 Kronen verdient. Aber das würde die Lust am Schreiben nicht schmälern, betont Vollertsen.

So sitzt er regelmäßig in seiner Küche am Skovvej in Krusau oder am Computer im ehemaligen Kinderzimmer und schreibt, „während im Radio ‚NDR1’ läuft“, erzählt Calli Vollersten mit einem Schmunzeln.

Er hat auch schon andere Ideen fürs Schreiben und liebäugelt damit, fernab des Krimigenres einfach mal Alltagserlebnisse aufzuschreiben und eventuell als Serie zu veröffentlichen.

Mal schauen, was da noch kommt.

Der 220-seitige Roman „Russenknecht“ ist beim Verlag Mellemgaard erschienen (ISBN-13 9788772377841) und kostet je nach Anbieter zwischen 149 und 219 Kronen (gedruckt oder elektronisch).

Mehr lesen